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Die Masken von San Marco

Die Masken von San Marco

Titel: Die Masken von San Marco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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sein.»
    «Der ihn dann getötet und auf die Patna gebracht hat.
    Aber warum hat der Mann Sie auf die Patna gelockt? Warum wollte er Sie töten?»
    «Vermutlich hat Zorzi ihm erzählt, dass ich Bescheid wüsste und er sich bei mir noch im Laufe des Abends melden würde», sagte Tron. «Unter dieser Voraussetzung wäre es sinnlos gewesen, Zorzi zu töten.»
    «Aber er hat Zorzi trotzdem getötet und Sie auf die Patna dirigiert.»
    «Womit Zorzi nicht gerechnet hat.»
    «Und anschließend hat der Mann die Halskette in Zorzis Wohnung deponiert. In der zutreffenden Annahme, dass man sie durchsuchen und die Kette finden würde.»
    «Also den Beweis dafür, dass Zorzi der Mörder von Ziani gewesen ist.»
    «Nur, dass er Pech gehabt hat. Sie sind entkommen, und die Leiche von Zorzi ist nicht verbrannt, sondern von Bord geschleudert und gefunden worden.» Bossi sah Tron an.
    «Commissario, was will der Mann?»
    «Sind wir uns einig darüber, dass er nicht nach Venedig gekommen ist, um einen Anschlag auf den Kaiser zu verhindern, sondern um einen zu begehen?»
    «Es sieht ganz so aus.»
    «Dann war es nicht der piemontesische Geheimdienst,  der den Mann in diese Gruppe geschleust hat, sondern der kaiserliche», sagte Tron. «Genauer gesagt, Teile davon.»
    «Also würde es zutreffen, was Oberst Holenia gesagt hat.
    Dass die Einzigen, die ein echtes Interesse am Tod des Kaisers hätten, gewisse Militärkreise sind.»
    Tron nickte. «So ist es. Der Mann, den sie nach Venedig geschickt haben, hatte einen doppelten Auftrag. Das Attentat dieser Gruppe zu verhindern und alle Welt in Sicherheit zu wiegen, damit das eigentliche Attentat umso besser gelingt.»
    «Und nun?»
    «Werden wir dieses ominöse Papier trocknen und sehen, ob wir es entziffern können», sagte Tron.

    Die Apparatur, die Bossi eine halbe Stunde später in Trons Büro ersonnen hatte, um das Papier auf schonende Weise zu trocknen, war denkbar einfach. Sie bestand aus einer Petroleumlampe, einem Handschuh und einem Porzellanteller. Den Handschuh benutzte Bossi, um den Teller über den Schornstein der Petroleumlampe zu halten, auf der das Papier lag. Tron sah zu, wie es sich aufhellte und sich ein wenig dabei wellte. Ein paar Minuten später war es trocken genug, um auseinandergefaltet zu werden.
    Allerdings waren sie auch nicht schlauer, als das Papier vor ihnen auf dem Schreibtisch lag. Der Text bestand aus vierzehn in Doppelreihen untereinandergesetzten Zeilen, die sich in einer – auf den ersten Blick – sinnlosen Abfolge von Buchstaben zusammensetzten.
    Bossi räusperte sich, nachdem er das Papier eine Weile angestarrt hatte. «Offenbar handelt es sich um eine codierte Nachricht.»
    Tron lächelte ironisch. «Danke, dass Sie mich darauf hinweisen. Jedenfalls handelt es sich um eine Nachricht, die nicht nur für eine einzige Person bestimmt war, sonst hätte man sie nicht gedruckt.»
    «Von hinten gelesen ergibt der Text keinen Sinn», sagte Bossi. «Auch nicht, wenn man jeden zweiten Buchstaben auslässt. Oder jeden dritten.»
    «Sie gehen also davon aus, dass man keinen Schlüssel für diesen Code braucht.»
    Bossi sah Tron irritiert an. «Einen Schlüssel? Haben Sie Erfahrungen mit dem Dechiffrieren von Texten?»
    Tron schüttelte den Kopf. «Eigentlich nicht. Wir haben früher gelegentlich in der Schule …» In der Schule? Ja, natürlich. Die Erkenntnis kam so plötzlich, als hätte jemand in einem dunklen Raum eine Kerze angezündet. Es war lä cherlich einfach. Tron sagte: «Der Gartenzaun, Bossi.»
    «Gartenzaun?» Bossi runzelte die Stirn.
    «Das ist ein simpler Pennäler-Code. Haben Sie sich in der Schule nie verschlüsselte Botschaften geschickt?»
    Bossi schüttelte den Kopf.
    «Wir haben das auf dem Seminario gemacht», sagte Tron.
    «Zorzi auch. Sie springen einfach Buchstabe für Buchstabe zwischen den Zeilen hin und her. Ich gebe Ihnen ein Beispiel.»
    Tron setzte sich und nahm einen Bogen Papier aus der Schublade seines Schreibtischs. Dann dachte er kurz nach und schrieb:

    MNAUSNDCTRNDCISCEHI
    AHTNETEKBIGIHNIHRET

    «Die Buchstaben des Klartextes», erklärte Tron, «werden abwechselnd in zwei Reihen geschrieben. Immer von oben nach unten. Los, versuchen Sie es.»

    Einen Augenblick lang studierte Bossi die Buchstaben aufmerksam. Dann las er ohne zu stocken: « Man hat uns entdeckt. Bring dich in Sicherheit. » Er sah Tron an. «Richtig?»
    «Richtig, Bossi.» Tron lächelte. «Und jetzt diktiere ich Ihnen diesen Text hier.»
    Tron brauchte

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