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Die Mayfair-Hexen

Die Mayfair-Hexen

Titel: Die Mayfair-Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Taltos. Vielleicht! Vielleicht! Überlegt doch nur, wie viele Cousins und Cousinen haben schließlich geheiratet und geheiratet, ohne daß es passiert ist? Bis… Hört mal, wir sollten vor ihr nicht darüber reden; du hast schon recht.«
    Michael hatte ihr ein müdes kleines Lächeln der Dankbarkeit geschenkt.
    Viele, viele in der Familie hatten die zusätzlichen Chromosomen, die Monster hervorbringen konnten, aber keines war im Clan je geboren worden, ganz gleich, wie die Paarungen au s gesehen hatten – bis zu diesem schrecklichen Zeitpunkt.
    Und was war mit dem Geist, der dieses Monster so lange g e wesen war – ein Phantom, das junge Frauen in den Wahnsinn getrieben und das Haus in der First Street unter einer Wolke von Dornen und Düsternis gehalten hatte? Es war etwas Po e tisches um die fremdartigen Leichname, die hier lagen, unter der Eiche, unter dem Gras, auf dem Mary Jane in ihrem ku r zen Jeansrock und mit dem fleischfarbenen Pflaster auf dem schmalen Knie stand, die Hände in die schmalen Hüften g e stemmt, den einen kleinen, schmutzigen Schnallenschuh aus weißem Lackleder zur Seite gekippt und schon wieder mit fr i schem Lehm beschmiert, den kleinen, schmutzigen Strumpf halb über die Ferse gerutscht.
    Vielleicht sind die Hexen aus dem Bayou einfach bloß blöd, dachte Mona. Sie können auf den Gräbern von Ungeheuern stehen, ohne es zu merken. Natürlich merkte auch keine der anderen Hexen in der Familie etwas. Nur die Frau, die nicht sprechen will, und Michael, dieser große Brocken aus kelt i schen Muskehi und Charme, der da neben Rowan steht.
    »Du und ich, wir sind Cousinen zweiten Grades«, hatte Mary Jane zu Mona gesagt und ihre Annäherung wiederaufgeno m men. »Ist das nicht toll? Du warst noch nicht auf der Welt, da habe ich die uralte Evelyn in ihrem Haus besucht und ihre selbstgemachte Eiscreme gegessen.«
    »Wieso bin ich dir noch nie begegnet?« fragte Mona. »Und wie kommt’s, daß du redest wie eine aus Mississippi, wenn du doch sagst, daß du die ganze Zeit in Kalifornien gelebt hast?«
    »Oh, weißt du, das ist eine lange Geschichte«, sagte Mary Jane. »Ich hab meine Zeit in Mississippi abgesessen, das kannst du mir glauben; es hätte nicht schlimmer sein können auf der Parchman Farm.« Es war unmöglich gewesen, die Kleine aus der Fassung zu bringen. Sie hatte nur die Achseln gezuckt.
    »Mary Jane, wie geht’s Granny?« hatte Beatrice dann gefragt. »Du hast uns noch kein Wort erzählt. Es ist vier Uhr, und du mußt bald los, wenn du den ganzen Weg zurückfahren willst…«
    »Oh, Granny geht’s prima, Tante Beatrice«, hatte Mary Jane gesagt, aber dabei hatte sie die ganze Zeit Mona angeschaut. »Weißt du, was mit Granny passiert ist, nachdem Mama g e kommen war und mich nach Los Angeles geholt hatte? Da war ich sechs, weißt du. Hast du diese Geschichte schon gehört?«
    »Yeah«, sagte Mona.
    Jeder kannte die Geschichte. Beatrice war sie jetzt noch peinlich. Celia starrte das Mädchen an, als wäre es ein Riese n moskito. Nur Michael schien nicht Bescheid zu wissen.
    Passiert war folgendes: Mary Janes Großmutter, Dolly Jean Mayfair, war ins kirchliche Altersheim gesteckt worden, nachdem ihre Tochter mit der sechsjährigen Mary Jane abgereist war. Angeblich war Dolly Jean im vergangenen Jahr gestorben und in der Familiengruft beigesetzt worden. Und die Beerdigung war eine große Veranstaltung gewesen, aber nur, weil alle Mayfairs nach Napoleonville hinausgefahren waren und sich in Schmerz und Reue an die Brust geschlagen hatten, weil sie diese alte Frau, die arme Dolly Jean, in einem Alter s heim hatten sterben lassen. Die meisten hatten vorher noch nie von ihr gehört gehabt.
    Ja, eigentlich hatte überhaupt keiner von ihnen Dolly Jean gekannt. Zumindest nicht als alte Frau. Lauren und Celia ha t ten sie als kleine Mädchen natürlich oft gesehen.
    Die uralte Evelyn hatte Dolly Jean gekannt, aber die uralte Evelyn hätte die Amelia Street niemals verlassen, um zu einer Beerdigung auf dem Lande zu fahren, und niemand war auch nur auf den Gedanken gekommen, sie zu fragen.
    Und als Mary Jane vor einem Jahr in die Stadt gekommen war und die Geschichte vom Tod und der Beerdigung ihrer Großmutter gehört hatte, da hatte sie sich darüber lustig gemacht, ja, sie hatte Bea ins Gesicht gelacht.
    »Zum Teufel, sie ist nicht tot«, hatte sie gesagt. »Sie ist im Traum zu mir gekommen und hat gesagt: ›Mary Jane, komm mich holen. Ich will nach Hause.‹ Jetzt fahre ich zurück

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