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Die Masken des Morpheus

Die Masken des Morpheus

Titel: Die Masken des Morpheus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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hasse dich.«
    Morpheus zuckte zusammen. »Wirklich? Ich dachte, zu solchen Gefühlen wärst du gar nicht fähig.«
    Arian kam Miras Warnung in den Sinn. Das Seelenecho von Turtleneck und Konsorten sei ein Teil von ihm geworden, hatte sie ihm in Paris gesagt. Es könne ihn irgendwann zerstören. Du musst wachsam bleiben! Er atmete tief durch und mäßigte seinen Ton. »Erspar mir deinen Spott. Wie hast du uns gefunden?« Hinter dem Rücken gab er ihr Zeichen, dass sie sich zurückziehen solle.
    »Meinen Spionen entgeht nichts.«
    »Paul Piscatorius meinst du. Hat er uns entdeckt?«
    Ein wissendes Lächeln umspielte den Mund des Metasomenfürsten. Seine dunklen Augen wandten sich dem Ballon zu, der schon fast heruntergebrannt war. »Die Schwarzen Wölfe haben mich gewarnt, als ihr ihnen drüben mit dieser fliegenden Missgeburt entkommen seid. Vögel sind eben doch schneller als die unbeholfenen Versuche der Menschen, es ihnen gleichzutun.«
    »Und nun? Willst du uns umbringen?«
    »So leid es mir tut …« Morpheus sprang unvermittelt mit erhobenem Schwert auf Arian zu.
    Der parierte den Hieb mit seinem Stockdegen. Sofort setzte der Fürst nach. Er war groß, stark und ein geübter Fechter. Arian dagegen hatte endlich wieder seinen eigenen Körper, in dem er flink und beweglich wie ein Wiesel war. Dennoch konnte er nicht verhindern, dass er den glühenden Überresten des Ballons gefährlich nahe kam.
    »Lauf!«, rief er Mira zu, die wie gebannt auf die beiden Kämpfer starrte. Sie reagierte nicht.
    Ein mörderischer Hieb zwang Arian dazu, sich unter der Klinge hinwegzurollen. Dabei fegte er mit dem hohlen Stockschaft in seiner Linken durch die Asche der Luftkugel und kam wieder auf die Beine.
    Um seinen Gegner von Mira abzulenken, wich er in Richtung Steilwand aus. Er versuchte, den Fürsten in Brand zu stecken – und versagte. Seine Geisteskräfte waren zu erschöpft. Ihm blieb nur seine artistische Beweglichkeit und das Seelenecho der Kämpfer, mit denen er die Körper getauscht hatte. Schon spürte er ihre dunklen Triebe erwachen.
    Der Schlagabtausch wurde immer verbissener. Morpheus wollte die Entscheidung erzwingen. Mit einer Stafette von Schwertstreichen drängte er seinen Urenkel gefährlich nahe an den Rand der Klippe heran. Arian verlor allmählich das Gefühl im Arm, weil seine leichtere Waffe die Wucht der Angriffe kaum abzuhalten vermochte. Im Innern focht er zugleich gegen die Seelenechos, die ihn mit ihrem tiefschwarzen Hass zu verzehren suchten.
    Mit einem Mal stand er am Abgrund. Als Seiltänzer schreckte ihn nicht die Höhe, sondern nur die Ausweglosigkeit.
    Der Fürst grinste diabolisch. »Wo bleibt dein Seelenfeuer? Willst du mich nicht abfackeln, so wie den Ballon?«
    »Mir wäre lieber, du kämst endlich zur Besinnung.«
    »Da kannst du lange warten. Sag deinem Schätzchen Lebewohl.« Er holte zum tödlichen Streich aus.
    »Nein!«, entfuhr es Arian. Das Rapier sauste auf ihn zu. Wütend schwang er den Stockschaft herum. Wie aus einem Blasrohr schoss die zuvor aufgenommene heiße Asche aus dem Hohlraum in Morpheus’ Augen. Der Metasomenfürst brüllte vor Schmerz. Arian bog sich über dem Abgrund wie ein Schilfhalm im Wind. Die Schwertspitze zischte um Haaresbreite an seinem Hals vorbei. Er vollzog eine schnelle Rechtsdrehung und ließ den Stockdegen los.
    Morpheus schrie. Ungläubig starrte er auf die Klinge, die in seinem Bauch steckte. Einen Moment wankte er. Dann aber mobilisierte er seine letzten Kräfte und holte zum finalen Streich aus. Sein Gesicht war eine teuflische Grimasse. »So sterben wir eben beide.«
    Arian griff zum Dolch. Eine reine Verzweiflungstat. Er stand breitbeinig da, den Abgrund wieder im Rücken. Mit dem Messer würde er den Todesstoß nicht mehr abwehren können.
    Plötzlich ertönte ein wütendes Knurren. Der Metasomenfürst wurde jäh nach vorne gestoßen. Arian hechtete zur Seite, um von ihm nicht mit in die Tiefe gerissen zu werden. Morpheus stolperte über den Rand der Klippe. Kurz sah Arian ihn noch fallen, dann verschlangen ihn die Schatten am Fuß des Kreidefelsens.
    Und Mira? Arian rollte sich auf den Rücken.
    Sie starrte auf die Stelle, wo der Fürst in den Abgrund gestürzt war. Selbst im Mondlicht war ihr Zorn unübersehbar. »Du Scheusal nimmst mir meinen Liebsten nicht weg«, zischte sie.

Wie Arian und Mira nach London zurückkehren,
mit der Vergangenheit aufräumen
und für die Zukunft planen.
      
      
      
    London, 26. Juli 1793
      
    Arian und

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