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Die Medizinfrau

Die Medizinfrau

Titel: Die Medizinfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Carmichael
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zum ersten Mal die Muskeln eines Mannes.
    Slim betäubte sich mit einer Flasche Whiskey, die Jeb aus der Satteltasche holte. Jeb trank eine zweite Flasche. Der vierschrötige Kerl schien von den Unmengen Schnaps, die er in sich hineinkippte, kaum angegriffen. Er hatte keine Mühe, den wimmernden Slim festzuhalten, bis Olivia die Schiene angelegt hatte.
    »Sie sind besser als die meisten Bauchaufschneider«, lobte Jeb, als sie damit fertig war. Slim schlief seinen Rausch schnarchend vor dem Kamin aus, das verbundene Bein war mit kühlen Kompressen versehen, hochgelagert. »Aber hier draußen muß eine Frau sich in allem auskennen, genau wie ein Mann. Aber irgendwie sind Sie zu jung, um die beiden Gören zur Welt gebracht zu haben.«
    Olivia war im Begriff, den Mann über seinen Irrtum, sie für die Mutter der Mädchen zu halten, aufzuklären, als Katy sich einmischte. »Sie ist unsere Stiefmutter. Unser Pa ist ein eifersüchtiger und sehr brutaler Kerl. Ich an Ihrer Stelle würde mich verdrücken, bevor er kommt.«
    »Na ja, Kleine. Slim und ich tun keiner Fliege was zuleide, und wir wissen nicht wohin, da Slim doch nicht hatschen kann und der einzige vernünftige Weg nach Elkhorn verschüttet ist.«
    »Sie bleiben natürlich über Nacht hier«, versicherte Olivia. Vielleicht war es klüger, diese Männer glauben zu lassen, sie sei die Frau eines krankhaft eifersüchtigen Wüterichs. »Sie bleiben so lange Sie es für nötig halten.«
    Jeb grinste und entblößte lückenhafte, tabakbraune Zähne. »Das ist riesig nett von Ihnen. Wie ich sehe, haben Sie mit den beiden alle Hände voll zu tun. Die Kleine hat ein ziemlich loses Mundwerk.«
    »Ja, das hat sie.« Olivia hob eine Augenbraue und Katy seufzte theatralisch.
    »Ach Mama!«
    Die beiden Männer bekamen die Betten der Kinder im Speicher. Katy und Ellen krochen zu Olivia in Danahers Bett. Ellen beschwerte sich über die Enge, doch Katy schien mit der Aufteilung zufrieden zu sein.
    »Wenigstens können sie nicht die Leiter runterschleichen, ohne daß wir sie hören«, meinte sie drohend. »Und wenn sie Ärger machen wollen, mach ich ihnen Feuer unter den Hintern.« Sie holte den 44er unter dem Kissen hervor, den sie zuvor Olivia in die Hand gedrückt hatte.
    »Katy! Du kannst doch nicht mit einer Waffe unter dem Kopfkissen schlafen«, zischte Olivia. »Wenn die losgeht.«
    »Die geht nicht los.« Wieder bekam das Kindergesicht diesen harten Zug, eine Ernsthaftigkeit, die Olivia das Gefühl gab, Katy sei die Erwachsene, nicht sie. »Es ist nicht das erste Mal, daß ich mit einer Knarre unter dem Kissen schlafe und wahrscheinlich nicht das letzte Mal.«
    Diesmal schalt Ellen ihre Schwester nicht für ihre Rauhbeinigkeit. Auch Olivia schwieg und hoffte, daß Katys Mißtrauen den Fremden gegenüber unbegründet war.
    »Ich glaube nicht, daß die beiden wirklich etwas Böses im Schilde führen«, flüsterte Olivia, als die drei sich bemühten, eine möglichst bequeme Lage zu finden.
    »Woher soll eine Frau aus dem Osten das auch wissen«, entgegnete Katy herablassend. »Es gibt zwei Sorten von Kerlen, die sich so weit oben in den Bergen herumtreiben. Entweder sie laufen vor dem Gesetz davon, oder sie werden aus jeder Stadt verjagt, weil sie Stinktiere sind. Sonst würden sie an Plätzen schürfen, wo man leichter an das Silber rankommt, und wo das Wetter wärmer ist.«
    Olivia überlegte, zu welcher Sorte Gabriel Danaher gehörte.
    »Ich wünschte, Pa würde nach Hause kommen«, sagte Ellen mit kleiner Stimme.
    Auch Olivia wünschte, Gabriel Danaher würde nach Hause kommen. Sie hatte es lieber mit einem Stinktier zu tun, das sie kannte, als mit den beiden fremden Stinktieren oben im Speicher.
     
    Am nächsten Morgen machten Jebediah und Slim sich über Ellens Brötchen und Bratenschmalz her wie ein Rudel ausgehungerter Wölfe. Das dritte Backblech hatten sie bereits verdrückt, bevor Olivia und die Mädchen sich zum Frühstück setzten, und die Hälfte des vierten verschlangen sie auch noch. Es blieb kaum etwas für die drei übrig. Doch als Ellen ein fünftes Blech backen wollte, meinte Olivia, es sei nicht nötig. Sie hatte wenig Appetit, nachdem sie die ganze Nacht kein Auge zugetan und auf Geräusche von oben gehorcht hatte. Die beiden Mädchen konnten ihren Anteil haben, sie wollte sich mit einem Becher Kaffee begnügen.
    Slim rülpste eine Entschuldigung, schob den Hocker zurück und strich sich den Bauch. »Wir wollen Ihnen ja nicht die Haare vom Kopf fressen,

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