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Die Maya-Midgard-Mission

Die Maya-Midgard-Mission

Titel: Die Maya-Midgard-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Sieberichs
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sehen."
    "Vielleicht hat es einfach mehr Sonne nlicht gespeichert als andere Pflanzen, und ich spüre deshalb diese Wärme, dieses elektrisierende Kribbeln", hatte Flavia gemeint.
    "Eine Form der Energie scheint es zu sein, das ist wahr. Palika und ein paar andere behaupten sogar, dass sie diese Energie manchmal sehen könnten. Sie behaupten, dass sie die Gloriola wie ein dünner Nebel umgibt. Aber wie gesagt, noch fehlt uns das... das Begreifen."
    Dass sich ein Teil des Geschehens auf dieser verzauberten Insel ihrem Verständnis entzog, davon mußte Flavia di Fulminosa nicht erst überzeugt werden. Doch zum Verstehen war sie da, und deshalb würde sie auch noch eine ganze Weile bleiben. Das Kentern und der Untergang der Sunwing verblaßten schon zu nichts weiter als einer pikanten Geschichte. Inmitten des heftigsten Sturmes war Flavia von den Wellen ihrer eigenen Erregung überflutet worden. Dieser Orgasmus hätte sie beinahe das Leben gekostet. Nur weil Baldini schon vor ihr fertig ge-wesen war, hatte er die Gefahr als erster gespürt, und die Kabine der Sunwing II so rechtzeitig verlassen können, dass ihm – im Gegensatz zu ihr – keine umherstürzenden Einrichtungsgegenstände ins Kreuz krachten. Die Banktruhe mit den Vorratskonserven mußte sich aus der Verankerung gerissen haben. Nur ihr Gewicht konnte für Flavias Schienbeinbruch verantwortlich gewesen sein. Als sie sich schließlich aus der gekenterten und rasch sinkenden Yacht ins offene Wasser ge-rettet hatte, war es zu spät gewesen, um eine Schwimmweste aufzutreiben. Wahrscheinlich verdankte sie ihr Leben ihrer Nacktheit. Mit zentnerschweren, nassen Klamotten und einem verletzten Bein wäre sie des Schwimmens unfähig wie eine abgebrochene Galionsfigur im Meer versunken. Schnell hatte sie ihr Bewußtsein verloren. Der Schmerz war so unerträglich gewesen, dass ihr Nervenzentrum gnädig den Empfang eingestellt hatte. Als sie zu sich kam, hatte Palika sie bereits in die Obhut von Bekka gegeben. Und den weiteren Verlauf des Großen Sturms hatte sie dank der Heilkunst Bekkas und der beruhigenden Wirkung eines aromatischen Tees aus Gloriolablättern mehr oder minder verschlafen. Todesangst oder auch nur Panik waren ihr erspart geblieben. Ja, sie fühlte sich wohl unter den Menschen auf Grand Karaiba. Sehr wohl. Die Insel und ihre Bewohner waren die Belohnung für ihr Überleben. Zufall oder Fügung? Auf alle Fälle genoß sie ihr Hiersein. Ohne die Indios hätten sie kaum überlebt. Mit Hilfe der Inselbewohner war das Erlebnis des Weltuntergangs ein echtes Abenteuer geworden. Und dann waren da noch diese inneren Veränderungen…
    Die Kamkin Indianer waren sehr beherrschte und äußerst besonnene Menschen, die mit ihrer Würde auch eine höchst ansteckende Ruhe ausstrahlten. Bekka hatte ihr alles über die Gemeinschaft der Kamkin erzählt. Die meisten waren keine reinrassigen Indianer. Es gab nur wenige, die sich ihrer Vorväter und ihrer Herkunft bewußt waren. Das indianische Leben betrachteten sie mehr als Berufung denn als Erbe. Sie verglichen sich selbst mit einer Hippie-Kommune der frühen Siebziger. Die meisten Kamkin waren in den USA geboren oder in Mit-telamerika. Weiße, Mischlinge, einige Hispanos. Es gab sogar einen Afrikaner und einen Portugiesen in ihrer kleinen Gemeinde. Viele hatten früher in einem normalen Leben mit ganz gewöhnlichen Berufen gelebt, bevor sie durch Zufall oder nach langer Suche hier gelandet waren.
    Flavia war begeistert von der harmonischen Ausstrahlung dieser Gruppe von Menschen und studierte nun die Gebräuche der Ka mkin, um die Magie des Inselvolks zu ergründen.
    Ins Gemeindehaus, ein freistehendes Rundhaus, das im Grunde nur ein ins Erdreich versen ktes mit Palmblättern bedecktes Holzgerüst war, hatten sie sich auf Weisung ihres Häuptlings während des Sturms allesamt zurückgezogen, Maté getrunken, Lieder gesungen und sich gegenseitig Körperwärme und Zuspruch gespendet. Die entspannte Ruhe im Schutz des Rundhauses bildete einen beinahe greifbaren Gegensatz zum heulenden Sturm draußen. Und selbst als später das Klatschen schwerer Regentropfen, die wie kleine Bomben auf das Dach prallten, den Sturm übertönten, hatten die Kamkin keine Anzeichen von Angst erkennen lassen, waren lediglich ein wenig näher zusammen gerückt. Flavia war beeindruckt von der körperlichen Nähe der Menschen. Die Kamkin kannten keinerlei Scheu oder falsche Scham, ohne dabei jemals aufdringlich oder sexuell besonders exaltiert zu

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