Die Mayfair-Hexen
Lackschuhe mit Riemchen, wie ein kleines Kind. Die Tatsache, daß ihre Haut dunkel war, irgen d wie olivfarben und möglicherweise sonnengebräunt, ließ das Mädchen aussehen wie ein Haflinger-Pony in Menscheng e stalt.
»Was ist bei deinen Tests rausgekommen?« fragte Mona. »Deshalb bist du doch hier, nicht wahr? Sie haben dich get e stet.«
»Ich weiß nicht«, sagte das Genie, die mächtige Sumpfhexe. »Die sind so durcheinander da drüben, daß es mich wundert, wenn sie überhaupt was richtig machen. Erst haben sie mich Florence Mayfair genannt, dann Ducky Mayfair. Schließlich habe ich gesagt: ›Hört mal, ich bin Mary Jane Mayfair, gucken Sie da, genau da, auf dem Formular, das da vor Ihnen liegt! Und jeden einzelnen hab ich vom Ansehen erkannt, jede ei n zelne Person. Keinen einzigen Fehler hab ich gemacht. Ein Ungläubiger war da, ein Aussätziger, wißt ihr – oder, nein, es war ein Halbbluttyp, genau. Schon mal gemerkt, daß es alle möglichen Mayfair-Typen gibt? Ich meine, es gibt einen ga n zen Haufen von Mayfairs, die kein Kinn haben, aber ganz hübsche Nasen, die hier an dieser Stelle ein bißchen nach unten gebogen sind, und Augen, die außen schräg sind. Und dann gibt’s eine Sorte, die aussieht wie du«, sagte sie zu M i chael. »Yeah, genau wie du, echte Iren mit buschigen Brauen und lockigem Haar und großen, verrückten irischen Augen.«
»Aber Honey«, hatte Michael vergebens protestiert, »ich bin kein Mayfair.«
»… und dann die mit den roten Haaren, wie du hier. Du mußt Mona sein. Du hast den Glanz und die Glut von jemandem, der soeben an einen Haufen Geld gekommen ist.
Na, was ist es denn für ein Gefühl, so reich zu sein?« fragte Mary Jane, und ihre großen bebenden Augen waren immer noch auf Mona gerichtet. »Ich meine, tief da drinnen.« Mit g e ballter Faust hämmerte sie auf ihre billige kleine, klaffende Bluse, und sie kniff die Augen zusammen und beugte sich vor, so daß der Abgrund zwischen ihren Brüsten selbst für eine so kleine Person wie Mona deutlich sichtbar wurde. »Schon gut, ich weiß, ich sollte so eine Frage nicht stellen. Ich bin herg e kommen, um sie zu besuchen, weil Paige und Beatrice gesagt haben, ich sollte es tun.«
»Warum denn das?« fragte Mona.
»Still, Liebes«, sagte Beatrice. »Mary Jane ist eine Mayfai r sche Mayfair. Darling Mary Jane, du solltest deine Großmutter auf der Stelle herbringen. Das meine ich ernst, Kind.«
»Habt ihr Angst vor den Extra-Genen?« Mary Jane hatte ihre Stimme ausgeworfen wie ein Lasso und jedermanns Aufmerksamkeit eingefangen. »Du, Mona? Angst?«
»Ich weiß nicht«, sagte Mona, die in Wirklichkeit keine Angst hatte.
»Es ist natürlich nicht annähernd wahrscheinlich, daß so etwas noch einmal passiert«, meinte Bea. »Das mit den Genen. Es ist natürlich rein theoretisch. Müssen wir jetzt darüber reden?« Sie warf einen vielsagenden Blick auf Rowan.
Rowan hatte wie immer die Mauer angestarrt, vielleicht den Sonnenschein auf den Ziegeln, wer konnte das wissen?
Mary Jane hatte sich nicht beirren lassen. »Ich glaube nicht, daß der Familie noch einmal etwas derart Irres passieren wird. Ich glaube, die Zeit für diese Art von Hexerei ist vorbei, und eine neue Ära der Hexenkunst -«
»Darling, wir nehmen diese ganze Hexengeschichte eigentlich nicht gar so ernst«, unterbrach Bea sie.
»Du kennst die Familiengeschichte?« hatte Celia düster gefragt.
»Ob ich sie kenne? Ich weiß Sachen darüber, die ihr nicht wißt. Ich weiß Sachen, die meine Granny mir erzählt hat, die sie vom alten Tobias gehört hat, und ich weiß Sachen, die draußen im Haus immer noch an den Wänden geschrieben stehen. Als ich klein war, habe ich bei der uralten Evelyn auf dem Schoß gesessen. Die uralte Evelyn hat mir alles mögliche erzählt, und ich weiß es immer noch. Hat bloß einen Nachmittag gedauert.«
»Aber die Akte über unsere Familie, die Akte der Talama s ca…«, hatte Celia gedrängt. »Die haben sie dir in der Klinik gegeben?«
»O ja, Bea und Paige haben mir das Zeug gebracht«, sagte Mary Jane. »Guckt hier.« Sie deutete auf das Pflaster an i h rem Arm, das genauso aussah wie das Pflaster auf ihrem Knie. »Hier haben sie mich gestochen. Haben mir genug Blut abgezapft, um es dem Teufel zu opfern. Ich habe die Situation vollkommen begriffen. Einige von uns haben eine ganze Kette von zusätzlichen Genen. Kreuzt man zwei nahe Verwandte, die beide diese doppelte Doppelhelix-Dosis haben – bamm, hat man einen
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