Die Maya-Midgard-Mission
erleben. Noch wird mir Gerechtigkeit widerfahren. Ich hinterlasse euch die Schriften, die die rechtmäßigen Ansprüche auf meine Privilegien beweisen..."
" Reg dich nicht auf, Vater", sagte Don Diego Colón, der am Fußende der Bettstatt stand. "Wir sind bestens versorgt. Für alle Zeiten. Auch ohne Privilegien."
" Fernando", flüsterte Kolumbus mit sichtlicher Anstrengung, und ohne auf Diegos beschwichtigende Worte einzugehen. "Du allein kannst meine Ehre wiederherstellen. Nach meinem Tode musst du aufbrechen und nach den Büchern der Sechsten Sonne suchen..."
" Aber Vater", sagte Fernando und legte dem Sterbenden eine Hand auf die Stirn. "Du hast deine Ehre niemals verloren. Dir ist Unrecht widerfahren. Und das werde ich nicht dulden. Ich bin dein Sohn. An mir soll es liegen, wie die Kommenden deine Größe begreifen werden. Ich werde mein Bestes geben, wie du es schon immer getan hast. Doch die Bücher hast du zeitlebens vergeblich gesucht. Wo sollte ich, der ich bei weitem nicht über dein Wissen und deine Fähigkeiten verfüge, fündig werden? Ich bin kein Held, wie du. Kein Entdecker. Kein Seefahrer. Ich will ein Bücherschreiber sein. Ich werde dein Biograph, Vater."
Kolumbus griff nach der Hand Fernandos, die noch immer auf seiner Stirn ruhte. Mit großer Anstrengung drückte er sie fest und richtete sich auf. Und ein letztes Mal flammte auch das Feuer in seinen Augen wieder auf, das eigentlich schon lange erloschen war. "Mi honra! Bei meiner Ehre, Sohn. Ich weiß, dass du aller Welt von meinen Taten berichten wirst. Doch wie viel heller wird mein Licht leuchten, wenn ich den Menschen ihren größten Schatz zu Händen gebe. Alles Gold Indiens wird neben den Büchern der Sechsten Sonne verblassen. Ich weiß es, ich spüre es. Göttliche Vorsehung hat mich die Indischen Lande befrieden lassen. Und des allmächtigen Herrschers Wille wird es auch sein, seine Bücher durch euch, meine Söhne, in meine Hände zu legen."
Fernando fing einen finsteren Blick seines älteren Halbbr uders auf. Er wusste, dass Diego nicht die beste Meinung von seinem Vater hatte, nicht den Bruchteil der Liebe des Jüngeren für ihn hegte, ja, ihm nicht einmal das gebührende Maß an Achtung zubilligte, das ihr Vater – wie jeder andere Vater auch – verdient hatte. Er wusste auch, wo der Grund für das gestörte Verhältnis zwischen dem Erzeuger und seinem Erstgeborenen lag. Diego machte Vater für den frühen Tod seiner Mutter, Doña Felipa Perestrello e Moniz, verantwortlich. Vielleicht hatte er nicht einmal Unrecht. Fernando erinnerte sich, dass Vater niemals den Willen gezeigt hatte, seiner – Fernandos – Mutter, Beatriz Enríquez de Arana, die ihr gebührende Ehre der Ehelichung zuteil werden zu lassen. Er ahnte, dass diese Verweigerung in dem tiefen Verlangen seines Vaters nach gesellschaftlicher Anerkennung wurzelte. Der Admiral wollte ein Adeliger unter Adeligen sein; und eine Frau einfacher Herkunft, wie seine Mutter es nun einmal war, wäre ein rechter Hemmschuh gewesen. Doch Fernando mochte diese Betrachtungen nicht vertiefen. Dem Blick seines Bruders zum Trotz sagte er: "Wir werden alles in unserer Macht stehende unternehmen, deine Wünsche zu erfüllen, Vater. Aber nun ruh dich aus! Estrella bringt dir Kräuterwickel und kühlende Tücher. Vielleicht möchtest du einen Schluck von dem portugiesischen Wein, den Diego dir mitge..."
" Nein, Fernando, nein! Ich habe kein Fieber. Du hast mich nicht verstanden", sagte Kolumbus mit allem Nachdruck, zu dem er noch fähig war. "Auf meiner letzten Fahrt, auf der du mich begleitet hast, bin ich dem Geheimnis der Sechsten Sonne auf die Spur gekommen. Ich weiß jetzt, wo die Bücher sich befinden. Glaube mir, mein Sohn. Du musst eine erneute Fahrt wagen. Diego wird beim König vorstellig werden, um uns seiner Gunst zu versichern. Nicht wahr, Diego, das wirst du doch?"
Don Diego Colón, der zur Leibwache König Ferdinands gehörte, nickte bejahend. Aber seine Augen verrieten, dass er nichts de rgleichen beabsichtigte.
" Wie hast du das Rätsel gelöst?", fragte Fernando schnell, um von Diegos wenig überzeugender Antwort abzulenken.
Kolumbus versuchte seinen jüngeren Sohn mit Blicken zu beschw ören. "Erinnerst du dich an das Boot mit Eingeborenen, das wir vor den Islas de la Bahía aufgebracht haben. Es war mit 25 Eingeborenen bestückt und hatte Textilien, Töpfereien, Steingeräte und Sklaven an Bord."
" Ich erinnere mich", sagte Fernando nachdenklich. Durch die
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