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Die Medica von Bologna / Roman

Die Medica von Bologna / Roman

Titel: Die Medica von Bologna / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Manuel wichtigtuerisch zu mir. Fast schien er froh darüber, dass seine Weisheit Wahrheit geworden war.
    Der Abwechslung halber schwieg diesmal ich und begnügte mich damit, Luca auf die Umgehungsstraße zu folgen. Gegen Mittag beschloss ich, das allgemeine Schweigen zu brechen, und sagte: »Wir sind jetzt fünf oder sechs Stunden unterwegs, ich möchte rasten.«
    »Wir haben noch kaum was geschafft, Signorina.« Luca machte keine Anstalten anzuhalten, aber ich war die Unhöflichkeiten meiner Begleiter leid und sagte: »Ich habe Hunger. Ich möchte rasten, und ich werde rasten. Denkt daran, dass ihr eine gute Summe Geldes eingestrichen habt, um mich heil nach Venedig zu bringen. Sorgt also dafür, dass es mir gutgeht. Macht sofort halt!«
    Sie blickten sich an und gaben klein bei. »Wie Ihr meint, Signorina.« Sie saßen ab, sicherten die Tiere und hängten ihnen mit Hafer gefüllte Säcke vors Maul. Dann holten sie ihre Wegzehrung hervor, breiteten eine Pferdedecke aus und begannen zu essen.
    Mich beachteten sie nicht weiter.
    »Ich wäre euch dankbar, wenn ihr meinen Proviant abladen würdet, damit auch ich etwas essen kann«, sagte ich mühsam beherrscht.
    Wieder blickten sie sich an, und Manuel erwiderte: »Ich will’s tun, Signorina, aber fürs Abladen und Füttern haben wir die Moneten nicht gekriegt, das sag ich Euch.«
    Ich sagte dazu nichts, sondern wartete, bis er das Gewünschte erledigt hatte, setzte mich auf meine eigene Decke und aß mein eigenes Essen. Wenn ich nicht so wütend auf die beiden Holzköpfe gewesen wäre, hätte ich sicher geheult. Aber diesen Triumph wollte ich ihnen nicht gönnen.
    Am Nachmittag begann mich die Eintönigkeit des flachen Landes zu ermüden. Das Grün der Wiesen und Weiden, das im Sommer für fettes, gesundes Vieh sorgte, war einem tristen Grau gewichen. Immer wieder erwies die Straße sich als morastig, und mehr als ein Mal wurden wir aufgehalten. Erst spät am Abend, ungefähr eine Stunde vor Mitternacht, erreichten wir Malalbergo, ein Nest, dessen einzige Bedeutung sich aus der Tatsache ableitet, dass es auf der Straße nach Ferrara liegt. Ich war hungrig und müde, und mir tat alles weh vom stundenlangen Reiten.
    Die Einwohner lagen schon in tiefem Schlaf, doch Luca scherte sich nicht darum. Mit einer Fackel leuchtete er in jedes Haus hinein, bis er eine Herberge gefunden hatte. Sie hieß
L’ostello per la sosta.
Das klang verheißungsvoll, bewahrheitete sich aber nicht, denn der verschlafene Wirt war misstrauisch. Er ließ sich erst mein Geld zeigen, bevor er etwas zugänglicher wurde und uns und die Tiere leidlich versorgte. Das Zimmer, das er mir zuwies, hatte dennoch einen Makel. Es befand sich in unmittelbarer Nähe des Abtritts, dessen Gestank es mir trotz meiner Müdigkeit kaum möglich machte, Schlaf zu finden.
    Am anderen Morgen brachen wir in aller Herrgottsfrühe auf, nachdem wir eine dünne, lauwarme Suppe zu uns genommen hatten. Luca und Manuel waren auch an diesem Tag nicht gesprächiger, doch hatten wir wenigstens mit der Straße Glück. Sie war die letzten Meilen vor Ferrara gepflastert, was uns ein besseres Fortkommen ermöglichte. Meine Begleiter gaben sogar ihre bisher strikt eingehaltene Formation auf, sie ritten zu zweit an der Spitze. Ich konnte sie ein paarmal sogar lachen hören. Den Wortfetzen, die hin und wieder an mein Ohr drangen, entnahm ich, dass sie sich in Ferrara einen vergnügten Abend mit anschließendem Bordellbesuch machen wollten.
    Mir war das gleichgültig. Ich hatte mich inzwischen damit abgefunden, dass die Reise kein Vergnügen war, und malte mir aus, dass es in Venedig wahrscheinlich noch viel weniger angenehm werden würde. Wenigstens die Herberge in Ferrara war sauber, und auch das Essen, das man uns an den Tisch brachte, war gut. Ich bestellte
tortelli di zucca
mit einer Füllung aus Kürbis, Mandeln, und kandierten Senffrüchten, darüber ließ ich mir
parmigiano reggiano
streuen. Dazu aß ich etwas
salama da sugo,
eine köstliche Wurstspezialität der Gegend. Insgesamt war es ein einfaches, aber köstliches Mahl, das mich für manche Entbehrung entschädigte, zumal auch der Wein, ein Lambrusco Mantovano, mit seinen Aromen nach Früchten und Gewürzen hervorragend mundete.
    Der Weg nach Rovigo am nächsten Tag gestaltete sich angenehmer, nicht nur, weil die Sonne hin und wieder durchbrach, sondern auch, weil mir die Kehrseite nicht mehr so weh tat. An Lucas und Manuels Schweigsamkeit hatte ich mich mittlerweile gewöhnt,

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