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Die Maurin

Die Maurin

Titel: Die Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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strich ihr mitfühlend über die Hand. »Hayat, bitte, jetzt gib dich doch noch nicht auf! Dass Vater uns noch nicht gerufen hat, muss gar nichts bedeuten. Vielleicht ist er noch einmal zum Emir gerufen worden oder hatte noch etwas mit Raschid zu besprechen!«
    »Das sage ich mir ja auch, aber trotzdem … Ach, Zahra, und zu allem Überfluss habe ich noch nicht einmal das Recht zu jammern. Schließlich habe ich mir das alles selbst eingebrockt.« Verlegen wischte sich Hayat mit dem Ärmel ihrer Tunika die Tränen von den Wangen. Zahra suchte noch nach tröstenden Worten, als Tamu mit dem Abendessen zu ihnen hereinkam. Auf Zahras Frage, ob sie etwas gehört habe, schüttelte die alte Dienerin den Kopf. »Alles, was ich weiß, ist, dass Ihr weiter in Eurem Zimmer bleiben sollt und morgen nicht zur Sultanin gehen dürft. Euer Vater hat ihr schon einen Boten geschickt.«
    »Ich darf nicht zu Aischa?« Zahra wurde es heiß. »Und … und wie hat er ihr das erklärt?«
    »Er hat behauptet, dass Ihr erkrankt seid.«
    Also hat er zumindest bisher noch nicht vor, mir meine Tage in der Alhambra ganz zu verbieten, dachte Zahra und atmete ein wenig auf. Tamu stellte die Teller vor sie und ging. Kaum hatten sie mit dem Essen begonnen, flog die Zimmertür erneut auf, und Yazid stürmte herein. Breitbeinig baute er sich vor Hayat auf und musterte sie mit verächtlichem Blick. »Du bist also tatsächlich aus Fès zurück. Ich nehme an, dir ist klar, wie sehr du die Familienehre beschmutzt hast?«
    Hayat legte ihre Gabel ab und senkte den Blick. Zahra aber schoss wütend von ihrem Platz hoch. »Statt von der Familienehre zu reden, solltest du Hayat lieber fragen, warum sie ihren Mann verlassen hat«, fuhr sie Yazid an. »Hayats Mann und seine zweite Frau haben sie kaum besser als eine missratene Sklavin behandelt. Es war Hayats gutes Recht, das nicht weiter hinzunehmen!«
    Yazid tat einen Schritt auf sie zu. Ein abfälliges Lächeln umkräuselte seine Lippen. »Seit wann wissen denn solche Christenbastarde wie du etwas von Recht und Ehre?«
    »Den Christenbastard nimmst du zurück!«
    »Und wenn nicht? Rennst du dann zu Vater und petzt, wie du es auch sonst so gern tust?« Er trat noch näher vor sie; seine Augen wurden zu engen Schlitzen. »Jetzt pass mal gut auf, du kleine Missgeburt: Wenn überhaupt, dann hätte
ich
Vater so einiges über
dich
zu erzählen, und wenn du nicht sofort dein vorlautes Mundwerk hältst, könnte es passieren, dass ich mein Wissen sogar noch an ganz anderer Stelle an den Mann bringe. Nicht nur du verbringst nämlich endlose Stunden in der Alhambra, sondern auch ich – und dementsprechend gut bin ich über dich und dein Treiben dort informiert!«
    Zahra spürte ein Brennen im Magen und schwieg. Wusste Yazid etwas von Aischas Sonderaufträgen?
    »Na also!« Selbstgefällig verschränkte Yazid die Arme vor der Brust. »Du kannst also tatsächlich einmal den Mund halten!«
    »Ich sage nur deswegen nichts, weil es nichts dazu zu sagen gibt.« Trotzig streckte Zahra das Kinn vor. »Du kannst gar nichts über mich wissen, weil ich nämlich nichts Verbotenes getan habe.«
    »Ich warne dich«, knurrte Yazid. »Nur aus Rücksicht auf Vater habe ich bislang geschwiegen, aber damit ist jetzt Schluss. Ich bin es leid, mir ständig von euch elendem Christenpack auf der Nase herumtanzen zu lassen!«
    »Du würdest doch noch nicht einmal auf deine eigene Mutter Rücksicht nehmen, wenn sie noch leben würde!«
    Yazids Lippen wurden schmal, und Zahra begriff, dass sie zu weit gegangen war. Aber ehe sie sich entschuldigen konnte, zog Yazid den Beutel hervor, den er stets unter seiner Tunika trug, und fischte einen Ring heraus. Auf den ersten Blick erkannte Zahra ihren Schutzring wieder. Sie versuchte, ihn ihm abzunehmen, doch Yazid schloss die Hand zur Faust und lachte höhnisch auf. »Jetzt weißt du also, wo dein Schutzring ist. Und du ahnst sicher auch, wann und wo ich ihn gefunden habe – und du weißt überdies, dass du an jenem Tag genauso wenig wie sonst jemand aus dem Harem etwas im Myrtenhof zu suchen hattest!«
    »Ich weiß nicht, wovon du redest«, behauptete Zahra und schluckte verzweifelt. Womöglich wusste Yazid nicht nur, dass sie für Aischa spionierte, sondern auch, wie häufig sie das inzwischen tat. »Es ist schon möglich, dass ich den Ring im Myrtenhof verloren habe, aber es war gewiss an keinem besonderen Tag, und schon gar nicht an einem, an dem uns Frauen der Aufenthalt dort verboten gewesen

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