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Die Masken des Morpheus

Die Masken des Morpheus

Titel: Die Masken des Morpheus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Ohrläppchen oder der Nase. Das war typisch für ihn. Nach jeder Eroberung benahm er sich wie ein Kind, das unablässig sein neuestes Spielzeug befingerte. Er hatte einen Hang zu extravaganten Körpern, deren er gleichwohl ebenso schnell überdrüssig wurde wie die Damen der feinen Gesellschaft ihrer Garderobe. Seit etwa tausend Jahren betrachtete M. den etwas kauzigen Swapper als seine rechte Hand. Von allen Menschen, denen er misstraute, stand Xix ihm noch am nächsten.
    Nachdem M. zum Ende gekommen war, zuckte der Dickwanst mit den Schultern. »Ich verstehe Euren Missmut nicht, Herr. Wir waren nie so gut aufgestellt wie heute. Tobes’ Anhängern ist der Fluchtweg nach England abgeschnitten. Wollen sie nicht untergehen, müssen sie sich mit Euch arrangieren. Dank der Revolution wächst Euer Einfluss tagtäglich. Je länger die Köpfe rollen, desto mehr wichtige Ämter können von unseren Leuten besetzt werden. Wie Ihr den Volksaufstand peu à peu in eine Schreckensherrschaft umdreht, ist geradezu göttlich.«
    »Mein Anteil daran ist gering«, sagte M. verdrießlich. »Macht korrumpiert. Und viel Macht korrumpiert viel. Selbst die idealistischsten Freiheitskämpfer sind dagegen nicht gefeit. Um die Revolution mache ich mir keine Sorgen.«
    »Worum dann? Doch nicht um Baladurs Tochter?«
    »Unterschätze sie nicht, Xix. Die Comtesse weiß wahrscheinlich mehr über die Tauscher als jeder andere Abtrünnige. Auch dich dürfte sie kennen. Ihr Vater war Tobes’ engster Freund.«
    »Ihr seid bis jetzt mit allen Rebellen fertig geworden, Herr. Nach siebzehn Jahren habt Ihr sogar den Einzigen beseitigt, der Eurem Aufstieg noch hätte gefährlich werden können …«
    »Eben nicht!«, brach es aus M. hervor. Die Taube flatterte erschrocken im Käfig.
    »Wie belieben?«
    »Arian Pratt hat sich nicht von mir vereinnahmen lassen. Das Blut seiner Mutter ist stark in ihm, viel stärker als befürchtet.«
    »Aber Ihr habt doch gesagt, er sei von dem Kirchturm gefallen, nachdem …«
    »Ich habe seine stoffliche Hülle sterben sehen. Vermutlich ist er zu einem Tauscher geworden. Ausgerechnet durch mich! Im Stall des Amphitheaters jedenfalls verlangte einer von Turtlenecks Gesellen von mir, dass ich ihm seinen Leib zurückgeben soll. Das kann nur Tobes’ Sohn gewesen sein.«
    »Hat sich der Mann als Arian zu erkennen gegeben?«
    »Nein. Und ich habe auch keinen anderen Metasomen gespürt.«
    »Dann ist ja alles bestens.«
    M. knallte die Faust auf den Tisch, dass der Vogelkäfig nur so hüpfte. »Nichts ist gut. Hast du mir nicht zugehört? Arian ist ein Ruhender, ein Blocker . Der Bastard könnte neben mir stehen und ich würde es vermutlich nicht merken.« Er zog die Augen zu Schlitzen zusammen und musterte seinen Gefolgsmann durchdringend.
    Xix reckte unbehaglich das Kinn. »Warum seht Ihr mich so an, Herr? Glaubt Ihr etwa, ich sei diese Ausgeburt?«
    »Möglich wär’s.«
    »Nein. Ist es nicht. Horcht in Euch hinein. Mich spürt Ihr doch, oder?«
    »Es reicht völlig, dich zu riechen«, schnarrte M. »Du hast das Prinzip von Wasser und Seife nie begriffen.«
    »Wollt Ihr, dass ich nach London fahre und Tobes’ Sohn für Euch suche?«, brachte Xix sich aus der Schusslinie.
    M. entspannte sich wieder und schüttelte den Kopf. »Diesmal nicht. An dem Jungen sind schon größere Kaliber als du gescheitert. Oder hast du vergessen, dass er einen so mächtigen Plagiator wie Zoltán besiegt hat? Ich bringe die Sache selbst zu Ende. Vorher muss ich nur in Paris noch ein paar dringende Angelegenheiten regeln. Die Eiferer der Revolution sind wie ein Haufen unartiger Kinder, die das ganze Haus verwüsten, wenn man sie nicht ab und zu zügelt.«
    »Dann auf in die Stadt der Guillotinen, Herr!«
    »Nein, Xix. Nachdem ich Arians Körper in Sicherheit gebracht habe, werde ich auf Vogelschwingen weiterreisen, um keine Zeit zu verlieren. Du bleibst vorerst hier, bis ich dir die Schwarzen Wölfe zur Verstärkung geschickt habe.« M. grinste. »Wir wollen doch nicht, dass uns jemand in den Rücken fällt.«

Arian soll sich entscheiden:
Entweder wird er zum Seelendieb
oder er stirbt.
      
      
      
    London, 8. Juni 1793
       
    Wo bin ich?, fragte Arian. Seine Stimme klang so seltsam. Eigentlich klang sie überhaupt nicht. Sie schien nur in seinem Kopf zu existieren. Um ihn herum war es stockfinster.
    Jedenfalls nicht im Himmel, das kann ich dir versichern , antwortete ebenso tonlos eine andere Gedankenstimme.
    Warum ist es so

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