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Die Mayfair-Hexen

Die Mayfair-Hexen

Titel: Die Mayfair-Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Moskitonetze spannten sich über die Pfosten, Schicht um Schicht. Netze verschleierten auch den Eingang in den Giebelalkoven; Mary Jane hob sie hoch, und Mona fiel vornüber auf die weiche Matratze.
    Oh, es war alles trocken! Wirklich. Das Federbett machte pffff rings um sie herum. Kissen über Kissen. Die Öllampe stand zwar gefährlich nah, aber sie ließ das Ganze ein bißchen wie ein Zelt erscheinen.
    »Benjy! Hol jetzt die Kühltasche!«
    »Chère, ich hab die Kühltasche eben auf die hintere Veranda geschleppt.« Es war unverkennbar ein Cajun-Akzent, mit dem der Junge sprach. Klang ganz anders als die alte Frau. Sie klingt wie eine von uns, dachte Mona, vielleicht ein kleines bißchen anders…
    »Na, dann holst du sie wieder rein«, sagte Mary Jane.
    Die Moskitonetze fingen all das goldene Licht ein und verwandelten dieses große, weiche Bett in einen wunderschönen, einsamen Ort. Ein schöner Platz zum Sterben, vielleicht besser als der Bach mit den Blumen.
    Der Schmerz kam wieder, aber jetzt war ihr viel wohler dabei. Was hatte man zu tun? Sie hatte darüber gelesen. Die Luft heftig einsaugen oder so was? Sie wußte es nicht mehr. Das war ein Thema, das sie nicht gründlich erforscht hatte. O Gott, es würde wirklich gleich passieren!
    Sie griff nach Mary Janes Hand. Mary Jane lag neben ihr, schaute ihr ins Gesicht und wischte ihr die Stirn mit etwas Weichem, Weißem ab, weicher als ein Taschentuch.
    »Ja, Darlin’, ich bin hier, und es wird größer und größer, Mona, es ist einfach kein – es ist…«
    »Es wird geboren«, flüsterte Mona. »Es ist meins. Es wird geboren, aber wenn ich sterbe, mußt du es für mich machen, du und Morrigan. Ihr beide zusammen.«
    »Was denn?«
    »Macht eine Bahre aus Blumen für mich.«
    »Eine was?«
    »Sei jetzt still und hör zu; was ich dir sage, ist wirklich wichtig!«
    »Mary Jane!« brüllte Granny vom Fuße der Treppe herauf. »Komm runter und hilf Benjy, mich da raufzutragen, Mädchen!«
    »Baut ein Floß, ein Floß voller Blumen«, sagte Mona. »Glyzinien, Rosen, alles, was da draußen wächst. Sumpflilien…«
    »Ja, ja, ja, und was dann?«
    »Aber baut es zerbrechlich, ganz zerbrechlich, und wenn ich dann drauf wegschwimme, wird es in der Strömung langsam auseinanderfallen, und ich werde im Wasser untergehen… wie Ophelia!«
    »Yeah, okay, alles, was du willst. Aber ich hab’ jetzt Angst, Mona. Ich hab’ echt Angst!«
    »Dann sei eine Hexe, denn jetzt ist es für alle zu spät, um es sich noch anders zu überlegen, nicht wahr?«
    Etwas war geplatzt. Als wäre irgendwo ein Loch hineingestochen worden. O Gott, war sie tot da drinnen?
    Nein, Mutter, aber ich komme jetzt. Bitte nimm meine Hand. Ich brauche dich.
    Mary Jane kniete jetzt aufrecht neben ihr und hatte sich die Hände an die Wangen gelegt.
    »Um Gottes willen!«
    »Hilf ihr Mary Jane! Hilf ihr!« kreischte Mona.
    Mary Jane preßte die Augen zu und legte die Hände auf den Berg von Monas Bauch. Mona war blind vor Schmerzen. Sie wollte etwas sehen, wollte das Licht in den Netzen sehen, wollte sehen, wie Mary Jane die Augen zupreßte, und ihre Hände fühlen und ihr Flüstern hören, aber es ging nicht. Sie fiel, fiel mit ausgestreckten Armen durch die Sumpfbäume hinunter und versuchte, die Äste zu fassen.
    »Granny, komm und hilf mir!« kreischte Mary Jane.
    Und dann das eilige Getrappel der alten Frau!
    »Benjy, raus mit dir!« schrie die alte Frau. »Lauf die Treppe runter. Raus hier, verstanden?«
    Hinunter, immer weiter hinunter durch den Sumpf, und der Schmerz wurde immer stärker und stärker. Jesus Christus – kein Wunder, daß die Frauen es gräßlich finden! Kein Witz. Das ist entsetzlich. Gott, hilf mir.
    »Herr im Himmel, Mary Jane«, rief Granny. »Es ist ein wandelndes Baby!«
    »Granny, hilf mir, nimm ihre Hand, nimm sie! Granny, weißt du, was es ist?«
    »Ein wandelndes Baby, Kind. Ich hab mein Leben lang davon gehört, aber gesehen hab’ ich noch keins. Als Ida Bell Mayfair draußen im Sumpf ein wandelndes Baby kriegte, da war ich noch ein Kind. Es hieß, es war größer als die Mutter, als es herausspaziert kam, und Grandpère Tobias fuhr gleich runter und hat’s mit der Axt zerhackt, während die Mutter im Bett lag und schrie! Hast du noch nie von wandelnden Babys gehört, Kind? In Santo Domingo haben sie sie verbrannt.«
    »Nein, nicht dieses Baby!« heulte Mona. Sie tastete im Dunkeln umher und versuchte, die Augen zu öffnen. O Gott, dieser Schmerz. Und plötzlich faßte

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