Die Mayfair-Hexen
zu tun, und ich vielleicht auch, aber bei Stuart weiß ich es nicht.«
»Und wenn Yuri da ist – was macht das schon? Sie wissen von der Verschwörung, aber sie wissen nichts von uns! Stuart würde Yuri nichts von uns erzählen, was immer auch passiert. Du bist derjenige, der nicht nachdenkt. Was hat Yuri zu berichten? Er wird ihnen berichten, was in New Orleans passiert ist, und wenn das in die Akten kommt… Weißt du, ich glaube, ich werde bald bereuen, daß ich die Abfangschaltungen zerstört habe.«
»Ich bereue es überhaupt nicht«, sagte Marklin. Er ärgerte sich immer mehr über Tommys geschäftsmäßige Art und seinen absurden Optimismus.
»Du hast Angst, du schaffst das nicht, was?« fragte Tommy. »Du fürchtest, du könntest zusammenbrechen wie Stuart. Aber, Marklin, du darfst nicht vergessen, daß Stuart sein Leben lang der Talamasca angehört hat. Was ist die Talamasca für dich oder für mich?« Tommy lachte kurz und tonlos auf. »Junge, die haben einen Fehler begangen mit uns, was, Bruder?«
»Nein, haben sie nicht«, sagte Marklin. »Stuart wußte genau, was er tat; er wußte, daß wir den Mut haben würden, Pläne zu verwirklichen, wie er es niemals wagen würde. Stuart hat keinen Fehler begangen. Der Fehler war, daß jemand Anton Marcus umgebracht hat.«
»Und daß keiner von uns lange genug dageblieben ist, um mehr über diese Person, dieses Verbrechen, diese glückliche Fügung herauszufinden. Dir ist doch klar, daß es eine glückliche Fügung war, oder?«
»Natürlich. Wir sind Marcus los. Das ist das eine. Aber was ist im Augenblick des Mordes geschehen? Elvera hat mit dem Mörder gesprochen. Der Mörder hat von Aaron geredet.«
»Wäre es nicht einfach wunderbar, wenn der Einbrecher ein Mitglied der Familie Mayfair gewesen wäre? Eine Hexe der Spitzenklasse? Ich sage dir, ich will die ganze Akte über die Mayfair-Hexen von A bis Z lesen. Ich will alles über diese Leute wissen. Ich habe mir schon überlegt, es muß doch eine Möglichkeit geben, Aarons Unterlagen abzufordern. Du kennst Aaron. Er hat alles aufgeschrieben. Er muß Kisten voll Papier hinterlassen haben. Und die müssen in New Orleans stehen.«
»Nichts überstürzen! Tommy, vielleicht ist Yuri da. Vielleicht ist Stuart zusammengebrochen. Vielleicht wissen sie schon alles!«
»Das bezweifle ich ernsthaft«, sagte Tommy mit der Haltung eines Mannes, der über Wichtigeres nachzusinnen wünscht. »Marklin, die Kurve!«
Marklin hätte sie fast übersehen; er schleuderte quer vor einen anderen Wagen, aber dieser wich aus, und Marklin raste geradeaus weiter. Sekunden später hatten sie die Fernstraße verlassen und fuhren auf einer schmalen Landstraße weiter. Marklin entspannte sich und merkte erst jetzt, daß er sich in Erwartung eines Unfalls so heftig verkrampft und auf die Zähne gebissen hatte, daß ihm die Kinnbacken weh taten.
Tommy funkelte ihn an.
»Hör jetzt auf, an mir herumzuzerren!« fauchte Marklin plötzlich; er spürte die Hitze hinter seiner Stirn, die immer bedeutete, daß er vor Wut kochte, ohne sich dessen vollständig bewußt zu sein. »Ich bin hier nicht das Problem, Tommy. Die anderen sind es. Jetzt laß es gut sein. Wir werden uns ganz natürlich verhalten. Wir wissen beide, was wir zu tun haben.«
Tommy wandte langsam den Kopf, als sie durch das Haupttor in den Park fuhren.
»Der ganze Orden muß hier sein. Ich habe noch nie so viele Autos gesehen«, stellte Marklin fest.
»Wir können wahrscheinlich von Glück sagen, wenn man unser Quartier nicht für irgendeinen taubblinden Achtzigjährigen aus Rom oder Amsterdam in Beschlag genommen hat«, meinte Tommy.
»Ich hoffe, man hat es getan«, sagte Marklin. »Es wäre ein perfekter Vorwand, alles der alten Garde zu überlassen und äußerst rücksichtsvoll von hier zu verschwinden.«
Marklin brachte den Wagen zum Stehen, ein paar Meter vor dem geschäftigen Parkplatzwärter, der das Auto vor ihnen zu einem ziemlich entlegenen Parkplatz hinter der Hecke dirigierte. In all den Jahren hatte Marklin noch nicht gesehen, daß selbst hinter der Hecke die Autos dicht an dicht standen.
Er stieg aus und warf dem Bediensteten die Schlüssel zu. »Parken Sie bitte den Wagen, Will?« Er blätterte ein paar Pfundnoten von einem Bündel, eine Bestechungssumme, die ausreichte, um alle Einwände gegen diesen Verstoß gegen die Bräuche hinfällig werden zu lassen, und wandte sich der Haustür zu.
»Warum zum Teufel hast du das gemacht?« fragte Tommy, als er
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