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Die Medica von Bologna / Roman

Die Medica von Bologna / Roman

Titel: Die Medica von Bologna / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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nicht im Harem bleiben. Unter ihnen rangieren nur noch die Arbeitssklavinnen, die ebenfalls aus den Ländern der Ungläubigen kommen, weil es verboten ist, Muslime zu versklaven. «
    »Und wie steht es mit den Eunuchen?«
    »Sie sind geschlechtslos, wie Ihr wahrscheinlich wisst, weshalb sie die einzigen Männer sind, die das Frauenhaus betreten dürfen. Von ihnen geht keine sinnliche Gefahr aus. Ihr Körper ist weich, ihre Seele friedlich. Von Ausnahmen einmal abgesehen. Der Kizlar Ağası ist der Oberste von allen. Er kommt in seiner Bedeutung einer Kadine gleich, allerdings mag das von Sultan zu Sultan verschieden sein. Die meisten Eunuchen sind von schwarzer Hautfarbe, ich hingegen bin weiß.« Latif grinste etwas mühsam. »Ich war, wenn Ihr so wollt, das weiße Schaf unter den Kastraten Murads III .«
    »Allmählich kann ich mir deine Rolle vorstellen.« Ich lächelte und sagte: »Du sprachst eben von friedlichen Eunuchen und davon, dass es Ausnahmen gäbe. Auch sagtest du, du hättest dich mit der Valide Sultan nicht gutgestellt. Was meintest du damit?«
    »Darüber möchte ich nicht sprechen.«
    »Hast du etwa ein Geheimnis vor deiner Herrin?«
    »Nein, nein, es ist viel zu unwichtig, als dass es ein Geheimnis sein könnte. Viel wichtiger ist, dass der Magen nach einer Speise ruft. Der Tag neigt sich, wir sollten einen Lagerplatz suchen.«
    »Nun gut, es sei, wie du vorschlägst«, sagte ich.
     
    Auch am vierten Tag unserer Reise mochte Latif nicht näher über seine Schwierigkeiten im Harem Murads III . reden, und ich beließ es dabei. Einerseits, weil ich mir sagte, früher oder später würde er ohnehin darüber sprechen, andererseits, weil wir meiner Vaterstadt zusehends näher kamen und meine Gedanken mir vorauseilten. Wir ritten eine Zeitlang parallel zum Reno und zur Savena, die Bologna so reich mit Wasser versorgen, beobachteten, wie das flache Land immer öfter von Häusern und Gehöften unterbrochen wurde, spürten schon von ferne die Betriebsamkeit der großen Stadt, erspähten die ersten ihrer hohen Türme und erreichten sie schließlich, indem wir am frühen Abend an der Porta Mascarella haltmachten, jenem Tor, durch das ich schon bei meiner Hinreise geritten war. Die Posten standen kurz vor dem Wachwechsel, weshalb ihr Interesse an uns eher gering ausfiel. Sie winkten uns durch, und ich lenkte den treuen Capo geradewegs zur Via delle Lame, wo Gaspare in seinem terrakottafarbenen Haus sicher schon voller Sorgen auf mich wartete.
    Ich saß ab und befahl Latif, er möge warten und auf die Reittiere aufpassen. Adelmo erschien in der Haustür, näherte sich trippelnden Schrittes und verbeugte sich tief vor mir. »Ich freue mich, dass Ihr gesund aus dem pestverseuchten Venedig zurück seid, Signorina Carla! Ich hoffe, Ihr hattet eine angenehme Reise?«
    »Danke, Adelmo.« Der Diener musste nicht unbedingt wissen, wie es mir ergangen war. Eine ausführliche Schilderung meiner Erlebnisse wollte ich mir für Gaspare aufheben. Ich war gespannt auf seinen Gesichtsausdruck, wenn ich ihm das Gutachten, das ich unter so vielen Mühen und Gefahren besorgt hatte, überreichen würde. »Bitte melde mich bei Doktor Tagliacozzi an.«
    Adelmo verzog bedauernd das Gesicht. »Der Doktor ist leider zurzeit nicht anwesend, Signorina. Nur seine Gemahlin. Soll ich Euch …?«
    »Nein danke.« Ich hatte Mühe, mir meine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen, sagte mir aber, dass es die normalste Sache der Welt sei, Gaspare nicht anzutreffen. Schließlich konnte er nicht jeden Abend zu Hause sitzen und darauf warten, dass ich vielleicht aus Venedig zurückkehrte. Rasch überlegte ich, was am besten zu tun sei. Dann sagte ich: »Bitte richte dem Doktor meine Empfehlung aus, ich wäre seit heute wieder in Bologna und hätte ihn leider nicht angetroffen. Morgen Abend würde ich es noch einmal versuchen. Sollte er dann auch verhindert sein, möge er mir rechtzeitig Bescheid geben.«
    »Gewiss, Signorina Carla.«
    »Capo und das Maultier meines Dieners bleiben hier.«
    »Äh, natürlich.« Wenn Adelmo sich darüber wunderte, dass ich neuerdings einen Diener hatte, so zeigte er es jedenfalls nicht. »Was soll mit dem Gepäck geschehen, Signorina?«
    »Es bleibt ebenfalls hier. Es ist zu schwer, als dass Latif es tragen könnte. Sende es mir morgen früh mit einem Wagen in mein Haus.«
    »Natürlich, Signorina, gern Signorina.«
    Adelmo verschwand mit einer Verbeugung, und alsbald erschien ein Knecht, der den

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