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Die Maya-Midgard-Mission

Die Maya-Midgard-Mission

Titel: Die Maya-Midgard-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Sieberichs
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sie. "Wir haben nichts zu trinken, aber wenn du was tust, irgendwas tust, außer mir die Haare vom Kopf zu reißen, dann kannst du dir zumindest einbilden, dass das Leben noch einen Rest von Sinn hat."
    Caldera räusperte sich, hustete und wiederholte: "Wasser!" Er erweckte den Anschein, als wolle er noch mehr sagen. Viel mehr. Aber dann schwieg er doch, fuhr mit der Zunge über seine rissigen Lippen und begann zu schöpfen.
    Nach einer Stunde hatten sie das Floß geleert, mit frischem Meerwa sser ausgewaschen, sich ihrer verschmutzten Kleidung entledigt, sie gereinigt und zum Trocknen durch zwei Ösen für Rettungsseile gezogen. Caldera hatte ein paar Wrackstücke aus der See gezogen – eine leere Blechbüchse, eine kleine Kiste und etwas, das wie ein verquollener Tennisball aussah –, und versuchte mit ungeschickten Fingern eine Art Fischfanggerät zu basteln. Virginia fand, dass Ybarra zu Recht Künstler und nicht Handwerker geworden war. Aber sie schwieg. Außerdem hatten sie alle Luken geöffnet, so dass eine frische Brise durch die Kapsel wehte und den säuerlichen Geruch von Galle und Angst endgültig wegblies. Die Leichen hatten sie aus ihren Gedanken verbannt. Carlos hatte die unter dem Floß mit seinen Füßen so lange bearbeitet, bis sie seitwärts weggeglitten war. Virginia hatte in der Zwischenzeit zwei Leuchtraketen, eine aufblasbare Schwimmweste, eine Thermofolie und drei Riegel einer energiereichen Sportlernahrung gefunden. Leider enthielt die Notration kein Elektrolytgetränk, nicht einmal einen Red Bull oder eine Cola Light. Wasser blieb ihr dringendstes Problem.
    " Als du bei Javier in der Pilotenkabine warst, habt ihr da einen SOS-Ruf abgesetzt, kurz vor dem Absturz?", fragte Virginia.
    Carlos lehnte nur mit einem schwarzen Slip und einem Zellophanu mhang bekleidet an dem breiten Wulst der Rettungsinsel und hatte seine Arme um die Beine geschlungen. Trotz der fast schon wieder tropischen Temperaturen fror er immer noch. "Wir haben es versucht", erwiderte er mit rauer Stimme. Salzwasser kratzte in seinem Rachen. "Aber das Funkgerät war wie tot. Nicht mal ein Rauschen. Ich glaube nicht, dass uns irgendwer gehört hat."
    Virginia biss sich auf die Lippen und schaute in den blassblauen Hi mmel, an dem der Mond schon sichtbar wurde. Aus dieser Richtung war also keine Hilfe zu erwarten. "Und wo sind wir ungefähr runtergegangen? Vielleicht ist es ja nicht so weit bis zur Hauptschifffahrtsroute, so dass es sich lohnt, ein paar Leuchtraketen hochzujagen, sobald es dunkel ist?"
    Caldera schüttelte verneinend den Kopf. "Tut mir leid, Feuerfrau. Aber es war ganz komisch. Nach den Instrumenten haben wir von London aus direkten Kurs auf Miami genommen, aber als unter uns schon längst die amerikanische Küste hätte sein sollen, waren wir immer noch über dem Meer. Javier beklagte sich mehrmals, dass die Instrumente völlig verrückt spielten. Er hat so eine Ahnung geäußert, dass wir weit südlich unseres ursprünglichen Kurses sein müssten.  Aber ich weiß nicht. Es war... Für einen Moment hätte ich schwören können, dass die Erdkugel, nein die Achse, ach ich weiß auch nicht, irgendwie die ganze verdammte Erdkruste sich verschoben hat. Lass mal sehen ..." Carlos Caldera guckte in die tiefstehende Sonne und hielt seine erhobene Hand in den Wind. "Also, wenn wir davon ausgehen, dass die Sonne nach wie vor im Westen untergeht, dann treiben wir Richtung Osten. Normalerweise herrscht in diesen Breiten aber ein stetiger Nordostpassat... Deshalb hatten die Spanier immer so große Probleme, mit ihren Galeonen nach Hause zu kommen. Manchmal sind sie monatelang gegen den Wind gekreuzt und doch nur ein paar Meilen ostwärts vorangekommen. Ist also schon ein verdammt großer Zufall, dass wir jetzt Südwestwind haben. Tja, entweder die Sonne geht im Osten unter, oder wir sind in ein paar Monaten in Spanien. Eine andere Lösung sehe ich im Moment nicht."
    " Gibt es denn keine Inseln mehr bis Spanien?", fragte Virginia, die Calderas Ausführungen mit ungläubigem Blick gelauscht hatte.
    " Kommt darauf an, wie weit wir bei unserem Absturz gekommen waren. Angenommen wir sind östlich der kleinen Antillen – na ja, da wären noch die Kapverden, die Azoren und... He, siehst du, was ich sehe, oder hab ich schon Halluzinationen, Feuerfrau?" Caldera zeigte Richtung Osten, wo der Nachthimmel samtblau aufzog.
    Ein ganz schmaler Streifen Horizont war auf der Breite eines Streic hholzes hummerrot angehaucht und von einem

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