Die Matlock-Affäre
Stocktons Begleiter war ein Killer.
»Aber Mr. Matlock! Sie wollen uns verlassen?«
Er beschloß, aggressiv zu sein.
»Da Sie mein verdammtes Telefon angezapft haben, schließe ich daraus, daß Sie glauben, daß ich Probleme habe! Dies ist meine Angelegenheit, nicht die Ihre! Wenn Sie es wissen wollen, mir paßt das nicht!«
Die Taktik hatte Erfolg. Matlocks Feindseligkeit verblüffte Stockton.
»Das ist doch kein Grund, böse zu sein ... Ich bin Geschäftsmann wie Sie. Das Ganze dient doch nur Ihrem Schutz. Verdammt! Das ist wahr, Junge!«
»Ich will die lausige Erklärung akzeptieren. Sind meine Schlüssel im Wagen?«
»Nun, nicht in Ihrem Wagen. Mein Freund Mario hier hat sie. Das ist ein wirklich klasse Itaker, das kann ich Ihnen sagen.«
»Ich seh' ja das Familienwappen auf seiner Tasche. Kann ich jetzt meine Schlüssel haben?«
Mario sah Stockton sichtlich verwirrt an.
»Jetzt warten Sie mal«, sagte Stockton. »Einen Augenblick, Mario. Wir wollen nicht impulsiv sein ... Ich bin ein vernünftiger Mann. Ein sehr vernünftiger Mann. Ich bin bloß ein Virginia ... «
»Kacker, der einen Dollar machen will!« unterbrach ihn Matlock. »Schon gut! Und jetzt gehen Sie mir aus dem Weg, verdammt noch mal, und geben mir die Schlüssel!«
»Du lieber Gott, Sie sind richtig gemein! Ehrlich, gemein! Versetzen Sie sich doch einmal in meine Haut! ... Irgendein verrückter Code, der wie >Charger DreiNull< klingt, und ein dringender Anruf aus Wheeling, West Virginia! Und statt mein Telefon zu benutzen, ziehen Sie Leine und wollen hier verschwinden«!
»Hören Sie, Jim, was würden Sie da tun?!«
Matlocks Stimme klang eisig und präzis. »Ich würde versuchen zu verstehen, mit wem ich es zu tun habe ... Wir haben eine Anzahl Erkundigungen angestellt, Howard. Meine Vorgesetzten machen sich Gedanken über Sie.«
»Was-meinen-Sie-damit?« Stocktons Frage klang, als wäre der ganze Satz nur ein Wort.
»Sie glauben ... wir glauben, daß Sie zuviel Aufmerksamkeit auf sich selbst gelenkt haben. Präsident und Vizepräsident eines Rotary Club! Du lieber Gott! Stifter für ein Schulgebäude; Versorger von Witwen und Waisen - mit Kreditkonten; Memorial Day Picknicks! Und dann stellen Sie noch hiesige Leute ein, die Gerüchte über die Mädchen verbreiten! Die halbe Zeit rennen die jungen Leute halb nackt herum. Bilden Sie sich etwa ein, daß die Leute hier nicht reden? Herrgott, Howard!«
»Wer zum Teufel sind Sie?«
»Nur ein müder Geschäftsmann, der sich ärgert, wenn er sieht, wie ein anderer Geschäftsmann sich selbst zum Narren macht. Was zum Teufel haben Sie sich eigentlich dabei gedacht? Wollen Sie sich für das Amt des Weihnachtsmannes bewerben? Haben Sie eigentlich nie darüber nachgedacht, wie auffällig dieses Kostüm ist?«
»Verdammt noch mal, Sie haben mich bloß auf dem Kieker! Ich hab' den besten kombinierten Laden nördlich von Atlanta! Ich weiß nicht, mit wem Sie geredet haben, aber ich kann Ihnen sagen - dieses alte kleine Mount Holly würde für mich Pferde stehlen! Diese Dinge, die Sie und Ihre Leute ausgegraben haben - das sind gute Dinge! Wirklich gut! ... Sie verdrehen das alles so, daß es böse klingt. Das ist nicht richtig!«
Stockton holte ein Taschentuch heraus und betupfte sich das gerötete, schwitzende Gesicht. Der Südstaatler war jetzt so aufgeregt, daß seine Sätze sich überhaspelten und seine Stimme schrillte. Matlock versuchte schnell zu denken, ohne dabei die Vorsicht in den Wind zu schlagen. Vielleicht war dies jetzt der richtige Augenblick - für Stockton. Irgendwann mußte es ja sein. Er mußte die letzte Etappe seiner Reise zu Nimrod beginnen.
»Beruhigen Sie sich, Stockton. Ganz ruhig. Vielleicht haben Sie recht ... Ich habe jetzt nicht die Zeit, darüber nachzudenken. Wir stecken in einer Krise. Wir alle. Dieser Anruf war ernst.« Matlock hielt inne und sah den nervösen Stockton scharf an und stellte dann seinen Koffer auf den Marmorboden. »Howard«, sagte er dann langsam, die Worte sorgfältig wählend, »ich werde Ihnen jetzt etwas anvertrauen und hoffe nur, daß Sie dem gewachsen sind. Wenn Sie es durchziehen, wird keiner mehr Ihren Laden belästigen - nie wieder.«
»Was denn?«
»Sagen Sie ihm, er soll einen Spaziergang machen. Bloß den Korridor hinunter, wenn Sie mögen.«
»Hast du gehört? Geh eine Zigarette rauchen.«
Mario wirkte gleichzeitig feindselig und verwirrt, als er langsam auf die Treppe zutrottete.
»Was soll ich denn tun?« fragte Stockton.
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