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Die Maya-Midgard-Mission

Die Maya-Midgard-Mission

Titel: Die Maya-Midgard-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Sieberichs
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Wohltäter sei, der über wunderbare Kräfte verfüge. Sieben glückliche Jahre lang war die Grafschaft ein friedliches Refugium, fristeten ihre Bewohner ein behütetes und zufriedenes Leben inmitten eines zerrissenen Landes.
    Doch wie Meldoc einst die Spanne der go ldenen Zeit erkannt hatte, so deutlich sah er jetzt die Vernichtung voraus. Fluch und Segen zu erkennen und davon zu künden, das war sein Schicksal. Deshalb riefen die Leute ihn Openeye; aus diesem Grunde wusste er, dass König Harold gefallen war und der Tag seines eigenen Todes angebrochen. Nie zuvor hatte Meldoc Wynfír sich geirrt; nicht, wenn seine Entschlüsse sich auf die Unbestechlichkeit seiner Visionen gestützt hatten. Und nie zuvor hatte er so sehnlichst gehofft, sich zu irren.
    Die emsige Regsamkeit, die sich zu solch früher Morgenstunde im Burghof und auf den Mauern rührte, stärkte die Berei tschaft seiner Leute zur Verteidigung. Eine wirkliche Chance zum Überleben gab sie ihnen aber nicht. Greenwold Castle war keine Burg im eigentlichen Sinne: eher ein Herrengehöft mit besonders starken Mauern. Graf Meldoc wusste, dass er und seine Getreuen gegen die kampferprobten Bogenschützen und bestens gerüsteten Schwertkämpfer des Herzogs William aus der Normandie, der dereinst Eroberer geheißen werden würde, nicht lange standhalten könnten. Deshalb hatte er jedem einzelnen Mann seiner verbliebenen Truppe freigestellt, mit ihm gemeinsam im Kampf zu sterben, oder den Geleitschutz der gräflichen Familie zu verstärken. Siebzehn mutige Männer hatten sich – den sicheren Tod vor Augen – ihm angeschlossen. Als Belohnung für ihre Treue, hatte Meldoc Wynfír ihnen am Abend vor dem Sturm mit der Kraft seines zweiten Gesichts die Zukunft ihrer Familien beschrieben. Außerdem hatte er das geheimnisvolle Buch herumgereicht, das sein Onkel ihm als Geschenk von einer Vinland-Reise mitgebracht hatte. Dieses Buch war aus ihm unbekannten Stoffen gefertigt. Er wusste nicht, ob die Grundlage Holz war oder nur eine besonders feste Pflanzenfaser. Die große Sonne auf dem Buchdeckel war jedenfalls aus Gold ziseliert und von fünf kleinen Sonnen umgeben; die Texte im Innern zum großen Teil in einer nie gesehenen, bunt gefärbten Zeichensprache verfasst. In Form und Anordnung erinnerten ihn manche dieser magischen Zeichen an die Steinsäulen und Steinkreise von Wiltunscir: Ein Wald von steinernen Bäumen. Andere zeigten Fratzengesichter furchterregender Gestalten, die halb Mensch halb wildes Tier waren. Betrachtete man die Bilder schnell hintereinander, so war es, als würden sie lebendig werden. Sie setzten sich in Bewegung und erzählten eine ganze Geschichte. Schade, dass er nicht die Zeit gehabt hatte, seinen Onkel ausführlicher über die Herkunft und Bestimmung des Buches der sechs goldenen Sonnen zu befragen. Leif hatte in aller Hast berichtet, dass er das Buch einem greisen Wikinger auf Vinland, der behauptete, das Buch der Sonne sei schon seit neun Generationen in Besitz seiner Sippe, für den Gegenwert eines Pferdes und eines Kruges mit Honig abgeschwatzt hatte. Die goldenen Strahlen der sechs Sonnen, die Wärme, die sie ihrem Betrachter selbst in frostigen Gefilden zu schenken schienen, hatten Meldoc gebannt. Doch was sollte man mit dem Zeugnis des fremden Volkes anfangen? Einzig die hastig hinzugefügten Seiten in Runenschrift hatte Ansgard Meldoc am Abend vor ihrer Abreise übersetzen und erläutern können. Diese Bruchstücke einer Geschichte um die magische Macht der sogenannten Sechsten Sonne genügten jedoch, um die Zurückgebliebenen vom drohenden Geschehen abzulenken. Graf Meldoc musste die Legende wieder und wieder erzählen. Er tat es geduldig und in der Hoffnung, dass die Ahnung einer anderen Ebene des Seins seinen Getreuen Trost und Zuversicht spenden könne; dass die Gewissheit ins Licht und nicht ins Dunkel zu gehen, ihnen das Scheiden leichter machen würde.
    Aus der Ferne ertönte der Warnruf eines Eichelhähers. Über dem Wald sahen die Männer einen Schwarm Krähen aufsteigen. Die R abenvögel kreischten ärgerlich und schlugen aufgeregt mit ihren schwarzen Schwingen, als wollten sie einen unsichtbaren Störenfried vertreiben. Fernes Hufgetrappel schwoll zu einem Orkan. Kaninchen, Rebhühner und ein paar Rehe stoben in wilder Panik aus dem dichten Unterholz in alle Himmelsrichtungen davon, gerade so, als stünde der Wald in Flammen. Schon gellte den Verteidigern von Greenwold Castle das schrille Kampfgeschrei der Normannen in

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