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Die Masken von San Marco

Die Masken von San Marco

Titel: Die Masken von San Marco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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kurz nachgedacht hatte.
    Er sah erst Tron an, dann blickte er wieder auf den Welpen hinab, so als würde er das Tier auffordern, diese Aussage zu bestätigen. Tatsächlich hob der Welpe den Kopf, erwiderte den Blick Königseggs und klopfte mit dem Schwanz auf den Boden. Dann leckte er sich den Rest der Schlagsahne von der Nase, spitzte die Ohren und sah Tron an.
    «Deshalb bin ich hier», sagte Tron. Er ärgerte sich darü ber, dass er unwillkürlich den Hund angeredet hatte. Der sah aber auch so aus, als würde er jedes Wort verstehen.
    Königsegg richtete einen wohlwollenden Blick auf  Tron. «Und wie kann ich Ihnen behilflich sein?»

    Ein freundliches Wuff! des Welpen schien auch Spartacus’ Bereitschaft auszudrücken, dem Commissario behilflich zu sein.
    «Ich wollte Ihnen etwas geben», sagte Tron, der sich diesmal bemühte, Königsegg und nicht den Welpen anzusehen. Er zog Königseggs Schuldschein aus seiner Brieftasche und reichte ihn wortlos über den Tisch.
    Königsegg wurde bleich. «Woher haben Sie diesen  Schein?»
    «Aus Zorzis Wohnung, wo der ispettore Bossi auch die Halskette gefunden hatte», antwortete Tron.
    Königsegg schüttelte den Kopf. «Ich habe das Geld  nicht, Commissario.»
    Der Welpe unter dem Tisch schien es ebenfalls nicht zu haben, denn er stieß ein klägliches Winseln aus.
    «Ich will kein Geld», erwiderte Tron.
    «Was soll ich dann mit dem Schein?» Königsegg hatte  noch immer nicht verstanden.
    Tron lächelte. «Ihn verbrennen oder als Andenken aufheben. Er gehört Ihnen.» Er sah Königsegg an. «Was hat Ihnen Bossi erzählt, als er Ihnen die Kette zurückgegeben hat?»
    «Dass Zorzi von Zianis Geschäften wusste und versucht hatte, sich einen Anteil an Zianis letztem Fischzug zu sichern. Dass es dann zum Streit gekommen ist und Zorzi ihn getötet hat.»
    «Das ist die offizielle Version. In Wirklichkeit war es anders.»
    Tron ließ seinen Blick über die Gäste schweifen und  stellte fest, dass niemand das Gespräch zwischen Königsegg und ihm belauschen konnte. An allen Tischen wurde laut geredet, Gläser klirrten, Geschirr schepperte und Lachsalven knatterten wie Peletonfeuer durch den Raum. Falls sich irgendjemand für das, was der Generalleutnant und der Zivilist zu besprechen hatten, interessierte, hätte er bei dem infernalischen Lärm kein Wort verstanden.
    Tron beugte sich nach vorne, schon um dem Anblick des Welpen zu entkommen. Der hatte aufgehört, dem Gespräch zu folgen, und sich stattdessen mit seiner kräftigen Kinnlade in das Tischbein verbissen. «Hören Sie zu», sagte er.

    Als Tron seinen Bericht beendet hatte, schüttelte Königsegg entsetzt den Kopf. «Das ist unglaublich.»
    «Wer könnte außer Crenneville noch in diese Verschwörung verwickelt sein?»
    «Das kann ich Ihnen nicht sagen.» Königsegg nahm einen hastigen Schluck aus seiner Kaffeetasse. «Abgesehen davon verstehe ich den Sinn dieses Anschlags nicht. Was wird passieren, wenn Franz Joseph tot ist? Dann übernimmt Maximilian die Regentschaft – ein erklärter Liberaler. Wollen sie den dann auch aus dem Weg räumen? Das alles ergibt keinen Sinn.»
    «Da haben Sie recht. Aber das hilft uns nicht weiter.»
    «Wenn Sie mich bitten wollen, mit dem Kaiser zu reden», sagte Königsegg, «dürfte das unter diesen Umständen wenig Sinn haben. Er wird mir nicht glauben.»
    Tron nickte. «Das weiß ich. Es gibt nur eine einzige Möglichkeit, den Anschlag zu verhindern.»
    «Welche?»
    «Den Mann vorher unschädlich zu machen.»
    «Aber Sie kennen ihn nicht», erwiderte Königsegg. «Wie wollen Sie ihn unschädlich machen? Das Einzige, was Sie von ihm wissen, ist, dass er der Armee angehört. Sie kennen weder seinen Dienstgrad noch seine Waffengattung.»

    Tron schüttelte den Kopf. «Ich weiß, wann und wo er  zuschlägt. Und ich weiß auch, welche Waffe er benutzt.»
    «Das alles dürfte Ihnen nicht viel nützen», sagte Königsegg. «Wenn die Polizei an der Sicherung des kaiserlichen Besuchs beteiligt wäre, könnten Sie Scharfschützen auf dem Dach des Palazzo Ducale postieren und den Mann unter Feuer nehmen, sobald er den Kopf aus der Luke steckt.»
    «Ich kann noch etwas tun.»
    «Und was?»
    «Wie ich schon sagte: ihn festnehmen, bevor er zuschlagen kann.» Tron sah Königsegg an. «Ich muss vor ihm auf dem Dachboden sein und dort auf ihn warten.»
    «Aber wie kommen Sie in den Palazzo Reale?»
    «Indem Sie mir eine Uniform und einen Passierschein  besorgen.»
    Königsegg sah Tron verlegen

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