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Die Maurin

Die Maurin

Titel: Die Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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wenn ich Euch nur helfen könnte!«
    »Es gäbe in der Tat etwas, das du für uns tun könntest«, erwiderte Dolores zögerlich und tauschte einen kurzen Blick mit Conchita. Als diese langsam nickte, fuhr sie fort: »Eine der Frauen hier ist erkrankt, und Conchita könnte sie behandeln, wenn sie Heilkräuter hätte.«
    Pedro nickte. »Sagt mir, was Ihr braucht!«
    Conchita nannte ihm drei Pflanzen. »Und wenn Ihr auch noch heißes Wasser besorgen könntet, damit ich einen Sud bereiten kann …«
    Pedro versprach es. »Wenn die anderen beim Mittagessen sitzen, bringe ich Euch alles!«
    Als Pedro gegangen war, fielen sich die Frauen in die Arme und lachten und weinten zugleich. Conchita kniete sich vor Zahra, küsste sie und ihr Kind auf die Stirn und flüsterte: »Wir haben einen kleinen Zeitaufschub, Zahra, aber du musst durchhalten, hörst du? Versprichst du mir das?«
    Zahra öffnete die Augen, nickte und schlief sofort wieder ein.
     
    Wie versprochen brachte Pedro am Mittag die Heilpflanzen und einen Krug frisch aufgekochtes Wasser. Conchita zermalmte die Kräuter mangels anderer Hilfsmittel mit ihren Fingernägeln in ihrem Blechteller, gab sie in das heiße Wasser und ließ sie ziehen. Dann flößte sie Zahra einen Teil des Suds ein und machte ihr mit den aufgequollenen Kräutern einen Umschlag auf dem Bauch.
    »Das wird die schlechten Dämpfe vertreiben«, meinte sie zuversichtlich und legte ihr Abdarrahman an die Brust, da Zahra nicht die Kraft dazu hatte.
    In der Nacht schwitzte Zahra stark und bekam hernach so heftigen Schüttelfrost, dass die Frauen sie in drei Decken hüllten. Als auch dies nicht half, legten sich zwei von ihnen neben sie, um sie zu wärmen.
    »Vielleicht hätten wir doch den Bader holen sollen«, jammerte Dolores im Morgengrauen, als sie sah, wie bleich und reglos Zahra dalag, doch Conchita beruhigte sie: »Etwas Besseres als meine Kräuter hätte der auch nicht gehabt.«
    Sie weichten für Zahra Brot ein und gaben ihr kleine Stücke davon in den Mund, doch nur wenn Conchita sie ermahnte, dass sie essen müsse, um ihren kleinen Sohn weiter nähren zu können, schluckte Zahra. Nach dem fünften Bissen hob sie abwehrend die Hand. »Kann nicht mehr …«, stöhnte sie. »Schlafen, muss schlafen …« Und ihr Kopf sank zur Seite.
    Ein paar der älteren Frauen begannen zu beten. Ihr warmes, monotones Murmeln stemmte sich gegen die Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit in den Köpfen der anderen. Als Conchita Zahra gegen Mittag den Jungen wieder anlegte, öffnete Zahra die Augen, schenkte ihrem Kind ein kleines Lächeln und fuhr ihm mit der Hand über das Köpfchen. Conchita nickte aufmunternd. Als Zahra kurz darauf wieder einschlief, zeichnete Conchita ihr mit dem Daumen ein Kreuz auf die Stirn und flüsterte: »Du schaffst es, meine Kleine, du schaffst es!«
    Am Abend war es wiederum Pedro, der ihnen das Essen brachte. Es war eine dünne Brühe, in der außer Reiskörnern auch ein paar Fleischfasern und drei Fettaugen schwammen. Als er gegangen war, sammelten die Frauen die Fleischfasern in Zahras Blechteller; Conchita übernahm es, sie zu füttern. Fast eine Stunde verstrich darüber, weil Zahra über dem Schlucken immer wieder einnickte, aber schließlich war der Teller geleert.
    In der Nacht stieg das Fieber weit weniger als in der vorigen, und als sich Abdarrahman am Morgen regte, war Zahra sofort wach und legte ihn sich aus eigener Kraft an die Brust. Conchita sah ihr lächelnd zu und strich ihr das vom Schweiß der letzten Tage steif gewordene Haar aus der Stirn. »Freut mich, dass es dir wieder bessergeht, mein Mädchen!« Ihre Augen strahlten vor Glück.
    Obwohl die Frauen sie weiter so gut pflegten und ihr alles von ihrem Essen gaben, was sie nur irgendwie entbehren konnten, dauerte es über eine Woche, bis Zahra die Kraft fand, sich allein aufzusetzen, und noch einmal eine Woche, bis sie zum ersten Mal aufstehen und mit ihrem Kind auf dem Arm ein paar Schritte gehen konnte. Immer wieder dankte sie den Frauen für ihre Fürsorge und freute sich, welch herzlichen Anteil sie an dem Gedeihen ihres Sohnes nahmen und wie sehr sie sich bemühten, dass die Wächter ihn auch weiterhin nicht entdeckten. Zahra wusste, jede Stunde mit ihrem Kind war geliehenes Glück, ein Glück, das nicht mehr lange währen würde, und empfand deswegen umso größere Dankbarkeit, es erleben zu dürfen.
     
    Von Tag zu Tag blieb Pedro länger bei ihnen im Kerker. Er fragte Dolores nach ihren Eltern und war

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