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Die Maurin

Die Maurin

Titel: Die Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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verging.
     
    Als alle Hunde niedergemetzelt oder geflohen waren, sammelte Yazid seine Truppen und ordnete sie neu. Die Angriffslust der Männer übertrug sich auf die Pferde. Sie ließen die Ohren spielen, schnaubten und stampften vor Ungeduld. Auch die Fußsoldaten, die jetzt zum Einsatz kommen sollten, konnten es kaum mehr erwarten, endlich loszuschlagen. Die Hände an den Schwertern, starrten sie hinüber zum Feind, ihre Augen blitzten vor Rachedurst.
    »Wir greifen die Stadtmauer an mehreren Stellen gleichzeitig an, um ihre Kräfte zu zerstreuen«, erklärte Yazid den Männern und wies jedem Trupp einen Platz zu. Dann ließ er das Horn zum Angriff blasen. Wie tollwütig stürzten die Soldaten los. Ihr Johlen klang wie Siegesgeschrei, so gewiss waren sie, die Christen allein ob ihrer Übermacht zu besiegen. Binnen kurzem standen die ersten Sturmleitern, die meisten verzichteten auf das Anbringen der Sturmdächer zu ihrem Schutz und stürmten sofort die Mauern hoch. Ihr Leben war ihnen gleichgültig. Sie wussten sich im Jenseits gut aufgehoben: Männer, die beim
dschihad,
beim Kampf gegen Ungläubige, ums Leben kamen, waren
shahids,
Märtyrer, und gingen direkt ins Paradies ein. Zuvor wollten sie noch möglichst viele der verhassten Nazarener mit in den Tod reißen.
    Yazid befehligte die erste große Angriffswelle. Behende erklomm er die Sprossen der Leiter, den Blick immer nach oben gerichtet, um den niederprasselnden Wurfspießen und Steinen rechtzeitig ausweichen zu können. Als der Soldat unter ihm aufschrie, blickte er zu ihm – und verspürte im nächsten Moment selbst einen schweren Schlag auf dem Kopf. Ihm wurde schwarz vor Augen. Er versuchte, den Fuß auf die nächste Sprosse zu setzen, aber er ruderte im Leeren. Auch die Hände schienen nicht mehr zu ihm zu gehören und rutschten an den Holmen herab. Yazid brüllte vor Wut, und als hätte er damit seine Kräfte neu entfacht, wurde es vor seinen Augen wieder klar. Er fasste die nächste Sprosse, zog sich daran hoch, holte tief Luft und wollte eben eine weitere erklimmen, als sein Vordermann von einem Pfeil im Hals getroffen wurde. Wie ein prall gefüllter Kartoffelsack krachte der Mann nach unten. Um nicht von ihm getroffen zu werden, sprang Yazid selbst in die Tiefe. Während er gleich wieder auf die Beine kam, blieb sein Vordermann auf dem steinigen Boden mit verdrehten Gliedmaßen liegen. Mit einem wütenden Aufschrei erklomm Yazid die Leiter ein zweites Mal.
    Inzwischen hatten die Soldaten auf der benachbarten Leiter die Brustwehr erreicht. Yazid johlte vor Freude, als sein Freund Musheer die Hand an die Schutzmauer legte, um sich darüberzuschwingen, doch da erschien zwischen den Zinnen ein vierschrötiger Kastilier. Yazid erkannte in ihm den Mann wieder, dem er vor Jahren in der Alhambra Rache geschworen hatte.
    »Schlag ihn nieder, Musheer!«, brüllte er seinem Freund zu, doch noch ehe sich Musheer ihm zuwenden konnte, donnerte Don Juan ihm seinen Panzerhandschuh ins Gesicht, und als Musheer die Brüstung auch dann noch nicht losließ, knallte er ihn ihm auf die Hände. Mit einem gellenden Schrei stürzte Musheer in die Tiefe. Yazid biss die Zähne zusammen und hetzte weiter nach oben.
    Inzwischen fochten die beiden Männer, die unter Musheer auf der Leiter gestanden hatten, mit ihren Schwertern gegen Don Juan. Der jüngere versuchte die Mauer zu erklimmen, aber da tauchte an der anderen Zinne ein dunkelgelockter Hüne mit auffallend grünen Augen auf, dessen Gesichtszüge Yazid an den Mann erinnerten, der Don Juan damals in die Alhambra begleitet hatte, allerdings meinte Yazid sich erinnern zu können, dass jener braune Augen gehabt hatte. Der Hüne brüllte Don Juan etwas zu, dann beugten sie sich beide zugleich über die Zinnen, packten die Leiter und warfen sie um. Die Schreie der Stürzenden gingen im Kampfgebrüll der anderen unter. Viele von ihnen blieben reglos liegen, aber auf einen bloßen Wink von Yazid hin stürmte sofort die nächste Gruppe nach. Sie stiegen über die Leichen ihrer Landsleute, richteten die Leiter wieder auf und erklommen sie erneut, und genauso war es überall: Wie nie versiegende Wellen versuchten die Mauren immer und immer wieder über die Mauer zu kommen, gewiss, ihr Ziel schlussendlich doch zu erreichen.
     
    Yazid war gerade wieder hinabgestürzt, als er sah, dass sich das Stadttor öffnete. Ein größerer Trupp Christen in schweren Rüstungen ritt heraus. Ein Teil von ihnen nahm sich als Ziel die ihnen am

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