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Die Maurin

Die Maurin

Titel: Die Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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der Farm führte. Dahinter begann der Wald, in dem Jaime in einer halben Meile Entfernung eine Hütte für sie errichtet und Vorräte deponiert hatte. Sie hörten, wie die Christen auf der anderen Seite mit einem Rammbock gegen das Hoftor donnerten; Arkebusenschüsse und Schreie hallten durch die Nacht.
    »Schneller, schneller«, trieb Zahra die Ihren an.
    Sie waren erst wenige Meter in den Wald eingetaucht, als zwei christliche Soldaten an der Hausmauer entlangritten. Rasch drückten sich alle flach auf den Boden. Zahras jüngster Sohn begann zu weinen. Sie drückte ihn behutsam an ihre Brust, um das Geräusch zu dämpfen. Sie nahm an, dass die Soldaten einen zweiten, leichter zu erzwingenden Eingang suchten, und war erleichtert, dass sie die hinter hohem Buschwerk liegende rückwärtige Tür nicht bemerkten. Zahra trieb die Gruppe weiter. Als ein gurgelnder Todesschrei die Nachtluft zerriss, krampfte sich Zahras Herz zusammen.
     
    Über Baumwurzeln und Äste stolpernd, erreichten sie die Hütte. Nachdem sich Zahra vergewissert hatte, dass alle gut versorgt waren, drückte sie Tamu Yayah in den Arm und lief zum Eingang.
    »Bleib hier, Zahra, was hast du vor?«, rief Deborah ihr verängstigt nach, doch Zahra rannte weiter.
    Noch bevor sie das Feuer sah, konnte sie es riechen. Das ist nicht wichtig, sagte sie sich, Häuser kann man wieder aufbauen, aber es schnürte ihr den Hals zu. Sie umschloss den Schutzring an ihrem rechten Ringfinger und hastete weiter. Jaime, Jaime, Jaime, pochte es pausenlos in ihrem Kopf. Vom Waldrand aus erblickte sie das Ausmaß der Verheerung: Die Stallungen brannten lichterloh, ebenso der Schuppen und der Dienertrakt, und allmählich fraßen sich die Flammen weiter zum Herrenhaus. Die Christen hatten das Tor gestürmt. Verzweifelt versuchte sie, im Feuerschein Jaime unter den Kämpfenden auszumachen, verließ den schützenden Wald und stahl sich von Gebüsch zu Gebüsch. Nur wenige Schritte von ihr entfernt brach einer ihrer Diener unter dem Schwerthieb eines christlichen Soldaten zusammen und starb unter Krämpfen. Zahra zitterten die Knie. Sie musste innehalten und verbarg sich hinter einem Busch. Der Christ stürmte weiter, aber schon kamen drei andere Kämpfende auf sie zu. Zwei Kastilier bedrängten einen maurisch gekleideten Mann. Als der einem Schwerthieb auswich und dabei zurücksprang, erkannte Zahra, dass es Jaime war. Die beiden Christen trieben ihn gnadenlos weiter gegen die Bäume und verletzten ihn am Arm, so dass Jaime das Schwert in die andere Hand nehmen musste. Er wurde erneut getroffen, diesmal in Rippenhöhe, und schon wieder donnerten die beiden Schwerter auf ihn nieder. Ohne nachzudenken, sprang Zahra aus ihrer Deckung und klaubte dem toten Diener das blutbesudelte Schwert aus der Hand. Es wog weit mehr, als sie gedacht hätte. Im nächsten Moment hob der Christ, der nur einen Schritt vor ihr stand, sein Schwert, um es auf Jaime niederzuschmettern. Zahra biss die Zähne zusammen, riss ihr Schwert mit beiden Händen hoch und hieb mit all ihrer Kraft auf den Schwertarm des christlichen Soldaten ein. Als sie unter ihrem Schwert einen Widerstand spürte, schloss sie entsetzt die Augen. Ein gellender Schrei drang durch die Nacht, zugleich sauste ihr Schwert, jetzt ohne weiteren Widerstand, tiefer, bis es gegen den Boden schlug. Zahra riss die Augen wieder auf, hob das Schwert erneut an, brauchte es aber nicht mehr einzusetzen: Jaime hatte dem anderen Soldaten sein Schwert in den Bauch gerammt. Röchelnd sackte der Getroffene auf die Knie und kippte wie ein gefällter Baum nach vorn, woraufhin sich Jaime nun selbst dem von Zahra verletzten Soldaten zuwenden konnte. Mit einem einzigen Hieb hatte er auch dessen Leben beendet.
    Jaime sah sie an. Es war nur ein kurzer Blick. Wut und Unglaube flackerten darin auf. Dann stieß er Zahra grob zwischen die Büsche und fuhr herum, um den nächsten Angreifer abzuwehren. Auch diesen erledigte Jaime mit wenigen Schwerthieben. Er folgte Zahra und trieb sie zur Hütte. »Wir können nichts mehr retten als unsere eigene Haut«, keuchte er, überholte sie und zerrte sie hinter sich her, bis sie die Hütte erreicht hatten. Bevor sie eintraten, umfasste er ihr Handgelenk noch fester und sah sie wieder mit diesem unendlich dunklen Blick an. »Tu so etwas nie, nie wieder!«, zischte er. Seine Lippen bebten vor Wut.
    »Aber ich wollte doch …«
    »Ich weiß. Trotzdem!«, donnerte Jaime dazwischen und zog sie im gleichen Atemzug heftig an

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