Die Maurin
mir selbst eine Meinung zu bilden!«, donnerte Abdarrahman zurück. Die senkrecht nach oben gehende Ader auf seiner hohen Stirn schwoll an und begann gefährlich zu pochen. »Überdies kann ich dir versichern, dass heute früh bei der Versammlung beim Emir durchaus nicht nur Raschid, die Wesire und ich für Verhandlungen und gegen den Krieg mit den Kastiliern gestimmt haben, sondern auch viele andere seiner Berater.« Er atmete tief durch und sprach ruhiger weiter. »Mein Gott, Junge, die immer heftigeren gegenseitigen Überfälle der letzten Jahre haben doch gezeigt, dass beide Seiten dabei nur verlieren. Außerdem hat sich unsere Lage dramatisch verschlechtert. Die Kastilier haben Portugal in die Knie gezwungen, und nichts hindert sie mehr daran, sich nun ganz auf uns und unsere Vernichtung zu konzentrieren!«
»Dafür haben wir in den letzten Jahren mit etlichen afrikanischen Fürsten Beistandsverträge abschließen können!«
»Beistandsverträge, die im Ernstfall das Papier nicht wert sind, auf dem sie stehen!« Abdarrahman machte eine wegwerfende Handbewegung. »Die afrikanischen Fürsten reden doch heute so und morgen so, aber im Zweifel haben
wir
die Kastilier vor den Toren stehen!«
»Aber wir
haben
Tore«, presste Yazid hervor. »Und die stärksten und bestbewachten Tore der ganzen Halbinsel dazu! In den letzten Jahren haben wir all unsere Festungen verstärkt und unsere Soldaten in endlosen Waffenübungen gestählt. Jetzt müssen wir nur noch die Säbel ziehen und den verdammten Heiden zeigen, wer der wahre Herr in diesem Lande ist. Ihr seid doch nur feige!«
»Nein, Yazid, wir sind nicht feige«, entgegnete Abdarrahman seufzend. »Wir wollen lediglich unser Land in all seiner Blüte bewahren und nicht ständig weitere Tote beklagen müssen. Und deswegen muss unser Ziel ein stabiler Friede sein, in dem endlich auch diese unseligen Dreitagekriege verboten sind, in denen schon viel zu viele ihr Leben verloren haben. Denk nur an Deborahs kleinen Bruder! Und auch an ihren Bruder Raphael: Erst Monate nach seiner Gefangennahme ist es seinem Vater gelungen, ihn freizukaufen. Diese Kriegshetzerei, die manche von Hassans Beratern und vor allem diese hinterlistige Isabel de Solís betreiben, wird noch unser aller Untergang!«
»Die Kastilier haben gar nicht die finanziellen Mittel, um in einem Krieg gegen uns bestehen zu können!«
»Auch darin liegst du falsch«, widersprach Abdarrahman. »Du vergisst, wie entschlossen Cisneros und Torquemada seit dessen Ernennung zum Inquisitor gegen sogenannte Ketzer vorgehen. Täglich werden mehr zum Christentum konvertierte Juden verhaftet und so lange gefoltert, bis sie gestehen, im Geheimen weiter ihrem alten Glauben anzuhängen, und dafür auf dem Scheiterhaufen enden.«
»Und wieso sollte das den Kastiliern Geld bringen?«
»Ganz einfach: Weil viele Juden reich sind und die Güter der Verurteilten der kastilischen Kirche und Krone anheimfallen, und das auch noch mit Genehmigung des Heiligen Stuhls. Du kannst dir wohl denken, dass Torquemada und Isabel kein edlerer Zweck für die Verwendung dieser Gelder einfallen wird, als uns damit aus dem Land zu treiben!«
»Hast du es jetzt außer mit den Christen auch noch mit den Juden?« Yazids Stimme troff vor Hohn. »Hast du Raschid deswegen dieses magere Judenflittchen zur Frau gegeben?«
Noch ehe Abdarrahman ihn zurechtweisen konnte, hatte Raschid, der während des ruhigeren Verlaufs des Gesprächs näher gekommen war, seinem Halbbruder einen Kinnhaken verpasst. Sofort hob Yazid die Faust, um zurückzuschlagen, doch Abdarrahman fing sie ab. »Ihr sollt aufhören, habe ich gesagt, und das gilt vor allem für dich, Yazid!«
Yazid stieß die Hand seines Vaters weg. »Dem Allmächtigen sei Dank gibt es auch noch Mauren, die auf Allahs Seite stehen, und mit ihnen werde ich gleich morgen früh zum Emir gehen und ihm erklären, wie wir den Kastiliern einen Denkzettel verpassen können, den sie so bald nicht wieder vergessen werden!«
»Hass, Krieg, Kampf«, knurrte Raschid. »Geht es denn wirklich nicht in deinen Kopf, dass wir es mit einem Kastilien zu tun haben, das schlagkräftiger ist als jemals zuvor? Isabel versteht es zu begeistern und zu einen, und ein geeintes Kastilien ist ein starkes Kastilien! Sich auf einen Krieg mit ihnen einzulassen kommt einem Selbstmord gleich. Leute wie du sind der Untergang Granadas, nicht die Kastilier!«
»Du wirst anders reden, wenn wir Zahara erobert haben!«
Das Erstaunen in den
Weitere Kostenlose Bücher