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Die Mayfair-Hexen

Die Mayfair-Hexen

Titel: Die Mayfair-Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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wirst
     
    Heile die Kranken
    Tröste die Leidenden
    Und lindere den Schmerz derer
    Die sterben müssen
     
    Errette uns
    Aus ewiger Finsternis
    Vertreibe die Dämonen aus dem Tal
    Und führe uns
    Zum Licht
     
    Lange Zeit war ich von Tränen überwältigt. Ich begriff nicht, wie so etwas hatte geschehen können. Ich vergaß nicht, weiter den Krüppel zu spielen, als ich zum Hochalter trat, um meine Gebete zu sprechen, und dann in die Schenke ging.
    Dort bezahlte ich den Barden dafür, daß er alle alten Lieder sang, die er kannte, und keines davon war mir geläufig Die piktische Sprache war ausgestorben. Niemand konnte die Inschriften an den Kreuzen auf dem Friedhof noch lesen.
    Aber dieser Heilige – was konnte er mir über ihn erzählen?
    Ob ich wirklich Schotte sei, wollte der Barde wissen.
    Ob ich denn noch nie von dem großen Heldenkönig der Pikten gehört hätte, der das ganze Tal zum Christentum bekehrt habe?
    Ob ich denn noch nie von der magischen Quelle gehört hätte, durch die er seine Wunder wirke? Ich brauchte doch nur den Berg hinunterzugehen, um sie zu sehen.
    Ashlar der Große habe an dieser Stelle seine erste christliche Kirche erbaut, im Jahr 586, und dann sei er auf seine erste Wallfahrt nach Rom gegangen, doch bevor er das Tal noch verlassen habe, sei er von Briganten ermordet worden.
    Im Schrein dort lägen seine heiligen Reliquien: die Reste seines blutigen Mantels, sein Ledergürtel, sein Kruzifix und ein Brief an den Heiligen selbst, den kein anderer als St. Columba geschrieben habe. Im Skriptorium könnte ich einen Psalter sehen, den Ashlar selbst im Stil des großen Klosters von Iona geschrieben habe.
    »Ah, das verstehe ich alles«, sagte ich. »Aber was bedeutet dieses seltsame Gebet mit den Worten ›der du wiederkommen wirst‹?«
    »Ah, das – nun, also, das ist eine Geschichte. Geh morgen früh zur Messe und sieh dir den Priester genauer an. Du wirst einen jungen Mann von ungeheurer Größe finden, fast so groß wie du. Solche Männer sind hier nicht ungewöhnlich. Der aber ist Ashlar, der wiedergekommen ist, sagt man, und von seiner Geburt erzählt man sich die fabelhaftesten Geschichten: Sprechend und singend sei er aus dem Leib seiner Mutter gekommen, bereit zum Dienst an Gott, und in Visionen habe er den großen Heiligen und die Heilige Schlacht von Donnelaith gesehen und die heidnische Hexe Janet, die auf dem Scheiterhaufen verbrannte, als die Stadt sich ihr zum Trotze taufen ließ.«
    »Ist das wahr?« fragte ich in stiller Ehrfurcht.
    Wie konnte das sein? Ein wilder Taltos, von Menschen geboren, die nicht ahnten, daß sie die Saat in ihrem Blut trugen? Nein. Das war unmöglich. Was für Menschen konnten denn zusammen den Taltos machen? Es mußte ein Hybrid sein, gezeugt von einem geheimnisumwobenen Riesen und einer Frau, die mit der Gabe der Hexen geschlagen war, und er mußte sie mit ihrem monströsen Nachwuchs alleingelassen haben.
    »Das ist im Laufe unserer Geschichte schon dreimal passiert«, erzählte der Barde. »Manchmal weiß die Mutter gar nicht, daß sie schwanger ist, und dann wieder ist sie im dritten oder vierten Monat. Niemand weiß, wann das Wesen in ihr anfängt zu wachsen und zum Ebenbild des Heiligen wird, der wieder zu seinem Volk kommt.«
    »Und wer sind die Väter solcher Kinder?«
    »Hervorragende Männer aus dem Clan von Donnelaith, die sind es, denn St. Ashlar war der Begründer ihrer Familie. Aber du weißt ja, es gibt viele seltsame Geschichten in diesen Wäldern. Jeder Clan hat seine Geheimnisse. Wir sollen hier nicht darüber sprechen, aber dann und wann wird ein solches Riesenkind geboren. Eins habe ich mit meinen eigenen Augen gesehen; es war schon einen Kopf größer als sein Vater, kaum daß der die Mutter vor dem Feuer hat sterben lassen. Ein rasendes Ding, weinend vor Angst, aber es war nicht von göttlichen Visionen besessen, sondern heulte nach dem heidnischen Steinkreis! Die arme Seele. Hexe, sagten die Leute, Ungeheuer. Und du weißt, was sie mit solchen Kreaturen machen?«
    »Sie verbrennen sie.«
    »Ja. Es ist ein schrecklicher Anblick. Besonders wenn die arme Kreatur ein Weib ist. Denn die gilt als Kind des Teufels, weil sie ja unmöglich Ashlar selbst sein kann. Aber hier ist das Hochland, und hier ging es schon immer geheimnisvoll zu.«
    »Hast du selbst schon mal ein solches weibliches Wesen gesehen?« fragte ich.
    »Nein«, sagte er. »Ich noch nie. Aber es gibt Leute, die behaupten, sie hätten jemanden gekannt, der es schon

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