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Die Masken des Morpheus

Die Masken des Morpheus

Titel: Die Masken des Morpheus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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hatte. Dein Ziehvater gestand mir, du seist für ihn der Sohn gewesen, den er sich immer gewünscht habe. Weil seine Frau früh von ihm gegangen war, hätten sie nie eigene Kinder gehabt. Bald darauf starb er und ich nahm mich deiner an.« Philip fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. »Du musstest viel erdulden, Arian, da ich ein paar Mal ausgesprochen töricht gehandelt habe. Das Geld hatte mich geblendet. Es tut mir unendlich leid. Kannst du mir vergeben?«
    Arian und Mira sahen sich an. Sie nickte ermutigend. Er seufzte. »Wir machen alle Fehler, Sergeant Major. Ja, ich verzeihe dir.«
    Mira klatschte vergnügt in die Hände. »Und ich helfe euch bei der Wiedereröffnung eures Amphitheaters in Paris.«
    »Daran ist im Moment überhaupt nicht zu denken«, wandte Philip ein.
    »Überall sehnen sich die Menschen nach Frieden. Bald werden die Franzosen das Schreckgespenst der Terreur vertreiben und wieder unbeschwert lachen wollen. Dann lasse ich ein paar Beziehungen spielen.«
    Philip zwinkerte Arian zu. »Dein Schatz ist nicht nur hübsch, sondern auch klug. Eine bessere Schwiegertochter hättest du mir gar nicht bringen können.«

Samstagabend.
Mira ist in froher Stimmung.
Am nächsten Tag soll Hochzeit sein.
Da erscheint jemand, der ihr das Glück nicht gönnt.
      
      
      
    London, 16. August 1794
      
    »Wie gefalle ich Ihnen, Sir D’Arcy?«, fragte Mira. Sie drehte sich in ihrem Hochzeitskleid, ein Traum in eierschalenfarbener Seide. Die Schneiderin, die vor ihr auf dem Boden kniete, war einem Nervenzusammenbruch nahe, weil der Braut immer wieder eine »allerletzte Änderung« einfiel. Für die Anprobe hatte Mira das hellste Zimmer gewählt, den Grünen Salon von Hercules Hall . Das warme Abendlicht ließ ihre roten Locken wie magisch glühen.
    »Sollte der Bräutigam kalte Füße bekommen, werde ich Sie heiraten, Mademoiselle«, antwortete der Ire mit einem verschmitzten Lächeln. Er saß mit übergeschlagenen Beinen auf dem Canapé. Arian gab gerade seine Abschiedsvorstellung im Amphitheater. Philip und Francis »Turtleneck« Hubbard, der die beiden beschützte, waren ebenfalls dort.
    »Sie sind sehr charmant, Sir D’Arcy. Oder nur ein Schwerenöter?« Sie zog die Nase kraus und kicherte. »Sei’s drum, mein Liebster würde eher sterben, als mich im Stich zu lassen. Morgen wird Hochzeit gemacht.«
    »Erzählen Sie mir doch noch etwas mehr über den Feuerkristall, Mademoiselle Mira. Ich leite nämlich auf Brendan Castle einen Zirkel junger Geschichtenerzähler – die Phantanauten. Der rote Stein wird ihre Fantasie inspirieren.«
    »Gerne. Finden Sie nicht, Mrs Burch, dass der Saum sich ein wenig wellt?«
    Die Schneiderin verdrehte die Augen. »Der Saum ist makellos, Comtesse.«
    »Hätten wir nicht noch Zeit für eine letzte …?« Mira verstummte, weil es an der Tür geklopft hatte. »Ja bitte?«
    Ein dürres Dienstmädchen mit fleckiger Schürze trat ein und verbeugte sich linkisch. »Da is’ eene Dame aus Paris. Sie saacht, sie hat Nachricht vom Vater vom Bräutigam.«
    »Du meinst von Tobes?«
    Das Mädchen zuckte mit den Achseln.
    »Bitte sie herein, Meggy.« Die Magd machte einen Knicks und verschwand.
    Mira wandte sich der Frau am Boden zu. »Vielen Dank, Mrs Burch. Ich denke, wir lassen das Kleid, wie es ist.«
    Die Schneiderin erhob den Blick zum Himmel. »Danke, Allmächtiger, dass du mich erhört hast!«
    Diesmal war es Sir D’Arcy, der kicherte.
    Eine hochgewachsene, schlanke Frau in einem schlichten, dunkelblauen Baumwollkleid trat ein. Sie war ungefähr Mitte dreißig und hielt einen Sonnenschirm in der Hand. Zwar trug sie Handschuhe, aber auffälligerweise keinen Hut, was ihre großen, schwarzen Locken noch mehr betonte – sie flossen bis weit über die Schultern hinab. Ihre strahlend blauen Augen fixierten kurz Sir D’Arcy, wobei ein unwilliger Zug ihre rot geschminkten Lippen umspielte.
    Als sie sich Mira zuwandte, lächelte sie, lief auf sie zu und streckte zur Begrüßung den Arm aus. »Was für eine hübsche Braut Sie sind, Mademoiselle du Lys!«
    »Vielen Dank. Dürfte ich auch Ihren Namen erfahren, Madame …?«
    »Lysa Rimemort aus Lyon.«
    Die Hände der Frauen berührten sich nur einen Moment, zu flüchtig für ein höfliches Willkommen, doch lang genug, um die Körper zu tauschen.
    Mira starrte entsetzt auf ihre Rechte, die jetzt im Handschuh der angeblichen Lyonerin steckte. Am Handballen war ein Loch, ausreichend groß, um einen Swap herbeizuführen. Ehe sie die

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