Die Maurin
Vertrauen einflößte – und die sich überdies weigerte, mit ihm zu kommen. »Ich verlasse nie die Grenzen unseres Ortes«, zischte sie unfreundlich. »Schaff deine Frau her, dann werde ich mich um sie kümmern.«
»Sie würde es nicht überleben, wenn ich sie in diesem Zustand herbringe. Das Kind scheint festzustecken!«
»Dann hättest ihr euch eben früher auf den Weg zu mir machen müssen.«
»Ich zahle Euch, was Ihr wollt, aber kommt mit. Meine Frau stirbt sonst!«
Die Alte zuckte mit den Achseln. »Allah, er ist erhaben, ist das Maß aller Dinge, und er allein lenkt unsere Schritte.«
»Und deine werde ich jetzt lenken«, brüllte Jaime, und ehe die Alte wusste, wie ihr geschah, hatte er sie sich über die Schulter geworfen. All ihr Schreien, Zetern und Strampeln half ihr nicht: Jaime bestieg mit ihr sein Pferd und presste Barbakan die Fersen in die Flanken. Zwei Frauen schrien ihm empört hinterher, aber ehe ihre Männer herbeieilten, war Jaime mit der Alten schon im Wald verschwunden.
Als Jaime mit der
qibala
in die Höhle kam, gab Zahra keinen Laut von sich; ihr Kopf lag matt auf der Seite. Abdarrahman saß neben ihr und hielt stumm vor sich hin weinend ihre Hand. Nun sah er voller Angst zu ihm auf und rief: »Papa, Mama redet nichts mehr. Ist sie jetzt tot?«
Jaime setzte die Alte so ruckartig ab, dass sie fast hinfiel, aber sie zeterte nicht erneut los, sonst eilte zu Zahra. »Beim Allmächtigen«, murmelte sie.
Jaime kniete sich vor seine Geliebte und klopfte ihr sanft auf die Wangen. »Zahra, um Himmels willen, was hast du?«
Die Alte schlug ihm gegen den Arm. »Was soll sie schon haben? Sie ist ohnmächtig, du Dummkopf, und wir können nur hoffen, dass sie das noch eine Weile bleibt, damit ich sie in Ruhe untersuchen kann. Und jetzt verschwinde und besorg mir heißes Wasser!«
Jaime sprang auf und lief zum Höhlenausgang, eilte dann aber wieder zurück, um seinen Sohn mitzunehmen, damit er von den Vorgängen nicht noch mehr verstört wurde. Er holte den Blechtopf von ihrem Packpferd und rannte mit Abdarrahman zum nahen Bach.
Als Jaime mit dem Nötigen zurückkam, blickte die Alte mit grimmiger Miene zu ihm auf. »Ich weiß nicht, ob ich deiner Frau helfen kann. Das Kind hat eine ausgeprägte Steißlage, aber um es zu drehen, liegt es schon zu weit unten im Geburtskanal. Ich muss es in dieser Position herausholen, doch das ist gefährlich. Sobald der Po draußen ist, rutscht der Kopf in den Beckenring und drückt auf die Nabelschnur. Wenn es mir dann nicht gelingt, das Kind umgehend herauszuziehen, wird es ersticken. Warum seid ihr auch nicht früher zu mir gekommen?«
»Weil die Geburt ganz plötzlich eingesetzt hat«, knurrte Jaime. »Und ich rate dir, sie und das Kind zu retten, sonst ist es um dich geschehen!«
Die Alte schnaubte verächtlich und tastete noch einmal Zahras Bauch ab. Während sie sich die Hände im heißen Wasser wusch, kam Zahra stöhnend zu sich. Jaime strich ihr das schweißnasse Haar aus der Stirn. »Die
qibala
ist jetzt da. Alles wird gut. Halte durch!«
»Schwätz nicht, sondern hilf mir lieber«, keifte die Alte und erklärte ihm, dass er das Kind bei der nächsten Wehe mit ihr zusammen noch tiefer in den Geburtskanal schieben solle. »Und du, Frau, musst auch mithelfen. Wenn ich es dir sage, presst du so fest, wie du nur kannst!«
Mit vereinten Kräften versuchten sie es, doch das Kind rutschte keinen Deut tiefer. Während Jaime erneut der Schweiß ausbrach, verzog die Alte keine Miene. Als die nächste Wehe kam, forderte sie Zahra wiederum auf zu pressen. »Fester, du musst fester pressen!«, herrschte sie, und Jaime schrie sie an: »Und du musst mehr drücken! Zum Donner noch eins, bist du ein Mann oder ein Jammerlappen?« Endlich rutschte das Kind tiefer in den Geburtskanal hinein.
»Da kommt der Po«, keuchte die Alte. »Jetzt muss es schnell gehen. Bei der nächsten Wehe müssen wir das Kind herausbekommen. Ich ziehe, und du drückst ihr auf den Bauch!«
Schon kündigte sich die nächste Wehe an. Zahra schrie herzzerreißend, aber die Alte schrie Jaime noch lauter an: »So drück doch, du Hurensohn!«
Die Alte umfasste den Po des Kindes, der ihr zunächst wie Seife aus den Fingern flutschte, aber als Jaime von oben schob, rutschte das Kind noch ein Stück tiefer und sie konnte es über der Hüfte packen und herausziehen.
Blut- und schleimverschmiert platschte das winzige Wesen ins Leben. Die Hebamme trennte die Nabelschnur durch, hob das Kind an den
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