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Die Masken des Morpheus

Die Masken des Morpheus

Titel: Die Masken des Morpheus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Verstand raubt und sie unwiderstehlich anlockt – die Leute nennen sie die schöne Lore Lay. Manch liebestoller Verehrer ist mit seinem Schiff an ihrem Felsen zerschellt und im Rhein ertrunken. Andere haben versucht die Klippe zu erklimmen und sind in den Tod gestürzt.«
    »Dann habe ich ja nichts zu befürchten«, sagte Mira.
    Arian und Tarin sahen sie überrascht an.
    Sie lächelte. »Ich gehöre – wie heißt es noch gleich? – dem schwachen Geschlecht an. Sobald wir in die Nähe dieses Felsens kommen, verbindet ihr zwei euch die Augen, und ich führe euch hinauf. So kann Ikela euch nicht den Kopf verdrehen.«
    »Was sagst du dazu?«, fragte Arian den neuen Gefährten.
    »Könnte klappen. Sie hat sich so lange gegen Männer durchsetzen müssen, dass sie Frauen nicht als Bedrohung ansieht.«
    »Du scheinst sie ja sehr gut zu kennen.«
    »Zerbrich dir lieber über die Schwarzen Wölfe den Kopf.«
    Warum weichst du mir aus, Tarin? »Denkst du, sie haben immer noch nicht genug?«
    »Auf meiner Reise von Paris hierher sind mir mehrere ihrer Rudel aufgefallen, jedes war ungefähr zwanzig Mann stark.«
    »Du meinst Trupps.«
    »Nenne es, wie du willst. Sie suchen nach jemandem, und ich fürchte, dieser Jemand bist du. Irgendwer hat ihnen wohl verraten, dass du auf dem Weg nach Frankreich bist.«
    »Das kann nur der Seelendieb gewesen sein, der mir den Körper gestohlen hat«, brummte Arian. Insgeheim fragte er sich, ob die Begegnung mit Tarin reiner Zufall war. »Wir müssen uns Morpheus’ Häscher vom Halse schaffen.«
    »Wir könnten die Wölfe auf eine falsche Fährte locken, indem du dir eine andere Hülle zulegst«, sagte Mira.
    »Damit der Unglückliche, der dann mit Turtlenecks hässlicher Visage gestraft ist, hinterrücks ermordet wird?« Arian verzog das Gesicht.
    Sie zuckte mit den Schultern. »Dann würden sie glauben, du seist tot, und wir hätten Ruhe.«
    »Du weißt, wie ich darüber denke.«
    »Sei nicht so zimperlich, Arian. Such dir einen verruchten Schurken aus, der es verdient hat. Die findest du in Calais in jeder Hafenspelunke.«
    Tarin wich unwillkürlich einen halben Schritt zurück.
    »Vergiss es«, sagte Arian und schüttelte unwillig den Kopf. »Ich werde mich nicht zum Richter über Leben und Tod aufschwingen. Nur Gott kann ins Herz der Menschen sehen. Ich dachte, mit dem Thema sind wir durch, Mira.« Er drehte sich um, damit sie seine Unsicherheit nicht bemerkte. Wie war es denn um sein Herz bestellt? Leistete es dem Bösen überhaupt noch Widerstand? »Hast du vielleicht einen Plan, wie wir den Wölfen aus dem Weg gehen können?« , fragte er Tarin.
    »Ja, hab ich. Es gibt eine Route zum Rhein, auf der sie uns kaum vermuten werden.«
    »Wieso das?«
    »Weil sie gefährlich ist.«
    »Etwa noch mörderischer als dieses schwarze Pack?«
    Tarin fegte mit der Stiefelsohle das Laub zur Seite, bis er ein Stück Waldboden freigelegt hatte. Er zückte seinen Dolch, ging in die Hocke und zeichnete grob die Umrisse Frankreichs in den Sand. Danach benutzte er die Waffe wie ein Feldherr seinen Zeigestock bei einer Strategiebesprechung mit den Generälen. Am Anfang versenkte er die stählerne Spitze hoch im Nordwesten des Landes.
    »Dort liegt Dünkirchen, das die Engländer lieber heute als morgen einnehmen würden. Wir befinden uns hier, nur wenige Meilen westlich davon. Im Verlauf des Frühjahrsfeldzuges der Koalition wurde die französische Armee aus ihren westrheinischen Gebieten vertrieben und hinter die Grenze zu den österreichischen Niederlanden zurückgeworfen.« Er zog mit seinem Dolch eine nach rechts abfallende Linie und ließ sie anschließend darunter kreisen.
    »Inzwischen wütet der Krieg in dieser ganzen Gegend hier, also auf dem Boden der Republik. Vor allem rund um Condé tut sich einiges. Die Festung wird seit Anfang April von den Alliierten belagert, und bisher sind sämtliche Versuche der Franzosen gescheitert, die eingeschlossenen Truppen zu befreien. Vor einem Monat hat bei Raismes eine Kanonenkugel den Weg von General Dampierre gekreuzt und ist mit einem Teil seines rechten Beines weitergeflogen. Er starb am nächsten Tag. Sein Nachfolger, General Lamarche, ist bis jetzt auch nicht glücklicher …«
    »Willst du mir gerade erklären, dass wir uns entlang der Frontlinie in diesen Hexenkessel begeben sollen?«, unterbrach ihn Arian.
    »Nicht hinein, sondern hindurch .«
    »Ah! Und wo ist da der Unterschied?«
    Tarin grinste. »Ich hoffe, dass wir es überleben.«

Der Ritt

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