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Die Medica von Bologna / Roman

Die Medica von Bologna / Roman

Titel: Die Medica von Bologna / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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begann ich, meine neue Garderobe zu schneidern, aber es dauerte fast drei Wochen angestrengter nächtlicher Arbeit, bis ich alles zu meiner Zufriedenheit fertiggestellt hatte. Bei den Anproben erlebte ich eine Überraschung: Ich stellte fest, dass ich in der Zwischenzeit etwas größer und mein Busen etwas fülliger geworden war. Ich betrachtete ihn. Soweit ich es beurteilen konnte, hatte er eine makellose Form. Gern hätte ich meine Brüste auch einmal von vorn oder von der Seite gesehen, wie überhaupt ich meinen nackten Körper gern einmal von oben bis unten in Augenschein genommen hätte, aber
brutto nemico,
mein hässlicher Feind, verhinderte es. Ich traute mich nicht, ihn von seiner Verhüllung zu befreien.
    Trotzdem war ich sicher, wunderschöne, neue Kleider zu besitzen. Sie erfüllten mich mit Stolz, denn es war mir wieder einmal gelungen, aus dem Wenigen etwas Schönes zu machen. Ich zog das ockergrundige Damastkleid mit dem blutroten Mieder an und paradierte damit auf und ab. Ich schritt durch sämtliche Zimmer meines Hauses, bis hinauf ins erste Stockwerk, kehrte wieder zurück, drehte mich um mich selbst und machte dasselbe mit dem schwarzen Kleid, dann mit der schwarzen Zimarra und zuletzt mit dem grauen, goldfunkelnden Barett. Ich tauschte die bunten Ärmel mehrfach aus, nahm diese einmal für jenes Kleid und jene einmal für dieses Kleid, ich kombinierte alles mit allem und war am Ende so zufrieden, dass ich am liebsten sofort auf die Straße gelaufen wäre, um mich dort in meiner neuen Ausstattung zu zeigen.
    Doch konnte ich das wagen? Konnte ich sicher sein, dass die Häscher, die mir zweifellos nachspürten, ihr Vorhaben aufgegeben hatten?
    Nein, das konnte ich nicht.
    Trotzdem musste ich weiter durch Bolognas Straßen laufen, jeden Tag, denn jeden Tag erwarteten die frommen Schwestern mich in ihrem Hospital.
    So gesehen, war es vielleicht nur eine Frage der Zeit, bis man auf eine Frau mit Barett und Schleier aufmerksam wurde.
    Aber ich hatte jetzt ein anderes Barett mit einem anderen Schleier …
    Doch auf den Straßen Bolognas waren Schleier selten zu sehen, so selten, wie man Kühe auf die Piazza Maggiore trieb …
    Sollte ich vorsichtshalber zu den frommen Schwestern ziehen, um mir den gefährlichen Weg zu ersparen? Mutter Florienca, die gütige Oberin, hatte es mir bei unserer ersten Unterredung angeboten. Wenn ich im Aedificium wohnte, im Dormitorium schlief und im Hospital arbeitete, würde mich kein Mensch jemals aufspüren können.
    Aber wollte ich wirklich bei den frommen Schwestern leben? Nein, das wollte ich nicht. Andererseits musste ich um alles in der Welt verhindern, dass mich jemand auf der Straße erkannte. Nachdem ich eine ganze Nacht lang das Problem hin und her gewälzt hatte, kam ich zu einem Entschluss. Ich wollte weiter zu den Nonnen gehen – und auf dem Weg zu ihnen alles tun, damit mich niemand entdeckte. Ich wollte für den Hinweg und Rückweg eine Strecke wählen, die fernab allen studentischen Treibens lag, und ich wollte dafür Zeiten wählen, zu denen die Herren
Studiosi
mit großer Wahrscheinlichkeit nicht unterwegs waren.
    An den nächsten Tagen setzte ich meinen Entschluss in die Tat um. Ich brach schon um fünf Uhr morgens auf – zu einer Zeit, da auch der fleißigste Student noch schläft – und ging nicht wie sonst direkt durch die Innenstadt, sondern nahm den großen Umweg an der Stadtmauer entlang. Niemand merkte etwas von meiner Vorsichtsmaßnahme, nicht einmal die genau beobachtende Schwester Marta, denn ich traf zur gewohnten Stunde im Hospital ein.
    Am Nachmittag, wenn die Studenten Vorlesungen hatten, machte ich mich auf den langen Rückweg. Jedes Mal, wenn ich ihn antrat, verspürte ich Trauer, denn es war die Zeit, zu der ich früher die Lektionen in der
Scuola d’Aranzio
belauscht hatte.
    Professor Aranzio war ein guter Lehrer gewesen. Und Doktor Tagliacozzi auch. An ihn musste ich, ob ich wollte oder nicht, häufig denken. Immer wenn ich einen Verband anlegte, sah ich seine geschickten Hände vor mir, und immer wenn ein Kranker mich ansprach, glaubte ich, seine feste, klare Stimme zu hören. Ich war mir sicher, dass diese lästigen Erscheinungen bald nachlassen würden, doch ich täuschte mich. Doktor Tagliacozzi blieb in meinem Kopf.
    Daraufhin begann ich, all die Dinge, die mir an ihm missfallen hatten, aufzuzählen. Aber abgesehen von der Tatsache, dass ich seine schwarze Kleidung steif und langweilig fand, fiel mir nichts ein.
    Alles

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