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Die Maya-Midgard-Mission

Die Maya-Midgard-Mission

Titel: Die Maya-Midgard-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Sieberichs
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Kapitäne gewagt, die Passage zu durchqueren. Beide waren g escheitert. Francis Drake musste vor den tückischen Untiefen kapitulieren und hatte, um Vorräte zu bunkern, unverrichteter Dinge die bekannten Gewässer um Trinidad im Südwesten angesteuert. Kapitänleutnant Manolo, der Wiederentdecker der Auroren und Beauftragte Simón Bolívars, hatte seinen hiesigen Landungsversuch abgebrochen und einen neuen, erfolgreichen Anlauf weiter nördlich bei La Lune gestartet.
    Der schneebedeckte Gipfel von Auroras heiligem Berg war wie immer jedem Blick entzogen. Die einsame, weiße Wolke, die seit Jahrhunde rten wie die Fahne der Auroren am Gipfel des Cornucopia allen Stürmen getrotzt hatte, musste sich heute der wütenden Witterung beugen und hatte ihren unheilschwangeren schwarzen Verwandten Platz gemacht. Es roch nicht nach Sonne, Salz und Sand wie an allen Tagen, seit Sean und Andhra Gandi vor Jahren aus Indien den Boden Auroras zum ersten Male betreten hatten. Die kalte, feuchte Luft schmeckte alkalisch. Der Geruch und der Geschmack ausgelaufener Batterien drang Sean Gandi in Mund und Nase. Jäh dachte er an seine hochschwangere Frau, Andhra, die in der Höhle gut geschützt war, dann gab er sich einen Ruck und betätigte den Türklopfer aus vergoldetem Messing, der vom skurrilen Wesen der Ms. Mortenson  kündete; er hatte die Gestalt eines Hollywood-Oscars.   
    Cinnamons höchste Erhebung war das Granithaus der spleenigen Amerikanerin. Selbst der laienhafte Betrachter konnte erke nnen, dass Cinnamon vor langer Zeit von der Mutterinsel Aurora abgebrochen sein musste. Ein schmaler Streifen lachsroten Sands mit ein paar Steilklippen im Westen, ihrer Form wegen Cinnamons Cathedral genannt. Von dort stammte auch der rosafarbene Granit, den Ms. Mortenson beim Bau ihres Hauses verwendet hatte. Sean Gandi betete, dass die Alte ihm die Tür öffnete und dass ihr Haus so massiv war, wie es aussah.
     
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    AURORA-ARCHIPEL , wenig später
     
    Siebzehn Minuten später wurden das Aurora-Archipel von einem violetten Wetterschlund verschlungen. Dreiundzwanzig Menschen kauerten tief im Innern eines heiligen Bergs, schwitzten und froren gleichzeitig, stöhnten, keuchten, fluchten oder schwiegen einfach nur, je nach Naturell. Auf Cinnamon waren alle Fenster und Türen des Granithauses zu Bruch gegangen. Mit Salzwasser vermischte Regentropfen wurde den beiden Schutzsuchenden wie flüssiger Amethyst entgegen gespieen, sickerten in Ohren, Augen und Mund, tränkten Haare, Kleider und sogar die Haut.
    Als Caldera seinen eigensinnigen Versuch startete, ins Haup thaus zu gelangen, um mit dem satellitengesteuerten Mobiltelefon seinen lebenswichtigen Notruf abzusetzen, hatte der immer schneller rotierende Sturm das Rolltor der Höhle gepackt und mit roher Gewalt eingedrückt, als wäre es aus Pappmaché. Mehrere Menschen im Eingangsbereich wurden durch umherfliegende Holzspäne und Splitter von der Größe eines Unterarms verletzt. Kautsky hatte eine heftig blutende Verwundung in der Leistengegend davongetragen und krümmte sich vor Schmerzen. Seine linke Körperhälfte war gespickt mit Holzsplittern. Mit dem Gürtel Yaphet Kialus versuchte Daria abzubinden, was nicht abzubinden war. Die Wunde blutete heftig. Kati Martens kümmerte sich um weitere Verletzte. Der Hurrikan ließ ihnen keine Zeit für eine gründliche Versorgung der Opfer. Sie mussten vom Höhleneingang weg, so lange der Sturm das noch zuließ.
    Die Menschen waren im Schockzustand, teilnahmslos, wie gelähmt. Einige wimmerten, andere sangen, schrieen oder fluchten. Vielleicht war es auch ein Gebet. Verstehen konnte es keiner. Das Rauschen übertönte alles. Sogar die Angst. Wie in Trance hockte das Häuflein Geschlagener da, und Schauer oder Schüttelfrost durchzuckten ihre windelweichen Körper. Caldera und Gluth hatte jegliche Lust am D ebattieren verloren. Der ewig nörgelnde Franzose war verstummt. Was zählte, war allein das Überleben. Doch das wurde minütlich schwerer. Durch den zerstörten Windschutz am Höhleneingang hatte sich die Höhle in einen grauen Schlund verwandelt. Der Hurrikan brauste an ihr vorbei, und seine Geschwindigkeit produzierte einen tödlichen Sog. Endlich flohen die Menschen tiefer in die Höhle hinein, krallten sich mit Fingernägeln und Zehen in jede Ausbuchtung, verzweifelt bemüht sich nicht vom gefräßigen Unwetter verschlingen zu lassen. Ihre Welt bestand nur noch aus Rauschen.

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