Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Mausefalle

Die Mausefalle

Titel: Die Mausefalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
mir schrecklich peinlich. Es sah ja so aus, als hätte ich ihn des Diebstahls bezichtigt.«
    Sie lachte bei dem Gedanken.
    Poirot jedoch lachte nicht. »Was war das für ein Mann? Beschreiben Sie ihn mir.«
    »Er trug einen braunen Anzug. Ein dünner, schwächlicher junger Mann mit einem unentschlossenen Schnurrbart.«
    »Aha«, sagte Poirot. »Unser Freund von gestern, Hastings. Sie kennen diesen jungen Mann, Mademoiselle. Haben Sie ihn vorher gesehen?«
    »Nein, niemals. Warum?«
    »Nichts. Es ist recht merkwürdig – das ist alles.«
    Er wurde sehr schweigsam und nahm an unserer Unterhaltung nicht weiter teil, bis Mary Durrant etwas sagte, was seine Aufmerksamkeit erregte.
    »Ach, Mademoiselle, was sagten Sie gerade?«
    »Ich sagte, auf meiner Rückreise müsse ich mich vor ›Bösewichtern‹, wie Sie das nennen, hüten. Ich glaube, Mr Wood bezahlt immer in bar. Wenn ich fünfhundert Pfund in Banknoten bei mir habe; könnte ich einem solchen Bösewicht wohl beachtenswert erscheinen.«
    Sie lachte wieder, aber Poirot antwortete nicht. Stattdessen fragte er sie, in welchem Hotel in Charlock Bay sie abzusteigen gedenke.
    »Im Hotel Anker. Es ist klein und nicht teuer, aber sehr gut.«
    »So«, sagte Poirot. »Das Hotel Anker. Genau das Hotel, in dem auch mein Freund Hastings hier übernachten wollte. Wie drollig!«
    Er zwinkerte mir zu.
    »Bleiben Sie lange in Charlock Bay?«, fragte Mary.
    »Nur eine Nacht. Ich habe da etwas Geschäftliches zu erledigen. Ich glaube kaum, dass Sie erraten würden, was ich für einen Beruf habe.«
    Ich sah Mary einige Möglichkeiten erwägen und wieder verwerfen, wahrscheinlich aus einem Gefühl der Vorsicht heraus. Schließlich wagte sie die Annahme, Poirot könne Zauberer sein. Er war höchst amüsiert darüber.
    »Ach! Das ist ja eine Idee! Sie glauben, ich hole Kaninchen aus Hüten? Nein, Mademoiselle. Ich bin genau das Gegenteil von einem Zauberer. Der Zauberer lässt Dinge verschwinden. Ich sorge dafür, dass Dinge, die verschwunden sind, wieder auftauchen.« Er beugte sich dramatisch nach vorn, um seinen Worten größere Wirkung zu verleihen. »Es ist ein Geheimnis, Mademoiselle, aber Ihnen will ich es sagen, ich bin ein Detektiv.«
    Er lehnte sich wieder auf seinen Stuhl zurück, zufrieden mit der Wirkung, die seine Worte erzielt hatten. Mary Durrant starrte ihn mit unverhohlener Verblüffung an. Doch die weitere Unterhaltung wurde unterbrochen, denn eine Hupe draußen verkündete, dass das Straßenmonstrum zur Weiterfahrt drängte.
    Als Poirot und ich den Speiseraum zusammen verließen, bemerkte ich, wie charmant unsere Speisegesellschaft sei.
    »Ja, sie ist charmant. Aber findest du nicht auch, dass sie ein wenig dumm ist?«
    »Dumm?«
    »Nun, sei nicht gleich eingeschnappt. Ein Mädchen kann hübsch sein und kastanienbraunes Haar haben und gleichzeitig dumm sein. Es ist doch die Höhe der Dummheit, zwei völlig Fremde so ins Vertrauen zu ziehen.«
    »Nun, sie konnte ja schließlich sehen, dass wir in Ordnung sind.«
    »Was du da sagst, mein Freund, ist Blödsinn. Jeder, der etwas von diesem Geschäft versteht, wird natürlich erscheinen, als ob er ›in Ordnung‹ wäre. Die Kleine quasselte, sie müsse aufpassen, wenn sie fünfhundert Pfund bei sich habe. Aber jetzt hat sie doch genauso gut fünfhundert Pfund im Koffer.«
    »In Miniaturen.«
    »Genau das. In Miniaturen. Und zwischen dem einen und dem anderen besteht ja wohl ein so großer Unterschied nicht, mon ami.«
    »Aber niemand außer uns weiß davon.«
    »Nur der Kellner und ein paar Gäste an den Nachbartischen. Und zweifellos auch einige Leute in Ebermouth! Mademoiselle Durrant ist charmant, aber wenn ich Miss Elizabeth Penn wäre, dann würde ich meiner neuen Helferin zunächst einmal Nachhilfestunden in gesundem Menschenverstand erteilen.« Er schwieg einen Augenblick und fuhr dann nachdenklich fort. »Weißt du, mein Freund, es wäre das Leichteste von der Welt, einen Koffer aus dem Bus zu holen während wir alle beim Essen waren.«
    »Ach, Poirot, komm, das würde doch jemand sehen.«
    »Ja, und was würde dieser Jemand denken? Doch zweifellos, dass da einer sein Gepäck herausholt. Denn er würde das ganz offen und selbstverständlich tun, und niemand würde sich da einmischen.«
    »Meinst du etwa – aber Poirot – es war doch sein eigener Koffer, oder?«
    Poirot runzelte die Stirn. »Es scheint so. Trotz allem ist es merkwürdig. Er hat nicht seinen Koffer abgeholt als der Bus hier einfuhr. Und ist dir

Weitere Kostenlose Bücher