Die Masken von San Marco
erfahren, bevor sie sie verhaften. Nur dass dann leider einiges schiefgegangen sei, sagt Crenneville.»
Die Principessa nickte. «Ziani hat Verdacht geschöpft und musste aus dem Verkehr gezogen werden.»
«Richtig. Aber das sei nicht das eigentliche Problem gewesen. Schwierig sei es geworden, nachdem sich plötzlich herausgestellt habe, dass dieser Agent Franz Joseph tatsächlich töten wolle.»
Die Principessa machte ein ungläubiges Gesicht. «Sie wussten es? Woher?»
«Dazu hat sich Crenneville nicht geäußert.»
«Hat er etwas über die Motive dieses Agenten gesagt?»
«Dazu hat er ebenfalls geschwiegen.»
«Warum verhaftet man den Burschen nicht?»
«Sie beobachten ihn und wollen ihn auf frischer Tat ertappen. Mit dem Gewehr im Anschlag.»
«Das kaufst du diesem Crenneville ab?»
Tron schüttelte den Kopf. «Crenneville lügt.»
«Hat er Spaur überzeugt?»
«Offenbar. Spaur hat mir die strikte Anweisung erteilt, mich ab sofort von der Angelegenheit zurückzuziehen.»
«Was ist mit Bossi?»
«Spaur hat Bossi mit Entlassung gedroht, falls er etwas im Alleingang unternimmt. Bossi glaubt diese Geschichte ebenso wenig wie ich. Aber wir sind uns einig, dass er sich raushalten wird. Ich möchte nicht, dass er seine berufliche Laufbahn aufs Spiel setzt.»
«Und deine Version?»
Tron hob die Schultern. «Ich vermute, dass Crenneville selbst in die Verschwörung verwickelt ist. Holenia hatte recht. Die Einzigen, die ein Interesse an einem Attentat auf den Kaiser haben könnten, sind gewisse Militärkreise.
Richtig ist, dass der militärische Geheimdienst von einem Anschlag erfahren und einen Mann in die Gruppe eingeschleust hat. Falsch ist, dass dieser Mann völlig überraschend und aus irgendwelchen Gründen beschlossen hat, den Kaiser zu töten. Und dass Crennevilles Leute ihn jetzt in eine Falle laufen lassen wollen. Der Mann handelt im Auftrag hochkonservativer Militärkreise. Und er wird versuchen, den Kaiser morgen zu töten.»
«Du könntest morgen direkten Kontakt mit dem Kaiser aufnehmen.»
Tron schüttelte den Kopf. «Das wäre sinnlos. Dann stünde mein Wort gegen dasjenige Crennevilles.»
«Was wirst du unternehmen?»
«Ich bin im Palazzo Reale gewesen, um mit Königsegg zu reden. Leider war der Graf nicht zu sprechen. Er hat mir aber durch seinen Adjutanten ausrichten lassen, dass ich ihn um sieben Uhr im Quadri treffen kann.»
«Was willst du von ihm?»
«Königsegg schuldet mir noch einen Gefallen, und ich werde dafür sorgen, dass sich dieses Gefühl noch verstärkt», sagte Tron. Er griff in die Tasche seines Gehrocks und zog den Schuldschein heraus, den Bossi aus Zorzis Wohnung mitgenommen hatte.
Die Principessa hob überrascht die Augenbrauen. «Du willst ihm den Schuldschein zurückgeben?»
Tron nickte. «Er soll keine Wahl haben, wenn ich ihn um einen Gefallen bitte.»
«Welchen Gefallen?»
«Ich brauche eine Uniform und einen Passierschein für den Palazzo Reale.»
«Um was zu tun?»
«Wir wissen, wann und wo der Mann auf den Kaiser feuert», sagte Tron langsam. «Ich könnte im Dachboden auf ihn warten. Da ich im Palazzo Reale als Zivilist auffallen würde, brauche ich eine Uniform.»
Die Principessa schüttelte entsetzt den Kopf. «Ist dir klar, dass dieser Mann hochgefährlich ist?»
«Das weiß ich. Aber der Bursche wird völlig überrascht sein. Er wird die Hände hochnehmen und seine Waffe fallen lassen.»
«Und dann?»
«Lege ich ihm Handschellen an und übergebe ihn der Wache.»
«Kannst du denn überhaupt noch schießen? Ich meine, würdest du den Mann notfalls auch treffen?»
«Es reicht, wenn der Bursche es glaubt. Ich kann sehr überzeugend sein, wenn es darauf ankommt.»
Die Principessa zog die Augenbrauen zusammen und fi xierte Tron nachdenklich, während sie an ihrer Zigarette zog. Schließlich fragte sie: «Dieser Königsegg – was ist das für ein Mann?»
«Er ist garantiert nicht in diese Verschwörung verwickelt», sagte Tron. Und fügte hinzu: «Wahrscheinlich steht er bereits auf der Abschussliste des Kaisers.»
«Warum?»
«Königsegg trinkt und spielt. Er hat beides nicht unter Kontrolle. Wenn ich den Attentäter aus dem Verkehr ziehe, wird auch für ihn einiges abfallen.»
«Und du bist dir ganz sicher, dass Königsegg nach eurem Gespräch nicht sofort zu Crenneville rennt?»
Das war in der Tat die Frage. Tron hob die Schultern.
«Ganz sicher bin ich mir nicht», sagte er. «Aber das Risiko muss ich
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