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Die Mayfair-Hexen

Die Mayfair-Hexen

Titel: Die Mayfair-Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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dann erst fühlen? Sie mußten jetzt ins Hotel hinunter. Sie mußten miteinander das Brot brechen.
    »Wir sind nicht wir selbst, wissen Sie, Stuart«, sagte er. Er schaute auf die Stadt hinunter; ihm war bewußt, daß die beiden anderen ihn anstarrten. »Wenn wir zusammen sind, bilden wir eine vierte Person, die vielleicht keiner von uns gut genug kennt, ein viertes Wesen, dem wir einen Namen geben sollten, denn es ist mehr als unser kollektives Ich. Vielleicht müssen wir lernen, es besser in der Gewalt zu haben. Aber es jetzt vernichten? Nein, das können wir nicht, Stuart. Wenn wir das tun, verraten wir uns gegenseitig. Es ist hart, dieser Wahrheit ins Auge zu sehen, aber Aarons Tod bedeutet gar nichts.«
    Er hatte seine letzte Karte ausgespielt. Er hatte das Schönste und das Schlimmste gesagt, was er zu sagen hatte, hier im kalten Wind und ohne rechten Vorbedacht, nur seinem Instinkt folgend. Jetzt schaute er seinen Lehrer und seinen besten Freund an, und er sah, daß beide von seinen Worten beeindruckt waren, vielleicht stärker, als er es hätte hoffen können.
    »Ja, es war dieses vierte Wesen, wie du es nennst, das meinen Freund ermordet hat«, antwortete Stuart leise. »Da hast du recht. Und wir wissen, daß die Macht, die Zukunft dieses vierten Wesens unvorstellbar ist.«
    »Ja, genau«, murmelte Tommy tonlos.
    »Aber Aarons Tod ist eine schreckliche, schreckliche Sache! Ihr werdet alle beide nie wieder mit mir darüber sprechen, und niemals, niemals, werdet ihr mit irgend jemandem sonst leichtfertig darüber reden!«
    »Einverstanden«, sagte Tommy.
    »Mein unschuldiger Freund«, sagte Stuart, »der nur den Mayfairs helfen wollte.«
    »Niemand in der Talamasca ist wirklich unschuldig«, sagte Tommy.
    Stuart wirkte verblüfft. »Was soll das heißen?«
    »Das soll heißen, daß man nicht erwarten kann, Wissen zu horten, ohne daß es einen verändert. Wenn man Wissen besitzt, handelt man aufgrund dieses Wissens, ob man es nun jenen vorenthält, die es ebenfalls verändern würde, oder ob man es ihnen zukommen läßt. Aaron hat das gewußt. Die Talamasca ist von Natur aus böse; das ist der Preis für ihre Bibliotheken und Inventarien und Computerdaten. Ganz wie Gott, der auch weiß, daß manche seiner Geschöpfe leiden und daß andere triumphieren werden, ihnen aber nicht sagt, was er weiß – finden Sie nicht? Die Talamasca ist böser noch als jene Höchste Gottheit, aber die Talamasca erschafft auch nichts.«
    Er hat ja so recht, dachte Marklin, auch wenn er dies niemals laut vor Stuart aussprechen könnte, weil er fürchtete, was Stuart darauf antworten würde.
    »Vielleicht hast du recht«, sagte Stuart leise. Es klang, als gebe er sich geschlagen oder als sehne er sich verzweifelt nach einem erträglichen Standpunkt.
    »Kommen Sie, mein Lehrer«, sagte Marklin. »Gehen wir hinunter ins Hotel. Lassen Sie uns zusammen essen.«
    »Ja«, sagte Tommy. »Es ist zu kalt, um noch weiter zu reden.«
    Sie machten sich an den Abstieg; Tommy und Marklin stützten Stuart auf dem glitschigen Boden. Als sie an Stuarts Wagen kamen, entschieden sie sich dafür, zu fahren, statt den weiten Weg zu Fuß zurückzulegen.
    »Das ist alles gut und schön«, sagte Stuart und reichte Marklin den Autoschlüssel. »Aber ich werde wie immer Chalice Well besuchen, bevor wir fahren.«
    »Wozu?« fragte Marklin; er ließ seine Worte ruhig und respektvoll klingen. »Wollen Sie an diesem Brunnen das Blut von Ihren Händen waschen? Das Wasser ist selbst schon blutig, mein Lehrer.«
    Stuart lachte bitter auf. »Ah, aber es ist das Blut Christi, nicht wahr?«
    »Es ist das Blut der Überzeugung«, sagte Marklin. »Wir werden nach dem Essen zum Brunnen fahren, noch bevor es dunkel wird; das verspreche ich Ihnen.«
    Zusammen fuhren sie den Hügel hinunter.

 
8

    Michael sagte dem Bescheid, er wolle durch das Vordertor hinausfahren. Die Koffer würde er selbst hinausbringen. Es waren nur zwei – Rowans und seiner. Dies war kein Urlaub, für den Schrankkoffer und Kleidertaschen benötigt wurden.
    Er warf einen Blick in sein Tagebuch, bevor er es zuklappte. Da stand eine lange Darlegung seiner Philosophie, geschrieben am Vorabend des Mardi Gras, als er sich noch nicht hatte träumen lassen, daß er später von klagender Grammophonmusik geweckt werden würde oder von einer Vision Monas, die wie eine Nymphe in ihrem weißen Nachthemd tanzte. Schleife im Haar, frisch und duftend wie warmes Brot, frische Milch, Erdbeeren.
    Nein, du kannst im

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