Die Mayfair-Hexen
und wir wissen gar nicht, was sie gerade tun, nicht wahr? Gott helfe ihnen. Gott helfe Yuri.«
Mona trieb davon. Ophelia, Blumen im Haar, schwamm sanft stromabwärts. Die Zweige der Bäume senkten sich herab, um ihr Gesicht zu streicheln, das Wasser zu berühren. Nein, sie tanzte im Kreis, und der Dunkelhaarige stand in der Mitte und versuchte, zu ihnen zu sprechen, aber alle lachten und lachten. Sie liebten ihn, aber sie wußten auch, daß er die Gewohnheit hatte, zu reden und zu reden und sich so törichte Sorgen zu machen…
»Also, ich mache mir Sorgen um dich, Mona; ich sollte dir sagen…«
Mary Janes Stimme war sehr weit weg. Blumen, ganze Sträuße davon. Das erklärte alles – weshalb ich mein Leben lang von Gärten geträumt und immer nur Gärten gemalt habe. Warum malst du immer nur Gärten, Mona? hat Schwester Louise mich gefragt. Ich liebe Gärten, und der Garten in der First Street war so heruntergekommen, bis sie ihn hergerichtet und verändert haben. Und jetzt, getrimmt und gepflegt, beherbergt er das furchtbarste Geheimnis von allen.
Nein, Mutter, nicht…
Nein, die Blumen, die Kreise – sprich du! Dieser Traum würde genauso gut werden wie der letzte.
»Mona?«
»Laß mich gehen, Mary Jane.«
Mona hörte sie kaum noch; außerdem kam es auch nicht mehr darauf an, was sie sagte.
Und das war nur gut so, denn was in weiter, weiter Ferne aus Mary Janes Mund drang, bevor Mona und Morrigan anfingen zu singen, war dies:
»… weißt du, Mona Mayfair, ich sag’s dir wirklich ungern, aber dieses Baby ist gewachsen, seit du da draußen unter dem Baum geschlafen hast!«
18
»Weißt du was, ich glaube, wir sollten jetzt gehen«, sagte Marklin.
Er lag auf Tommys Bett, die Hände hinter dem Kopf verschränkt, und studierte die Knoten im Holz des kassettierten Baldachins über dem Bett.
Tommy saß am Schreibtisch und hatte die Füße übereinandergeschlagen auf die schwarzlederne Ottomane gelegt. Das Zimmer war größer als Marklins und lag an der Südseite, aber das hatte ihn nie gestört. Er hatte sein eigenes Zimmer geliebt. Nun, jetzt war er bereit, auszuziehen. Er hatte alles Wichtige in einen Koffer gepackt und ihn unter seinem Bett versteckt.
»Nenne es Vorahnung«, sagte er. »Ich will hier nicht länger bleiben. Es gibt keinen Grund, länger zu bleiben.«
»Du bist fatalistisch und ein bißchen albern«, sagte Tommy.
»Hör mal, du hast alles, was in den Computern war, gelöscht. Stuarts Quartier ist verrammelt und verriegelt; man kommt nicht hinein, es sei denn, wir wollten die Türen eintreten. Und es gefällt mir nicht, einer Ausgangssperre zu unterliegen.«
»Die Ausgangssperre gilt für alle, wenn ich dich daran erinnern darf, und wenn wir uns jetzt davonmachen wollten, würden wir es nicht bis zum Ausgang schaffen, ohne ein Dutzend Fragen beantworten zu müssen. Außerdem wäre es eine krasse Respektlosigkeit, vor dem Gottesdienst zu verschwinden.«
»Tommy, ich kann jetzt keine düsteren Zeremonien zu nächtlicher Stunde und aufgeblasene Reden über Aaron und Anton ertragen. Ich will jetzt weg. Bräuche, Rituale. Diese Leute sind Narren. Tommy. Es ist zu spät, um noch drumrum zu reden. Es gibt Hintertreppen, es gibt Seitentreppen. Ich bin dafür, auf der Stelle zu verschwinden. Ich habe Pläne. Ich habe Arbeit, die auf mich wartet.«
»Ich möchte tun, worum sie uns gebeten haben«, sagte Tommy, »dazu bin ich entschlossen. Die Ausgangssperre zu beachten, die sie uns zu beachten gebeten haben. Und hinunterzugehen, wenn die Glocke läutet. Bitte, Marklin, wenn du jetzt nicht noch etwas Einsichtiges oder Hilfreiches zu sagen hast, sei lieber still, ja?«
»Warum soll ich still sein? Warum willst du denn hier bleiben?«
»Also schön, wenn du es wirklich wissen willst: Vielleicht haben wir während des Gedenkgottesdienstes, oder was immer das sein wird, Gelegenheit, herauszufinden, wo Stuart Tessa in Verwahrung hält.«
»Wie könnten wir das herausfinden?«
»Stuart ist kein reicher Mann, Marklin. Er muß irgendwo ein Zuhause haben, einen Ort, den wir noch nie gesehen haben, das Haus seiner Väter, oder was weiß ich. Wenn wir unsere Trümpfe jetzt richtig ausspielen, dann können wir zu diesem Thema ein paar Fragen stellen, aus reiner Sorge um Stuart natürlich. Oder hast du eine bessere Idee?«
»Tommy, ich glaube nicht, daß Stuart auf die Idee kommen würde, Tessa in einem Haus zu verstecken, von dem bekannt ist, daß es seines ist. Er mag ein Feigling sein,
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