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Die Maurin

Die Maurin

Titel: Die Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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der
almojábana,
ein frittierter Quarkkuchen mit Zimt und Honig. Mit einem wohligen Seufzer ließ sie sich nieder und wusste kaum, was sie zuerst probieren sollte.
    Auf Kafurs Rat hin kam Zahra während des Essens mit keinem Wort auf die Geschicke Granadas und Aischas Plan zu sprechen, und auch als sie später in der Bibliothek noch einen Granatapfelsaft tranken, unterhielt sie sich mit Boabdil vor allem über seine Studien – obwohl sie ihn am liebsten am Arm gepackt, auf ein Pferd gesetzt und ihn auf direktem Weg nach Granada gejagt hätte. Schließlich kam Boabdil wenigstens indirekt auf Granada zu sprechen: »Schon in der Alhambra habe ich meine Tage größtenteils mit Büchern zugebracht. Wahre Alternativen boten sich ohnehin nicht; meine Kontakte zu Gleichaltrigen waren auf die wenigen Stunden mit meinem Bruder Yussuf, Ismail, deinem Bruder Raschid oder dir beschränkt.« Als er weitersprach, war die Bitterkeit in seiner Stimme nicht zu überhören: »Manchmal stehe ich am Fenster und sehe zu, wie die Kinder hier in den Gassen Versteck spielen, wie sie sich necken und ausgelassen herumtoben. Dergleichen habe ich nie erlebt, selbst mit dir nicht, Zahra, weil meine Erzieher niemals erlaubt hätten, dass ich in schallendes Gelächter ausbreche oder wie ein Bauernbub durch die Gärten fege. Diese Freiheit hattest nur du. Darüber hinaus gab es in meinem Leben nur meinen Vater, der mich mied, als litte ich an Aussatz, und meine Mutter, für die ich vor allem ein Machtpfand war.«
    »Wie kannst du das sagen?«, entfuhr es Zahra. »Aischa liebt dich mehr als ihr eigenes Leben!« Sie erschrak und wurde rot. »Entschuldigt, mein Gebieter, ich weiß, dass es mir nicht zusteht, Euch zu widersprechen und Euch zu …«
    »Bleib ruhig beim Du«, unterbrach Boabdil sie mit einem herzlichen Lächeln. »Schon so viele Jahre habe ich das niemanden mehr zu mir sagen hören. Wen auch? Seit meiner Flucht aus der Alhambra bin ich fast nur von Leibwächtern umgeben. Außerdem haben wir uns als Kinder doch auch geduzt!«
    Die Freude über diesen Vertrauensbeweis ließ Zahras Wangen noch tiefer erröten.
    »Und wegen meiner Mutter …« Boabdil unterbrach sich. »Ich würde eher sagen, meine Mutter liebt die Macht, und ich bin ein geeignetes Mittel für sie, um diese wieder zurückzugewinnen, nachdem sie meinen Vater und damit ihre Stellung im Reich an Soraya verloren hat.«
    »Ich glaube, du verkennst deine Mutter«, gab Zahra zurück. »Nach außen erscheint sie zwar hart und unnahbar, aber hinter dieser Maske verbirgt sich eine empfindsame Frau. Vergiss nicht, wie oft sie schon erfahren musste, was geschieht, wenn man seine Gefühle offen zeigt!«
    Boabdil dachte einen Moment nach und meinte dann leise: »Aber hätte sie sich nicht wenigstens mir, ihrem ältesten Sohn gegenüber öffnen können?«
    Zahra blickte zu Kafur, der, wie es seiner Rolle geziemte, schweigender Zuhörer gewesen war. Nachdem er ihr aufmunternd zugenickt hatte, atmete Zahra tief durch und kam auf ihr eigentliches Anliegen zu sprechen: »Und warum öffnest jetzt nicht du dich ihr gegenüber und suchst einen neuen Anfang mit ihr und deinem Land?«
    »Glaub nicht, ich wüsste nicht, welche Verantwortung mir obliegt. Schließlich habe ich seit meiner Kindheit nichts anderes von meiner Mutter und meinen Erziehern zu hören bekommen. Ein künftiger Emir beklagt sich nicht über sein Los. Er trägt sein Schicksal mit Ergebenheit. Er ist stark, erhaben, gibt sich unverwundbar. Der Allmächtige hat ihn zu Höherem ausersehen, und diesem hat er sich als würdig zu erweisen.« Boabdil ließ den Kopf in die Hände sinken und stöhnte: »Mein Gott, wie oft habe ich mir gewünscht, als der Sohn einer anderen geboren zu sein!«
    Zahra wusste nichts zu sagen. Boabdil zu trösten stand ihr nicht zu. Doch schon einen Moment später sah er wieder auf.
    »Allahu akbar,
Allah ist groß und weise seine Entschlüsse«, sagte er zu Zahra und nickte ihr zu. »Ich werde also mit dir gehen.«
    Zahra freute sich so sehr über seine Zusage, dass sie seine Hände nahm und innig drückte. »Danke, mein Gebieter!« Den Gedanken an ihren Vater und ihren in Marokko auf sie wartenden Bräutigam schob sie weit von sich.
     
    Zum Entsetzen seines Hauptmanns bestand Boabdil darauf, die Rückkehr nach Granada ohne Soldaten und Leibwächter anzutreten.
    »Ich werde ebenso reisen, wie Zahra und der Haremswächter meiner Mutter hierhergelangt sind: als einfache Bauern getarnt. Allerdings nehmen

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