Die Mauern des Universums - Melko, P: Mauern des Universums - The Walls of the Universe
den Kopf. Wieder mal verfluchte er sich dafür, ausgerechnet in einem Universum haltgemacht zu haben, in dem es keine anständigen Rechner gab.
»Ich fürchte, du wirst einen ganz altmodischen Brief schreiben müssen«, fuhr Kyle fort. »Besorg dir die Adresse vom Wirtschaftsministerium und schreib denen einfach den Namen des Unternehmens. Oder weißt du die Kennung?«
»Nein. Das ist alles, was ich habe.«
»Na ja, es sollte reichen.«
»Danke, Kyle.«
»Kein Problem. Schließlich bin ich ganz vernarrt in euer Spiel. Ich hab übrigens ein bisschen geübt … und das Juristenturnier gewonnen!«
»Tatsächlich? Gratuliere.«
»Vor den Automaten am Campus ist immer eine Schlange. Ihr habt da wirklich was ganz Besonderes geschaffen.«
Wieder zu Hause, setzte John sich sofort hin und schrieb den Brief.
Sechs Wochen später lag ein Umschlag mit dem Absender einer Behörde in Wilkes-Barre, Pennsylvania, in Johns Briefkasten. Ungeduldig riss John den Brief auf und entdeckte eine Liste von grundlegenden Informationen über das Unternehmen Grauptham House in Pittsburgh. Der Geschäftsführer hieß nicht zufällig Visgrath, und es gab auch keinen Charboric im Vorstand. Doch als John die Namen der Vorstandsmitglieder durchging, wuchs sein Misstrauen: Fritigern Wallia, Athaulf Chindasuith, Reccared Gesalex. Noch nie waren ihm solche Namen begegnet – außer bei den Mitarbeitern von EmVis. Auf der kompletten Liste von Eigentümern und Direktoren fand er keinen einzigen gewöhnlichen Namen. Genauso wenig wie einen Frauennamen, sofern Chintila Ardo keine Frau war, was John nach seinen bisherigen Erfahrungen bezweifelte.
Er wählte die Telefonnummer, die ganz unten auf dem Blatt stand.
Eine weibliche Stimme meldete sich. »Grauptham House Incorporated. Mit wem darf ich Sie verbinden?«
»Könnten Sie mir bitte Informationen über Ihr Unternehmen zukommen lassen?«
»Tut mir leid. Grauptham House befindet sich in privater Hand und ist derzeit nicht an Investoren interessiert.«
»Ich wüsste bloß gern, was Sie produzieren.«
»Tut mir leid. Diese Information ist vertraulich.«
»Mir tut’s auch leid«, sagte John und legte auf.
Diese Firma war das reinste schwarze Loch.
Wie weit war es doch gleich von Toledo nach Pittsburgh? Rund fünf Stunden mit dem Auto?
Zeit für eine kleine Reise.
Einen Moment überlegte er, ob er Grace und Henry anrufen sollte, doch er zögerte. Er würde sie über seine Erkenntnisse aufklären müssen, und nicht nur das: Er würde sich auch dafür entschuldigen müssen, dass er so entschieden für die Kapitalbeteiligung von EmVis eingetreten war. Auf all das hatte er jetzt noch keine Lust. Zunächst musste er Beweise finden, Beweise dafür, dass hinter Grauptham House niemand anderes als EmVis steckte, vielleicht auch umgekehrt. Erst dann würde er seine Freunde einweihen, damit sie gemeinsam gegen Visgraths Plan vorgehen konnten. Wie auch immer dieser Plan aussehen mochte.
An diesem Freitag fuhr John quer durch Ohio nach Pittsburgh. Die Fenster hatte er heruntergekurbelt, aus den Lautsprechern dröhnte das Härteste, das er in diesem Universum finden konnte. Am Nachmittag bog er in eine von Bäumen gesäumte Auffahrt ein und kam vor einem Eisentor zum Stehen.
»Kann ich Ihnen helfen?«, fragte der blonde Hüne mit dem breiten Kiefer, der eben aus einem kleinen Wachhäuschen getreten war.
»Bin ich hier richtig bei Grauptham House?«
»Ja. Was kann ich für Sie tun?«
»Ich arbeite an einem Referat für die Uni. Könnten Sie mir ein bisschen erzählen, was Ihr Unternehmen so macht?«
»Tut mir leid. Vielleicht sollten Sie Ihr Referat lieber über diese Ketchupfirma halten.«
»Ach, kommen Sie! Am Montag ist es schon so weit. Ich kann das Thema jetzt nicht mehr ändern.«
Der Wachmann starrte ihn eine Weile an, bevor er sich umdrehte und kurz in seinem Wachhäuschen suchte, um John schließlich ein Faltblatt mit zahlreichen Eselsohren entgegenzustrecken. »Mehr kann ich nicht für Sie tun. Fahren Sie jetzt bitte.«
John seufzte, setzte zurück und wendete den Wagen. Gegenüber der Einfahrt lag ein Stück hügeliger Wald, in den eine Forststraße führte. Dort fuhr er hinein und stellte den Motor wieder ab. Von hier aus hatte er freie Sicht auf die Einfahrt zum Firmengelände.
Das Faltblatt war wenig hilfreich. »Grauptham House – Das Unternehmen der Zukunft« machte in Hightech. Als vorrangige Geschäftsgebiete wurden Rüstung, Elektronik, Bergbau und Tiefseebergung
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