Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Maya Priesterin

Die Maya Priesterin

Titel: Die Maya Priesterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
Vom Netzwerk:
n langer Tisc h . Alle s gro b gezimmer t au s de n Überreste n de s Haushalts vo n Pate r Ramó n .
    Mit einer Handbewegung bat er die Besucherin Platz zu nehme n . E r selbs t lie ß sic h au f de r Ban k ih r gegenübe r nieder .
    »Versteh t Ih r mein e Worte , Señorita ? Wa s führ t Euc h hierher?« Si e verneint e mi t de n Auge n . E s wa r nich t anders , al s er vermute t hatte : Auße r ihre r eingelernte n Bitt e verstan d si e kein kastilisches Wor t . Fü r eine n Momen t schie n si e geradezu bestürzt , da ß e r spanisc h mi t ih r sprac h . W a s hatt e si e erwartet?
    Schweigend sah sie ihn a n . Wi e dunke l ihr e Auge n waren, funkelnde Schwärze. Er erwiderte ihren Blick und verspürte eine n jähe n So g . Sehnsucht und Entsetze n . Fetze n eine s Traums fiele n ih m ein , sei t Jahre n imme r wiede r geträumt . E r s t and hoch obe n au f eine r Klippe . Au f einma l sa h er , da ß e s de r Ran d des Weltraum s war . Ei n So g erfaßt e ihn , dan n verlo r e r das Gleichgewich t un d stürzt e i n de n kosmische n Abgrun d hinab ...
    Traumspuk ! Gewaltsa m ri ß e r seine n Blic k vo n ihre n Augen lo s . Unheim l ic h wa r dies e Frau , da s wild e Weib , wi e e r si e im stille n nannte . Dabe i sa ß si e gan z ruhi g vo r ih m un d sa h ihn unverwand t a n . Ei n junge s Gesicht , glat t un d unbeweg t . Abe r er spürte , da ß si e sic h mi t äußerste r Kraf t beherrschte . Innerlich aufgepeitscht wie ein e stürmisch e See . Un d wi e sein e eigene Seel e . U m Himmel s willen , fragt e e r sic h wieder , wa s is t nu r los mi t mir?
    »Hernán , wo bleibst du denn!« Schon zum zweiten Mal rief er nac h de m Mestize n . E r gestikuliert e zu r Tü r hin . »Mein Dolmetsche r . Gleic h .«
    Au f einma l öffnet e si e de n Mun d un d began n ih n mi t Worten z u überschütte n . Ihr e Stimm e wa r hel l un d ei n weni g heiser . Anmutig klang ihre Rede, eindringlich und melodisc h . Nur verstan d e r leide r kei n einzige s Wort . Er schüttelte den Kopf und hob die Schulter n . Zum ersten Mal bedauerte er, daß er die Sprach e de r May a nich t beherrschte . Un d wiede r wa r ihm , als könn e si e fü r eine n Augenblic k ihr e Bestürzun g nich t verberge n . Bestürzun g worüber ? Da ß er , ei n kastilische r Priester , ihren Dialek t nich t verstand?
    »Hern á n! « Noch während er rief, ging die Tür auf, und der Mestiz e erschie n . »Endlich! Du mußt uns dolmetsche n .«
    De r Mestiz e ta t eine n zögernde n Schrit t übe r di e Schwelle . Sein Blick haftete auf der Besucherin. Hinte r ih m glit t eine schmal e Gestal t i n di e Kammer , mit katzenhafter Geschmeidigkei t . Raúl! Ein Schrecken durchfuhr Diego, dann ers t sa h e r da s Kuver t i n Raúl s Han d . Ei n Brie f vo n Pedro ? Er erho b sic h un d wa r mi t dre i Schritte n . be i de m Bote n .
    Während er das Siegel erbrach, wurde ihm die Stille bewußt, di e au f einma l i n de r Kamme r herrschte . Hernán und Raúl starrte n di e Mayafra u a n . Dere n Blic k haftet e imme r noc h auf ihm . Unverwandt , al s o b si e etwa s vo n ih m erwarte . Wa s nur? Wiede r wandt e e r sic h ab , mi t eine m Ma l s o durcheinander , daß seine Finger zitter t e n . Erst beim zweiten Versuch gelang es ihm, das klösterliche Siegel zu erbreche n .
     
    Kloster San Francisco, am 6. April 1696 A . D .
    Mein lieber Frater, indem ich mich in Gedanken in das behagliche Holzhaus versetze, auf dessen Veranda ich mit Pater Ramón, Gott sei seiner Seele gnädig, so manchen Kelch Madeira leerte, hoffe ich zuversichtlich, daß Du Dich in Dein neues Leben als Dschungelmissionar schon ein wenig eingewöhnt hast. Wie gern hätte ich Dich persönlich aufgesucht, um Dich in meine Arme zu schließen. Um wieviel lieber hätte ich hier im Kloster noch einige Tage bei Gespräch und gastlichem Mahl mit Dir verbracht . Aber sei gewiß, alter Freund, das alles holen wir in Bälde nach.
    Daß ich Dir diese Zeilen durch Raúl überbringen lasse, hat einen dringlichen Grund: Gib auf Dich acht, Frater! In San Benito mußtest Du mit eigenen Augen sehen, zu welchen Greueln die verblendeten Rebellen imstande sind. Mittlerweile hat die königliche Kavallerie jedes Dorf, jede Siedlung im Umkreis von dreißig Meilen um San Benito durchforstet. Bisher vergeblich! Noch sind die Mörder und Aufrührer auf freiem Fuß.
    Es sind nur wenige an der Zahl, ein klägliches Dutzend, darunter angeblich auch einige Frauen. Im ganzen Land versuchen sie seit

Weitere Kostenlose Bücher