Die Maya Priesterin
Monaten Unruhe zu stiften. Sie alle sollen getaufte Maya sein, die sich von unserem Glauben wieder losgesagt haben. Man nimmt an, daß sie vor den Soldaten tief in den Dschungel geflohen sind. So können sie vorerst in den Städten keine Blutbäder mehr anrichten und in den Dörfern der getauften Maya auch keinen Aufruhr mehr schüren.
Aber um so mehr bist nun Du gefährdet, Fray Diego! Ihr Zorn auf uns Christenmenschen soll unstillbar sein. Angeblich versetzt der bloße Anblick weißer Haut sie in einen Blutrausch. Und in ihrem Haß auf Priester unserer Kirche, heißt es, kennen sie weder Erbarmen noch Maß.
O besäße ich doch die Macht, Dich aus der Wildnis hierherzuholen, in die Sicherheit unserer Klostermauern! Aber meine Stimme hat kaum mehr Gewicht, seit gewisse Veränderungen vorgegangen sind, über die ich leider Stillschweigen bewahren muß.
Nimm Dich in acht, alter Gefährte! Sei argwöhnisch gegenüber jenen, die Dich um Obdach bitten. Bleibe fürs erste in der Station, die Dir und den Deinen zumindest einen gewissen Schutz gewährt. Sei auf der Hut vor jedem , der Dich, unter welchem Vorwand auch immer, tiefer in die Wildnis locken will!
Ich schließe Dich in meine Arme, Frater. Ich segne Dich und bete für Dich Tag für Tag.
Al s Fra y Dieg o wiede r aufsah , wa r auc h Cristóba l i n die Kamme r getrete n . »Ei n Brie f au s dem Kloster? Darf ich erfahren, was der ehrwürdige Abt schreibt?« Gierig haftete sein Blic k a n de m Schreibe n i n Diego s Han d .
»Oh, nicht s ... wa s nich t bi s späte r Zei t hätte .« Der Pater faltet e da s Blat t zusamme n un d scho b e s i n sein e Kutte . Ic h bin verlor e n , dacht e er , wi r all e sin d sozusage n scho n tot ! Zor n und Selbstmitlei d stiege n i n ih m auf , ein e Mischun g s o bitte r wie Galle . Sie haben uns aufgegeben, dachte er, mich und Hernán un d soga r de n fromme n kleine n Cristóba l . Si e sind es, die uns zum Opfer brin ge n - die Kirchenfürsten und Klosterväter Christi ! Möge n di e Rebelle n hie r drauße n i m Dschunge l ruhig unse r Blu t vergieße n - Hauptsache , di e Städt e un d Klöster bleibe n verschont ! O Pedro , dacht e er , stan d e s wirklic h nich t in deine r Macht , fü r unser e Sich e rhei t z u sorgen ? Zumindes t für ein paar Tage oder Wochen, bis die Rebellen gefaßt und eingekerker t sind?
Jetzt erst wurde ihm bewußt, daß alle Anwesenden ihn ansahe n . Cristóba l sorgenvoll . Hernán lauern d . Raúl undurchdringlich wie stet s . Weitau s stärke r a l s all e anderen spürte er den Blick der Fremde n . Brennen d . Bedrängen d . So intensiv , al s o b si e ih n mi t de r Han d berührte . E r verschränkte die Arme vor der Brus t . »Hernán, dank e Raú l fü r seinen Botendienst . Un d schick e ih n hinau s z u Jorg e un d Migue l .«
De r M e stize übersetzte. Au s schmale n Auge n war f Raú l dem Pater einen Blick zu, dann schlüpfte er aus der Kammer. Hernán schlo ß hinte r ih m di e Tü r .
»Frag e sie , wi e si e heißt .« Mi t de m Kin n deutet e Fra y Diego z u de r Fremden , di e noc h imme r au f de r Ban k saß , de n R ü cken gege n di e s chwarz e Wan d gelehn t . »Ic h wil l ihre n Namen wisse n . Wo sie herkommt, wo sie hin wil l . Waru m si e gerade hie r übernachte n wil l . Und nicht bei ihresgleichen draußen im Wal d .«
Auc h e r setzt e sic h nu n wiede r au f di e Ban k ih r gegenübe r . Noc h imme r vermie d e r ihre n Blick . Waru m wa r e r Cristóbals Frag e ausgewichen ? Weshal b hatt e e r nich t offe n erwidert , daß Abt Pedro den Verdacht bestätigte, der ihm selbst vorhin schon gekomme n war ? Natürlic h bestan d di e Möglichkeit , da ß die Fra u sic h verstellt e . F a ll s si e doc h genügen d Spanisc h sprach, um seine Worte zu verstehen, war es nicht ratsam, in ihrer Gegenwart offen zu spreche n . Abe r da s wa r nich t de r wahre Grun d .
Tatsächlic h hatt e e r soga r mehrer e Gründe , Pedro s Warnung für s erst e z u verschweige n . E s wa r besser, wenn seine Schützling e nich t erfuhren , i n welche r Gefah r si e schwebte n . Dieses Wissen würde nur ihren Lebensmut l ä hmen, anstatt ihre Aufmerksamkeit zu schärfe n . Ode r si e z u unbedachten Reaktione n gegenübe r de r Fremde n verleiten , di e ih n noch imme r unverwand t ansa h . Alles sprach dafür, daß sie zu den geflohene n Mörder n vo n Sa n Benit o gehörte . Be i diesem Gedanken empfand er einen fast unerträglichen Schmer z .
De r Mestiz e wa r nebe n
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