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Die Maurin

Die Maurin

Titel: Die Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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mit mir in die Alhambra hat gehen lassen?«
    »Ach was, aber von Boabdil habe ich schon ein bisschen mehr als nur Grüße erwartet. Immerhin hat seine Mutter mir damals versprochen …« Sie brach ab. »Wahrscheinlich bin ich ungerecht. Die beiden hatten in den letzten Monaten gewiss Wichtigeres zu tun, als sich Gedanken darüber zu machen, wie es mir nach unserer Rückkehr ergangen ist.«
    »Da irrst du dich gewaltig«, erklärte ihr Raschid. »Sowohl Boabdil als auch Aischa haben Vater immer wieder gebeten, dich zurück in die Alhambra zu lassen. Aischa wollte sogar, dass du ganz in die Alhambra ziehst, aber Vater hat es abgelehnt.«
    »Und mir kein Wort davon gesagt!«, empörte sich Zahra.
    »Doch von nun an darfst du wieder hingehen«, fuhr Raschid mit einem warmen Lächeln fort. »Die beiden haben mich gebeten, bei Vater ein gutes Wort für dich einzulegen, und als ich eben mit ihm gesprochen habe, hat er zugestimmt.«
    Wahrscheinlich nur, um mich nicht mehr sehen zu müssen, dachte Zahra bitter.
    »He, Schwesterchen, ich dachte, das würde dich freuen?«
    »Tut es ja auch«, brummte Zahra.
    »Oha«, meinte Raschid und stieß sie in die Seite. »Es ist wegen Vater, nicht?«
    Zahra presste die Lippen zusammen.
    »Geduld, Zahra, Geduld. Du hast doch gesehen, dass er sich inzwischen auch Mahdi zugewandt hat!«
    »Ein Wunder, das allein Deborah zu verdanken ist«, erinnerte ihn Zahra. Deborah hatte den Jungen wie ein eigenes Kind angenommen, zumal er fast im gleichen Alter wie die kleine Sadiya war, und den kleinen Kerl eines Abends ihrem Schwiegervater einfach in den Arm gedrückt und gemeint: »Hat er nicht Leonors Augen? Wenn er mich ansieht, meine ich immer, sie lebe in ihm weiter!«
    Da hatte Abdarrahman seinen jüngsten Sohn zum ersten Mal richtig angesehen – und ihn kurz darauf weinend an sich gedrückt. Niemals zuvor hatte Zahra ihren Vater weinen sehen.
    In den nächsten Wochen hatte sie beobachten können, wie er sich immer öfter Zeit für Mahdi nahm und ihn mit einer Fürsorge und Nachsicht umhegte, die sie und ihre Geschwister nie von ihm erhalten hatten. Ihnen war er stets ein strenger und unnachsichtiger Vater gewesen. Aber Zahra gönnte ihrem kleinen Bruder die Milde ihres Vaters. Schließlich hatten sie und ihre Geschwister dafür Leonor gehabt.
     
    Schon früh am nächsten Morgen wollten Zahra und Raschid zur Alhambra aufbrechen. Zahra hatte Tamu zu ihrem Vater geschickt, um ihm für die Erlaubnis zu danken und um ihn zu fragen, ob sie sich von ihm verabschieden dürfe, aber die alte Berberin war mit einem bedauernden Schulterzucken zurückgekommen. »Er lässt ausrichten, dass er Euch alles Gute wünscht.«
    Zahra schnaubte. »Das sagst du jetzt doch nur so!«
    Tamu aber schüttelte den Kopf und machte Zahra das Herz damit noch schwerer.
    Im Patio wartete Raschid auf sie. Deborah drückte sich an ihn und blickte mit großen, feucht schimmernden Augen zu ihm auf. Der Weg ihres Mannes in die Alhambra würde sie wohl lebenslang mit Beklommenheit erfüllen.
    »Ich wünsche dir eine schöne Zeit«, sagte Deborah zu Zahra und schloss sie in die Arme.
    »Zunächst ist es ja nur für eine Woche«, erwiderte Zahra, hoffte aber, dass Aischa sie länger bei sich behalten würde, auch wenn es ihr leidtat, dass Deborah zu ihrer Gesellschaft jetzt nur noch die Dienerinnen blieben. Raschid würde jedoch bereits am Abend zurück sein, und sie hatte die drei Kinder, die sie innig liebte.
     
    In der Alhambra trennten sich Zahras und Raschids Wege; Zahra wurde im Comaresturm von Aischa, Raschid von Boabdil im Thronsaal erwartet. Als Zahra die Stufen zu Aischas Gemächern hochstieg, merkte sie, dass ihre Hände vor Aufregung feucht waren. Seit sie vor über einem Jahr aufgebrochen war, um Aischas Sohn in Almería aufzusuchen, hatte sie die Sultanin nicht mehr gesehen. Für Aischa hatte sich seither vieles zum Guten gewandt. Hassan, Isabel de Solís und ihre Kinder lebten nun bei az-Zagal in Málaga; die Zeit der Arreste und Restriktionen gehörte der Vergangenheit an, und wie man hörte, ließ ihr Sohn sie auch an den Versammlungen teilnehmen. Zahra fragte sich, ob sie auch zu der heutigen gehen würde. Ihr Bruder hatte ihr erzählt, dass Boabdil wichtige Neuigkeiten angekündigt habe.
    Als Zahra die Treppe hochstieg, erblickte sie Kafur vor Aischas Gemächern. Ein breites Lächeln erhellte sein rundes Gesicht. »Sternchen!«
    »Oh, Kafur!« Zahra nahm die letzten Stufen im Laufschritt und flog dem alten

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