Die Mayfair-Hexen
quetschen, so schnell er konnte; er hoffte, seine Kraft würde ausreichen, ihm das Genick zu brechen, aber sie genügte nicht.
Die Frau war zurückgewichen. Sie hatte den Telefonhörer hochgerissen und schrie panisch hinein. Das Gesicht des Mannes war rot, und die Augen quollen ihm aus den Höhlen. Er verlor das Bewußtsein, und Ash drückte immer heftiger zu, bis er ganz sicher sein konnte, daß der Mann tot war und nicht nach Luft schnappend wieder aufstehen würde, wie es manchmal vorkam. Er ließ ihn fallen.
Die Frau warf den Telefonhörer hin.
»Sagen Sie mir, was passiert ist!« Sie schrie fast. »Sagen Sie mir, was mit Aaron passiert ist! Wer sind Sie?«
Ash hörte Leute durch den Korridor rennen.
»Schnell, ich brauche die Nummer, unter der ich die Ältesten erreichen kann.«
»Die kann ich Ihnen nicht geben«, sagte sie. »Die wissen nur wir.«
»Madam, seien Sie nicht albern. Ich habe gerade diesen Mann getötet. Beantworten Sie meine Frage.«
Sie rührte sich nicht.
»Tun Sie es für Aaron«, sagte er. »Und für Yuri Stefano.«
Sie starrte auf den Schreibtisch und hob die Hände an die Lippen; dann griff sie nach einem Stift, kritzelte etwas auf ein weißes Blatt und hielt es ihm entgegen.
Jemand hämmerte an die Flügeltür.
Er sah die Frau an. Sie hatten keine Zeit mehr, noch länger zu reden.
Er wandte sich ab, öffnete die Tür und sah sich einer großen Gruppe von Männern und Frauen gegenüber, die eben zum Stehen gekommen war. Sie umringten ihn und starrten ihn an.
Einige waren alt, andere ganz jung, fünf Frauen, vier Männer, ein sehr großer, noch fast bartloser Junge .Der alte Herr aus der Bibliothek war auch dabei.
Er schloß die Tür hinter sich; hoffentlich würde sich die Frau davon aufhalten lassen.
»Weiß jemand – irgend jemand – unter Ihnen, wer ich bin?« fragte Ash. Schnell ging sein Blick von Gesicht zu Gesicht; seine Augen huschten hin und her, bis er sicher war, daß er sich die Züge eines jeden Anwesenden genau eingeprägt hatte. »Wissen Sie, was ich bin? Antworten Sie mir bitte, wenn Sie es wissen.«
Alle schauten ihn verblüfft an. Er hörte die Frau hinter sich im Zimmer weinen; es war ein gepreßtes, schweres Schluchzen, das ihrer Sprechstimme entsprach, rauh vom Alter.
Beunruhigung breitete sich aus. Noch ein junger Mann war dazugekommen.
»Wir müssen hinein«, sagte eine der Frauen. »Wir müssen sehen, was da los ist.«
»Aber Sie kennen mich? Sie da.« Ash wandte sich an den zuletzt Gekommenen. »Wissen Sie, was ich bin und warum ich hier sein könnte?«
Keiner von ihnen wußte es. Keiner von ihnen wußte irgend etwas. Und doch gehörten sie alle dem Orden an, lauter Gelehrte; kein einziger Dienstbote war darunter. Männer und Frauen in den besten Jahren.
Die Frau im Zimmer hinter ihm rüttelte an den Türknöpfen und riß dann die Türflügel auf. Ash trat beiseite.
»Aaron Lightner ist tot!« rief sie. »Aaron Lightner wurde ermordet!«
Einige schnappten nach Luft, andere schrien vor Bestürzung oder Überraschung leise auf. Aber ringsumher war Unschuld. Der alte Mann aus der Bibliothek schien von der Nachricht tödlich getroffen zu sein. Unschuldig.
Es wurde Zeit, daß er verschwand.
Ash drängte sich schnell und entschlossen durch die lose Gruppe und ging auf die Tür zu; er lief hinunter, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, ehe jemand ihm folgen konnte. Die Frau kreischte den anderen zu, sie sollten ihn aufhalten und ihn nicht entkommen lassen. Aber er hatte einen zu großen Vorsprung, und seine Beine waren so viel länger als ihre.
Er hatte den Nebenausgang erreicht, bevor seine Verfolger an der kleinen Treppe waren.
Er trat in die Nacht hinaus, ging mit schnellen Schritten über das nasse Gras, warf noch einen Blick zurück und fing an zu rennen. Er rannte bis zum Eisenzaun, schwang sich mit einer mühelosen Flanke darüber hinweg, ging zu seinem Wagen und befahl dem Fahrer mit hastiger Geste, ihm die Tür aufzumachen und ihn dann schleunigst von hier fort zu bringen.
Er lehnte sich zurück, und der Wagen nahm auf der freien Landstraße Fahrt auf.
Er las die Faxnummer, die ihm die Frau auf das Blatt geschrieben hatte. Es war eine Nummer außerhalb von England, und wenn ihn sein Gedächtnis nicht täuschte, war sie aus Amsterdam.
Er nahm das Telefon ab, das neben ihm an der Wagenwand angebracht war, und tippte die Nummer der Auslandsauskunft ein.
Ja, Amsterdam.
Er prägte sich die Nummer ein – versuchte es zumindest -, und
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