Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Maurin

Die Maurin

Titel: Die Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
Vom Netzwerk:
»Zahra, du stehst an einem Scheideweg. Entweder du folgst dem Althergebrachten und den Gesetzen deiner Väter – oder du machst es wie ich und nimmst dein Schicksal selbst in die Hand. Ich kann dir nicht versprechen, dass du dabei dein Glück finden wirst, aber zumindest musst du dir später keine Vorwürfe machen, nicht wenigstens versucht zu haben, dem Schicksal, das dir andere aufbürden wollen, zu entgehen.
Allahu akbar,
Gott ist groß!«
    Zahra seufzte und dachte daran, wie heftig Hayat und sie letzte Nacht wieder geweint hatten. Ebenso wie Hayat die Rückkehr zu ihrem Mann fürchtete, schauderte Zahra bei dem Gedanken, ihr weiteres Leben an der Seite des feisten Ibrahim führen zu müssen. Nur ein paar Tage wollte sich ihr Vater von den Strapazen der Schlacht um Alhama erholen, um dann unverzüglich mit ihnen nach Marokko aufzubrechen. Als Abdarrahman noch in Alhama war, hatte ihre Mutter sie trotz seines Verbots weiter zu Aischa gehen lassen und auch Hayat manchen Freigang gewährt. Zahra vermutete, dass ihre Mutter ahnte, wer hinter der Befreiung des Sklaven der Nachbarn steckte, und sie ihr Verhalten tief in ihrem Herzen billigte, auch wenn sie dies nie hätte zugeben können. Und als ihr Vater zurückgekommen war, war er vom Ausgang der Schlacht so niedergeschlagen gewesen, dass er sich über Leonors Eigenmächtigkeiten kaum hatte aufregen können.
    »Sei es drum«, hatte er gebrummt. »In einer Woche bringe ich die Mädchen ohnehin zu ihren Männern. Sollen sie bis dahin weiter tun, was du für richtig hältst.«
    Zahra sah Aischa an und stöhnte. »Ist Euch bewusst, was Ihr da von mir verlangt?«
    »Das Leben ist hart und ungerecht. Je früher du das begreifst, umso besser!« Für einen Moment verschatteten sich Aischas Augen, und sie schien in der Vergangenheit zu versinken, einer Vergangenheit, in der sie so manch verheißungsvolle Knospe hatte heranwachsen sehen, ohne je in den Genuss gekommen zu sein, später auch die Blüte in der Hand halten zu dürfen. Das hatten stets andere getan. Dennoch würde sie auch heute wieder die gleichen Wege beschreiten, weil es ihre Wege waren. Energisch strich Aischa ihr Haar zurück und sah Zahra direkt in die Augen. »Ich kann verstehen, wenn du trotz allem das Leben vorziehst, das dein Vater für dich vorgesehen hat. Aber wie wirst du dich fühlen, wenn Granada untergeht und du weißt, dass du das hättest verhindern können?«
    Zahra schluckte. »Ich … Beim Allmächtigen! Natürlich liebe ich mein Land und will alles für seinen Fortbestand tun, aber diese Reise nach Almería … Sie macht mir Angst! Und was soll ich tun, wenn sich Boabdil nicht von mir überzeugen lässt?«
    »Boabdil hat mit dir zurückzukommen«, fiel Aischa ihr hochfahrend ins Wort. »Er ist es seinem Geschlecht, den Nasriden, schuldig, seiner Verantwortung gegenüber Granada nachzukommen.«
    »Und wenn er sich mit Euren Verbündeten nicht gegen Hassan und sein Gefolge durchsetzen kann?«
    »Das wird er!«
    »Aber meine Familie …« Zahra strich sich über den Hals. »Ihr wisst, was mein Vater mit mir macht, wenn ich so kurz vor der Reise zu meinem zukünftigen Mann verschwinde!«
    »Wenn Boabdil erst der neue Herrscher des Königreichs Granada ist, wird er seine schützende Hand über dich halten, und dein Vater wird sich wie jeder andere seinem Willen fügen. Außerdem musst du die Reise nicht allein antreten. Kafur begleitet dich. Und er weiß auch, wo Boabdil sich derzeit aufhält.«
    Ein siebzehnjähriges Mädchen und ein gichtkranker Eunuch unterwegs zur Rettung des Maurischen Reichs, frotzelte Zahra in Gedanken, doch das war nichts als Galgenhumor. Plötzlich kam ihr Gonzalo in den Sinn. Wenn ihre Hochzeit platzte und sie weiter an Aischas Seite bleiben konnte, könnte es sein, dass sie ihn wiedersah. Immerhin war er schon einmal für Verhandlungen in die Alhambra gekommen …
    Giftiges Zetern drang von der Treppe vor der großen Eingangstür her zu ihnen und riss sie aus ihren Gedanken.
    »Und ob du mich jetzt einlässt«, zischte Isabel de Solís Kafur an. »Ansonsten werde ich Hassan sagen, dass du in die Intrigen verwickelt bist, die diese Hexe gegen ihn spinnt! Ich weiß genau, dass der Wesir und ein Faqih bei ihr sind, und das, obwohl Hassan ihr den Kontakt mit Angehörigen seiner Regierung ausdrücklich untersagt hat.«
    Zahra, die wusste, dass Kafur die Eingangstür selbst dann nicht freigeben würde, wenn Isabel ihm ein Messer an den Hals setzte, sah beklommen zu

Weitere Kostenlose Bücher