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Die Mayfair-Hexen

Die Mayfair-Hexen

Titel: Die Mayfair-Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Korridor und durch das Eßzimmer in die Küche.
    Eier, Orangensaft, Michaels Gebräu. Vielleicht gab es einen ordentlichen Vorrat davon.
    Der Duft von frischem Kaffee überraschte sie. Sofort nahm sie einen schwarzen Porzellanbecher aus dem Schrank und hob die Kanne hoch. Sehr schwarz, Espressoröstung, Michaels Kaffee, wie er ihn in San Francisco geliebt hatte. Aber ihr wu r de klar, daß sie so etwas jetzt nicht wollte. Sie sehnte sich nach etwas, das kühl war und gut. Orangensaft. Michael hatte immer Flaschen davon fertig gepreßt im Kühlschrank stehen. Sie füllte ihren Becher mit Orangensaft und drückte sorgfältig den Deckel wieder auf den Behälter, damit die Vitamine nicht an der Luft vergingen.
    Plötzlich merkte sie, daß sie nicht allein war.
    Rowan saß am Küchentisch und beobachtete sie. Sie rauchte eine Zigarette und stippte die Asche jetzt auf eine feine Porzellanuntertasse mit geblümtem Rand. Sie trug ein schwarzes Seidenkostüm und Perlenohrringe, und auch um den Hals hatte sie eine kleine Perlenkette hängen. Es war ein Kostüm mit langer, taillierter Jacke, zweireihig und ganz zugeknöpft, ohne eine Bluse darunter, nur bloße Haut und ein diskreter Brustansatz.
    »Ich hab dich nicht gesehen«, sagte Mona.
    Rowan nickte. »Weißt du, wer diese Sachen für mich gekauft hat?« Ihre Stimme klang schokoladig und geschmeidig wie gestern abend; alles Rauhe war daraus verschwunden.
    »Wahrscheinlich dieselbe Person, die auch dieses Kleid für mich gekauft hat«, meinte Mona. »Beatrice. Meine Schränke platzen vor lauter Zeug von Beatrice. Und alles ist aus Seide.«
    »Meinen Schränken geht’s genauso«, sagte Rowan, und wieder kam dieses strahlende Lächeln.
    Rowan hatte sich das Haar aus der Stirn gebürstet, aber ansonsten fiel es ganz natürlich in lockeren Wellen über den Kragen. Ihre Wimpern waren sehr dunkel und ausgeprägt, und ihr blasser, violett-rosa Lippenstift umriß sauber den schön geformten Mund.
    »Dir geht’s wirklich wieder gut, was?« fragte Mona.
    »Setz dich hierher«, sagte Rowan und zeigte auf den Stuhl am anderen Ende des Tisches.
    Mona gehorchte.
    Rowan verströmte einen kostbaren Duft, eine Mischung aus Zitrusfrüchten und Regen.
    Und ihr Kostüm war wirklich klasse; in den Tagen vor der Hochzeit hatte man sie nie in etwas so bewußt Sinnlichem gesehen.
    Rowan senkte den Kopf und drückte ihre Zigarette aus. Eine aschblonde Locke fiel nach vorn in die Mulde der Wange. Ihr Gesicht wirkte schmal und furchtbar dramatisch. Es war, als hätten Krankheit und Schmerz ihr jene Hagerkeit verliehen, für die Starlets und Models sich zu Tode hungerten.
    Schönheit von dieser Art konnte Mona nicht für sich beanspruchen. Rotes Haar und Kurven, mehr hatte sie nicht zu bieten, und das würde immer so sein. Wem das nicht gefiel, dem würde Mona nicht gefallen.
    Rowan lachte leise.
    »Wie lange machst du es jetzt?« fragte Mona und nahm einen großen Schluck von ihrem Kaffee. Er hatte jetzt genau die ric h tige Temperatur. Köstlich. In zwei Minuten wäre er zu kalt gewesen. »Meine Gedanken lesen, meine ich. Du machst es nicht dauernd, oder?«
    Darauf war Rowan nicht vorbereitet, aber sie schien ein wenig belustigt zu sein. »Nein, ganz und gar nicht. Ich würde sagen, es passiert blitzartig, wenn man irgendwie mit anderem beschäftigt ist, gleichsam versunken in eigenen Überlegungen. Es ist, als ob man plötzlich ein Streichholz anzünden würde.«
    »Yeah, das gefällt mir. Ich weiß, wovon du redest.« Mona nahm einen großen Schluck Orangensaft und dachte, wie gut er doch war und wie kalt. Einen Augenblick lang tat ihr der Kopf weh von der Kälte. Sie bemühte sich, Rowan nicht eh r fürchtig anzustarren. Es war, als wäre sie in einen Lehrer ve r knallt -etwas, was Mona noch nie passiert war.
    »Wenn du mich ansiehst«, sagte Rowan, »kann ich überhaupt nichts lesen. Vielleicht sind es deine grünen Augen, die mich blenden. Die darfst du nicht vergessen bei deiner B e standsaufnahme. Makellose Haut, rotes Haar, für das es sich zu sterben lohnt, lang und unerhört dicht, und ungeheure gr ü ne Augen. Dann der Mund, und dieser Körper. Nein – ich glaube, daß dein Blick auf dich selbst zur Zeit ein bißchen ve r schwommen ist. Vielleicht liegt es auch nur daran, daß du dich mehr für andere Dinge interessierst – das Vermächtnis, das, was Aaron zugestoßen ist, und wann Yuri zurückkommt.«
    Neunmalkluge Antworten kamen Mona in den Sinn und ve r blaßten gleich wieder. Nie

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