Die McDermotts 02 - Manchmal
blonden Mann zu bemerken, der sie den ganzen Abend schon von der Theke aus beobachtet hatte, und jetzt im Schutz eines Holzpfostens stand und ihnen nachschaute.
14
Nach einem entspannten Wochenende begann für Melody am Montag wieder der Alltag im Büro. Der Vormittag verlief ruhig. Sie bereitete einige Unterlagen vor, die Adrian am Nachmittag für eine Besprechung benötigte, holte ihm mittags wie gewohnt seine Sandwiches und versuchte zwischendurch vergeblich, Kerry zu erreichen. Von William hatte sie auch immer noch nichts gehört, und nervös wählte sie seine Nummer.
»Kunsthandlung Baker«, ertönte seine ihr wohlbekannte Stimme, und ihr Magen krampfte sich zusammen.
»William, ich bin es, Mel«, sprach sie leise in den Hörer.
»Dass du dich überhaupt noch traust, hier anzurufen«, begann er sofort zu schimpfen. »Hast du das Geld?«
»Nein«, gab sie unbehaglich zu, »Kerry ist verschwunden, ich habe keine Ahnung, wo sie steckt.«
»Verdammt Mel, das glaube ich nicht«, tobte er, »es geht um 30.000 Dollar.«
Melody schluckte. »Hast du meine Nachricht nicht abgehört? Du bekommst dein Geld, 1000 Dollar jeden Monat.«
»Denkst du ernsthaft, ich warte zweieinhalb Jahre? Vergiss es, ich gehe heute noch zur Polizei und erstatte Anzeige.«
»William, bitte tu das nicht«, flehte sie ihn an. »Ich kann keine weiteren Schwierigkeiten gebrauchen.«
»Das ist mir egal«, erwiderte er giftig, »du hast dir das selbst eingebrockt. Dein Zimmer habe ich übrigens schon ausgeräumt, unter den gegebenen Umständen ist es wohl besser, wenn du künftig nicht mehr hier wohnst.«
»Was?« Melody riss die Augen auf. »Aber … das kannst du doch nicht machen …« Es knackte in der Leitung. »William?«
Sie tippte ein paar Mal auf die Gabel, drückte dann die Wahlwiederholung, es ertönte jedoch nur noch das Besetztzeichen, offenbar hatte er den Hörer ausgehängt. Verzweifelt wählte sie nochmals Kerrys Handynummer.
»Kerry, bitte, ruf mich dringend an und lass mich nicht hängen. Ich bin in ernsthaften Schwierigkeiten, William will mich anzeigen. Ich brauche das Geld«, sprach sie ihr eindringlich auf die Mailbox.
In diesem Augenblick ging die Tür auf und ein älterer Mann betrat das Vorzimmer. »Guten Tag, ich bin Paul Angersfield und habe einen Termin mit Mr. McDermott.«
Rasch legte Melody den Hörer auf und warf einen Blick auf den Terminkalender. »Ah ja, Mr. Angersfield, guten Tag. Kommen Sie bitte mit.« Sie stand auf, klopfte kurz an Adrians Bürotür. »Mr. Angersfield ist da«, informierte sie ihn, und als er nickte, trat sie zur Seite, um den Mann vorbeizulassen. »Bitte.«
Sie schloss die Tür, setzte sich wieder an ihren Schreibtisch und überlegte, was sie nun tun sollte. Wenn William wirklich Anzeige erstattete, hätte das fatale Folgen. Es wäre nur eine Frage der Zeit, bis die Polizei sie hier finden und verhaften würde. Abgesehen davon, dass sie dann den Job los wäre, erführe Adrian, dass sie ihn angelogen hatte, und dieser Gedanke schmerzte sie mehr als die Aussicht, im Gefängnis zu landen.
»Miss Foster?«, riss Adrians Stimme sie aus ihren Grübeleien.
Sie zuckte zusammen und sah ihn fragend an. »Ja?«
»Bringen Sie uns bitte Kaffee und ein paar Plätzchen.«
»Natürlich«, nickte sie, stand auf und ging zum Sideboard. »Oh«, entfuhr es ihr betroffen, als sie sah, dass nur noch ein einziger Keks in der Glasdose lag.
Adrian war ihrem Blick gefolgt und hob in gewohnter Manier eine Augenbraue. »Haben wir seit Neuestem Mäuse hier im Büro?«
»Ich … ich fürchte, das war ich«, gestand sie verlegen. »Es tut mir leid.«
Er schaute sie an, schüttelte den Kopf und seufzte. »Laufen Sie ins Diner rüber und holen Sie Ersatz«, ordnete er an.
»Ja, sofort.«
»Und Miss Foster«, rief er ihr hinterher, als sie schon fast zur Tür draußen war.
Sie drehte sich um. »Ja?«
»Ihnen dürfte ja klar sein, dass ich das auf Ihre Schuldenliste setze.« Seine Augen funkelten. »Irgendwie habe ich beinahe den Eindruck, als wollten Sie hier nicht wieder weg.«
»Ich muss heute nach Houston«, gab Adrian am Dienstagmorgen beim Frühstück bekannt. »Ich werde erst morgen Abend zurück sein.«
»Was? Das ist aber sehr kurzfristig«, entfuhr es Melody überrascht.
»Ja, es hat sich gestern so ergeben«, erklärte er. »Ich fliege in eineinhalb Stunden vom Crystal City Municipal Airport. Es wäre nett, wenn Sie mich zum Flughafen bringen würden, Sie können dann meinen Wagen haben,
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