Die Mayfair-Hexen
sarkastischer Stimme. »Für Tessa habe ich es getan. Ich habe es getan, um Tessa den Mann zu bringen. Das war mein Ziel. Und jetzt lassen Sie mich los, oder Sie werden Tessa nie zu sehen bekommen. Keiner von Ihnen. Vor allem nicht Sie, Lasher, oder Mr. Ash, oder wer immer Sie sein mögen. Wie immer Sie sich nennen mögen! Oder bin ich etwa in einem tragischen Irrtum befangen, und Sie haben tatsächlich einen eigenen Harem?«
Ash löste die Finger von seinem Arm, streckte sie, daß Gordon noch einmal Angst bekam, und dann zog er die Hand zurück und legte sie in den Schoß.
Gordons Augen waren rot und tränenfeucht. Immer noch starr vor Empörung, zog er ein großes, zerknülltes Taschentuch heraus und putzte sich die zart aussehende Hakennase.
»Nein«, sagte Ash ruhig. »Ich werde Sie jetzt töten, glaube ich.«
»Nein! Dann werden Sie Tessa niemals sehen!« fauchte Gordon.
Ash beugte sich über ihn, kam ihm sehr nah. »Dann bringen Sie mich zu ihr, sofort bitte, oder ich werde Sie auf der Stelle erwürgen.«
Gordon schwieg, aber nur für einen Augenblick.
»Sagen Sie Ihrem Chauffeur, er soll nach Süden fahren. Aus London hinaus, Richtung Brighton. Wir fahren nicht nach Brighton, aber einstweilen wird das genügen. Es dauert anderthalb Stunden.«
»Dann haben wir ja Zeit, uns zu unterhalten, nicht wahr?« sagte die Hexe Rowan. Ihre Stimme war dunkel, beinahe rauchig. Sie funkelte in Ashs Gesichtsfeld, schimmerte leicht im Dunkel des Wagens. Ihre Brüste waren klein, aber wunderschön geformt unter den schwarzen Revers ihres tief ausgeschnittenen Blazers. »Erzählen Sie mir, wie Sie es fertig bringen konnten«, forderte sie Gordon auf, »Aaron zu ermorden. Sie sind doch selbst ein Mann wie Aaron.«
»Ich habe es nicht getan«, sagte Gordon erbittert. »Ich wollte es nicht. Es war eine dumme, dumme, böse Tat. Und sie war getan, bevor ich sie verhindern konnte. Das gleiche gilt für Yuri und die Schüsse auf ihn. Ich hatte nichts damit zu schaffen. Yuri, als ich Ihnen vorhin im Coffeeshop gesagt habe, ich machte mir Sorgen um Ihr Leben, da habe ich es ernst gemeint. Es gibt Dinge, auf die ich einfach keinen Einfluß habe.«
»Sie werden uns jetzt alles erzählen«, sagte Michael Curry. Er sah Ash an, während er sprach. »Wir können unseren Freund hier wirklich nicht zurückhalten. Und wir würden es nicht einmal tun, wenn wir könnten.«
»Ich erzähle Ihnen gar nichts mehr«, sagte Gordon.
»Das ist dumm von Ihnen«, sagte Rowan.
»Nein, das ist es nicht. Es ist der einzige Trumpf, der mir bleibt. Ich erzähle Ihnen, was ich weiß, bevor wir zu Tessa kommen, und Sie werden mich beseitigen, sobald Sie sie haben.«
»Ich werde es wahrscheinlich sowieso tun«, sagte Ash. »Sie kaufen sich ein paar Stunden Leben.«
»Nicht so hastig. Es gibt vieles, was ich Ihnen erzählen kann. Sie haben keine Ahnung. Sie werden mehr als ein paar Stunden brauchen.«
Ash antwortete nicht.
Gordons Schultern sackten herab. Er holte tief Luft, beäugte seine Bewacher und wandte sich dann wieder Ash zu. Ash war bis in die andere Ecke zurückgewichen. Er wollte nicht mehr in der Nähe dieses Menschen sein, dieses streitbaren bösartigen Menschen, den er am Ende töten würde.
Er sah seine beiden Hexen an. Rowan Mayfair hatte eine Hand auf dem Knie liegen, ganz wie er selbst; jetzt hob sie die Finger in einer kreisenden Bewegung, mit der sie ihn womöglich bat, Geduld zu haben.
Das Schnappen eines Feuerzeugs ließ ihn zusammenfahren.
»Was dagegen, wenn ich in Ihrem feinen Auto rauche, Mr. Ash?« fragte Michael Curry vom Vordersitz; er hatte den Kopf bereits über die Zigarette und die kleine Flamme gesenkt.
»Bitte tun Sie, was Sie wollen«, sagte Ash mit herzlichem Lächeln.
Zu seiner Überraschung lächelte Michael Curry zurück.
»Es gibt Whisky in diesem Wagen«, sagte Ash. »Eis und Wasser auch. Möchte jemand etwas trinken?«
»Ja«, – sagte Michael Curry und blies den Rauch von sich. »Aber im Namen der Tugend warte ich, bis es sechs ist.«
Und dieser Hexer kann den Taltos zeugen, dachte Ash und studierte Michaels Profil und die etwas groben, aber bezaubernd proportionierten Züge. Seine Stimme klang lustvoll – eine Lust, die sich sicher auf so mancherlei erstreckt, dachte Ash. Sieh nur, wie er die Gebäude anschaut, an denen wir vorüberfahren. Ihm entgeht nichts.
Rowan Mayfair sah weiterhin nur Ash an.
Sie hatten jetzt das Stadtgebiet verlassen.
»Das ist der richtige Weg«, sagte Gordon mit
Weitere Kostenlose Bücher