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Die Mauern des Universums - Melko, P: Mauern des Universums - The Walls of the Universe

Titel: Die Mauern des Universums - Melko, P: Mauern des Universums - The Walls of the Universe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Melko
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…«, fing er an. Doch in diesem Moment wandte sie sich ab, und er kam sich vor wie der letzte Tollpatsch.
    Als Grace sich wieder umdrehte, hielt sie einen Umschlag in der Hand. »Hier, hätte ich fast vergessen. Hat Kyle vorhin abgegeben. ›Nur um die Sache abzuschließen‹, hat er gesagt.«
    »Verstehe.«
    Paquellis Klage und die Bedenken der Stadt hatten sich in Luft aufgelöst, als hätte es sie nie gegeben. Nur zu gut wusste John noch, wie angespannt der Dezember gewesen
war, wie verzweifelt sie nach einer Lösung gesucht hatten, bis Visgrath auf der Bildfläche aufgetaucht war, der strahlende Retter mit der alles heilenden Finanzspritze. In der Rückschau fand er ihre Verzweiflung geradezu kindisch.
    John schlitzte den Umschlag mit dem Daumen auf und fand darin ein Dutzend DIN-A4-Blätter. Als er aufblickte, hatte Grace schon die Hand an der Bürotür.
    »Ich muss … ich muss noch schnell bei Viv vorbeischauen«, sagte sie. »Bis später.«
    Mit einem stummen Seufzer nickte John. Er ließ sich in einen alten Ledersessel fallen, zog die Blätter aus dem Umschlag und ging sie durch.
    Als Letztes war Paquellis Klage an der Reihe. Fast hätte John die entsprechende Seite achtlos beiseitegelegt, doch dann sprang ihm der Name eines Nebenklägers ins Auge. Er richtete sich im Sessel auf, während das Blut in seinen Adern auf den Gefrierpunkt abkühlte. Wäre da »Smith« oder »Jones« zu lesen gewesen, hätte er niemals gestutzt – aber wie viele Charborics konnte es schon geben?
    Man hatte sie reingelegt.
     
    Die ersten paar Sekunden war John wie betäubt, danach kam er sich einfach nur dumm vor. Wie vehement er für das Geschäft mit EmVis eingetreten war! Wahrscheinlich war es das Gefühl grenzenloser Peinlichkeit, das ihn schließlich davon abhielt, Grace und Henry von seiner Entdeckung zu erzählen. Innerlich konnte er die Entscheidung mühelos rechtfertigen: Grace wäre sofort auf Konfrontationskurs gegangen und zu Visgrath gerannt; Henry hätte sich zurückgezogen und wäre in dunklem Groll versunken. Nein, es war wirklich besser, wenn er diese Geschichte verheimlichte.
    Kurz entschlossen verstaute er die Papiere in einem rostigen Aktenschrank in der alten Fabrik und versuchte sie so schnell wie möglich zu vergessen.

    Doch jedes Mal, wenn er Visgrath begegnete, jedes Mal, wenn er ein nervtötendes Memo von Charboric erhielt, jedes Mal, wenn eine Telefonkonferenz über die jüngsten Absatzprognosen abgehalten wurde, spürte er den kalten Griff der Manipulation im Nacken.
    Nach und nach hörte er auf, zu den Sitzungen zu erscheinen. Erst war es eine Vorstandssitzung, die er ausließ, dann noch eine, und als Grace ihn schließlich zur Rede stellte, bat er sie, bei Bedarf sein Stimmrecht für ihn wahrzunehmen. Die alte Fabrik wurde zu Johns Rückzugsort, dort konnte er ungestört an seinen traditionellen Flipperautomaten herumschrauben. Auf Visgraths Nachfrage hin klagte er über die viele Arbeit, die er für die Uni erledigen müsse, über die zahlreichen Prüfungen und andere Belastungen.
    John war überrascht, als eines Tages Janet Rayburn anrief. Ab und zu hatte er ihr und Bill geschrieben und den beiden außerdem einen Riesenkorb Äpfel zur Feier seiner ersten von der neu gegründeten Firma bezogenen Tantiemen geschickt, doch ansonsten hatte er sich von ihnen ferngehalten. Das eine Jahr, das er mit ihnen verbracht hatte, war allzu herzzerreißend gewesen, denn Bill und Janet waren eben doch nicht seine Eltern. Zwar hätten sie ihn gern als Ersatzsohn betrachtet, doch das konnte er nicht annehmen. Schließlich waren seine Eltern in einem anderen Universum noch am Leben, wie er hoffte.
    »Wie läuft’s auf der Farm? Wie geht’s Bill?«, fragte er.
    »Gut, gut. Bill geht’s gut. Ist ständig in der Scheune, muss alles Mögliche ausbessern und reparieren. Der Frühling steht vor der Tür, da muss man alles auf Vordermann bringen.«
    Nach ein paar weiteren verplauderten Minuten wurde Janets Stimme ernst. »Übrigens hat sich hier jemand nach dir erkundigt.«
    »Wer?«

    »Muss ein Ausländer gewesen sein.«
    John fragte gar nicht erst, aus welchem Land der Ausländer Janets Einschätzung nach stammte. Er war sich auch so sicher, dass er einen osteuropäischen oder deutschen Akzent gehabt hatte.
    Janet räusperte sich. »Er wollte wissen, woher du kommst.«
    »Und was … was hast du gesagt?«
    »Nichts.« Sie lachte. »Kein Wort. Die Leute sollten sich um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern, finde

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