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Die Medizinfrau

Die Medizinfrau

Titel: Die Medizinfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Carmichael
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Armen und Schultern von der ungewohnten körperlichen Anstrengung. Doch irgendwie erhöhten die Muskelschmerzen das Glücksgefühl, etwas geleistet zu haben.
    Kurz vor dem Abendessen befreite sie die Zwillinge aus ihrer beengten Lage. Beide saßen nun wortkarg und schmollend bei Tisch, nicht anders als Olivia es erwartet hatte. Ellen schmollte noch mehr, als sie feststellen mußte, daß die Mahlzeit zumindest eßbar war. Das Selbstbewußtsein eines Menschen, der sich für unersetzlich hielt, erleidet einen empfindlichen Knacks, wenn er feststellen muß, daß er oder sie entbehrlich ist.
    »Das Gulasch schmeckt zwar nicht so gut wie deines, Ellen. Aber ich lerne.«
    »Gar nicht übel«, gestand Ellen widerstrebend.
    »Wieso wollen Sie eigentlich kochen lernen?« fragte Katy unverblümt. »In ein paar Tagen sind Sie wieder in der Stadt und werden bedient.«
    »Das hoffe ich von ganzem Herzen. Aber ich war mir noch nie zu schade, etwas Neues zu lernen. Man kann nie wissen, wann man praktische Dinge brauchen kann.«
    Katy schnaubte verächtlich.
    »Sind wir quitt?« fragte Olivia lächelnd.
    Katy und Ellen schauten finster auf ihre Teller. »Was meinen Sie damit?« wollte Katy wissen.
    »Du weißt schon, was ich meine. Hat euch der Ruhetag gut getan? Habt ihr vielleicht etwas gelernt, als ihr Zeit zum Nachdenken hattet?«
    »Sie haben uns gezwungen«, entgegnete Katy finster.
    »Weil ich glaubte, ihr braucht etwas Ruhe. Ich halte es für vernünftig, sich ruhig zu verhalten, wenn man noch vor kurzem krank war. Für wenig vernünftig halte ich es, sich seine Finger in einer Mausefalle einzwicken zu lassen oder von einer Schlange im Spülwasser erschreckt zu werden.«
    Ellen hob den Blick hinter einem Vorhang langer schwarzer Wimpern. »Wir wollen nicht, daß Sie … also Katy sagt, unverheiratete Frauen fangen an zu spinnen, wenn sie älter werden. Wir wollten nicht, daß Sie sich Hoffnungen auf unseren Pa machen. Katy sagt, es ist ein ganz schlechtes Zeichen, daß ihr in einem Bett geschlafen habt. Deshalb wollten wir sichergehen, daß Sie nicht bleiben wollen. Es war nicht persönlich gemeint.«
    Olivia bekam rote Wangen. Irgendwie konnte sie die Kinder verstehen. Sie hatte sich unerhörte Vertraulichkeiten von Gabriel Danaher gefallen lassen. Die Einsamkeit und die Primitivität der Umstände hatten Gefühle und Reaktionen in ihr hervorgerufen, die völlig schockierend waren. Im Grunde genommen waren die beiden unschuldigen Kinder rührend, und sie würde eine Lehre daraus ziehen, wozu sie sich hatte hinreißen lassen.
    »Macht euch keine Sorgen, Kinder. Ich habe keine romantischen Gefühle für euren Vater. Sobald der Weg nach Elkhorn passierbar ist, bin ich von hier fort, das könnt ihr mir glauben.«
    Katy schien zunächst erleichtert, dann verfinsterte sich ihr Gesicht erneut. »Wahrscheinlich ist unser Pa nicht gut genug für eine feine Dame aus der Stadt wie Sie.«
    »Euer Vater ist ein anständiger Mann.«
    »Er sieht sehr gut aus«, setzte Ellen hinzu.
    »Ja, das stimmt.«
    »Er ist klug«, meinte Katy. »Und er ist ein todsicherer Schütze mit der Flinte und der Pistole. Er wird mit jedem fertig, der ihm an den Kragen will – wenn ich ihm ein bißchen helfe.«
    »Das kann ich mir denken.«
    »Eines Tages ist er reich von dem Zeug, das er aus der Mine holt«, erklärte Ellen. »Und dann kaufen wir uns eine Pferderanch in Kalifornien, wo es warm ist, mit Weiden, die bis zum Meer reichen.«
    »Aber er wird nie wieder heiraten«, beeilte Katy sich hinzuzufügen, die sich offenbar an ihre ursprüngliche Absicht erinnerte. »Und wenn, dann tut mir die Frau heute schon leid. Er ist furchtbar jähzornig und schlägt wild um sich.«
    Olivia bemerkte Ellens momentane Verunsicherung, bevor ein Lächeln ihre Züge wieder aufhellte. »Ja«, pflichtete sie der Schwester bei. »Dann müssen Katy und ich uns unters Bett verkriechen, wenn Pa seinen Wutanfall bekommt, sonst würde er uns windelweich hauen. Ich mag gar nicht daran denken, was er mit einer Frau anstellen würde.«
    »Arme Kinder«, murmelte Olivia und unterdrückte ein Lächeln. Gabriel Danahers Jähzorn hatte sie bereits erlebt. Daß er seine Wut gegen seine Kinder richtete, wollte sie nicht glauben. Die Vorstellung, daß Katy und Ellen sich vor einem wildgewordenen Danaher unter die Betten flüchteten, paßte nicht ins Bild.
    »Und er trinkt«, setzte Katy noch eins drauf.
    »Ach wirklich?«
    »Ständig trinkt er.«
    »Das ist ja furchtbar.« Olivia

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