Die Maya Priesterin
.
Der Wächter drehte ihm die Arme auf den Rücke n . Der Kazike stand vor ihm, so dicht, daß Diego das Kinn auf die Brus t presse n mußte , u m Pabl o in s Gesich t z u sehe n .
»Ic h bi n bestürzt « , sagt e Pablo , »da ß Ih r di e Pflichte n eines Gaste s s o schamlo s mißachtet , heilige r Man n . Ich meinerseits will dennoch das Versprechen erfüllen, das ich der Priesterin Ixquic s gab . Vo r fün f Tage n wa r si e unse r Gast . Si e sagte voraus, daß ein bärtiger Mann un s aufsuche n werde . Ei n Priester de s weiße n Totengottes . Si e beauftragt e mein e Tochter Magdalena , sic h z u vergewissern , da ß de r weiß e Man n dreizehn Silberschnür e mi t sic h führe . Wenn ja, sollte sie ihm das Schmuckstüc k zukomme n lassen , da s Ih r a n Eure m H a ndgelenk trag t . Das Zeichen der Mondgötti n . S o gescha h es . Nac h dem Wille n de r Priesterin , di e un s noc h a m gleiche n Ta g wieder verließ .«
»Wohi n gin g sie? « Dieg o ächzt e di e Frage , s o schmerzhaft verdreht e de r Wächte r ih m de n Ar m . »Hat sie nichts darüber ges agt?«
»Nei n . Si e ha t ih r Zie l nich t erwähnt . Da s is t da s Rech t des Gaste s . Un d unser e Pflich t wa r es , ih r Schweige n zu respektiere n . Aber als Priesterin Ixquics konnte sie nur ein Ziel habe n .«
»Welches ? S o rede t doch , Pablo , ic h fleh e Euc h an!«
»Di e Mitt e des Dschungels«, sagte der Kazike. »Di e Seel e des alte n Volkes . Da s letzt e Königreic h de r May a . Tayasa l .«
VIER
1
Einige Schritte weit schien sich der Pfad in einem Geröllfeld zu verliere n . Dahinter stieg er unvermittelt noch steiler a n . Fray Diego blieb s t ehen und stemmte die Fäuste in die Seite n . Sein Ate m gin g keuchen d . I n helle n Ströme n lie f ih m de r Schwei ß in de n verwilderte n Bart . Sei t Stunde n scho n führt e de r Pfad beständig bergau f . E r wa r a m End e seine r Kräfte .
Dennoch zwang er sich weiterzugehen, e h e Hernán und Cristóba l ihn eingeholt hatte n . Die beiden mochten hundert Schritt e ode r meh r hinte r ih m sein . Bei jeder Gelegenheit bettelte Fray Cristo um eine Pause. Abe r de r Pate r hatt e si e auch heute erbarmungslos vorangetriebe n . Auf keinen Fall wollte e r jetzt noch eine Rast einlege n . Ih r Zie l mußt e gan z i n de r Nähe sei n . K'ak'as - 'ic h . Das Dorf, in dem angeblich der balsamkundig e Zaubere r haust e .
De r Aben d naht e scho n . E s wa r de r siebt e Ta g ihres neuerliche n Marsches . Ers t diese s Ma l hatt e de r Urwal d ihn en sei n wahre s Gesich t gezeigt . Di e wuchernd e Wildnis . Wi e eine Meereswoge war sie über ihnen zusammengeschlage n . Verschlingen d . Schie r undurchdringlic h . Dampfend vor feuchter Hitze . Ei n höllengrüne s Delirium .
Wenig e Meile n hinte r Sa n Pedr o hatt e sic h ih r Pfa d im Unterholz verlore n . Zwe i Tag e lan g mußte n si e sic h mi t der Machete einen Weg durchs Dickicht bahne n . In ständiger Angst vor Schlangen und Skorpione n . Verspottet von spindeldürren kleine n Affen , di e si e mi t Kaskade n vo n Nüsse n bewarfe n . Gejag t vo n s chwarzen Keilern, die urplötzlich aus dem Unterhol z brache n . Vo n wilde n Hunde n verbellt . Von Brüllaffen ohrenbetäuben d verhöhnt . Über Tierskelette stolpernd oder straucheln d au f schimmelgrüne m Moos . Au s Angs t vor Jaguare n sammelte n si e abend s mühseli g Feu e rholz. Da s sie nachhe r nich t anzuzünde n wagten , au s Angs t vo r Krieger n oder Rebellen, die überall im Dschungel lauern konnte n . Tatsächlich sahe n si e i n al l de n Tage n kein e Menschenseel e . Aber die grüne Hölle flößte ihnen auch so genügend Schrecken ei n . Zum indest de n beide n Fratres . Einma l hockte n si e siebe n Stunde n unter einem Busch, während ringsum ein furchtbares Unwetter tobte. Einma l wollte n si e abend s i n ein e Höhl e kriechen , au s der plötzlic h ein e riesig e Echs e hervorschoß , fauchend , mit geblähte m Hal s sac k un d schillernde m Schuppenlei b . Aber nun konnt e ih r Zie l nich t meh r wei t sei n .
Schritt um Schritt schleppte sich der Pater den steilen Pfad hinau f . Geröll und Wurzeln erschwerten zusätzlich den Aufstie g . E r taumelt e vo r Erschöpfung , al s e r di e Anhöhe e ndlic h erklomme n hatte . Mit dem Ärmel wischte er sich über da s schweißnass e Gesicht . Erst als er den Arm wieder sinken ließ , sa h e r di e Augen , di e ih n unverwand t anstarrte n .
Riesige Augen, reglos und
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