Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Medizinfrau

Die Medizinfrau

Titel: Die Medizinfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Carmichael
Vom Netzwerk:
gesagt, daß er zur Jagd geht.«
    »Er hat sich nicht mal verabschiedet.«
    Ellens zerzauster Kopf wühlte sich aus den Decken. Sie blinzelte Katy verschlafen an. »Er wollte uns nicht wecken. Kapierst du das nicht?«
    »Willst du den ganzen Tag verschlafen? Es gibt viel zu tun.«
    »Was denn?«
    »Was denn … wir müssen auf diese Frau aufpassen.«
    »Doktor Baron, wolltest du wohl sagen.«
    Katy senkte die Stimme. »Wir müssen sie schnellstens loswerden.«
    »Pa sagt, sie muß hierbleiben, bis er wieder da ist.«
    »Ja, das weiß ich. Aber ich glaube, sie hat vor, sich Pa zu angeln.«
    »Sei nicht albern. Sie geht nach Elkhorn zurück und dann nach New York. Die redet doch von nichts anderem.«
    »Ja, aber sie ist alt, und sie hat keinen Mann. Frauen drehen durch, wenn sie mit achtzehn noch nicht verheiratet sind, und das ist eine Tatsache. Ich habe gesehen, wie sie Pa ansieht, wie ein hungriger Hund einen Knochen.«
    »Quatsch. Du weißt nicht, wovon du redest.«
    »Ach, bist du sicher? Sie schlafen in einem Bett.«
    »Weil es unten nur ein Bett gibt. Und außerdem hat sie letzte Nacht im Stuhl geschlafen. Ich bin aufgestanden und hab’ nachgeschaut.«
    Katy seufzte. »Egal. Einmal haben sie zusammen geschlafen. Wenn ein Mann und eine Frau zusammen schlafen, heißt das, daß was zwischen ihnen ist.«
    »Ach ja? Und was, Fräulein Alleswisser?«
    »Das weiß ich nicht genau! Aber es ist nicht richtig.«
    »Du suchst nur Streit, wie immer.«
    »Willst du riskieren, daß sie unser Leben hier kaputtmacht? Ich finde, wir müssen dafür sorgen, daß sie keinen Tag länger bleibt als nötig.«
    Ellen machte ein mißtrauisches Gesicht. »Sie war nett zu uns, als wir krank waren.«
    »Pa hat sie hier heraufgeschleppt. Sie ist nicht freiwillig mitgekommen. Ihr war es egal, ob wir sterben. Das ist die Wahrheit!« Ellen runzelte die Stirn, und Katy fuhr eifrig fort: »Ich habe gehört, wie sie mit Pa darüber gestritten hat, als wir krank waren.«
    »Wollte sie wirklich nicht mit ihm kommen?«
    Katy senkte die Stimme zu einem verschwörerischen Raunen. »Pa hat sie mit der Pistole bedroht!«
    »Du liebe Güte!«
    »Sie ist keine sehr nette Frau.«
    »Also außer vom Verarzten hat sie von nichts eine Ahnung, das steht fest.«
    »Wir müssen nur dafür sorgen, daß sie wirklich gehen will, wenn der Weg wieder frei ist.«
    Ellen machte ein nachdenkliches Gesicht, dann lächelte sie. Katy lächelte ebenfalls. Die meiste Zeit war Ellen ja langweilig, aber wenn es darauf ankam, war sie einfallsreicher als Katy. Olivia Baron würde es bald bedauern, daß sie sich von Pa nicht lieber hatte erschießen lassen, als den O’Connell Zwillingen zu begegnen.
     
    Die Tatsache, daß ihr Gabriel Danaher fehlte, zeigte Olivia nur, wie sehr ihr gesundes Urteilsvermögen sie im Stich ließ, seit sie aus dem relativ zivilisierten Elkhorn in diese Einsiedlerhütte in den Bergen verschleppt worden war. Elkhorn als zivilisiert zu bezeichnen war schlimm genug, aber sich nach Danaher zu sehnen – das zeigte ihr deutlich, welchen Schaden extreme Lebensumstände dem Verstand einer Frau zufügen konnten.
    Der Morgenhimmel, der so vielversprechend ausgesehen hatte, war mit schweren Wolken verhangen, als Olivia hinausging, um nach Murdochs Bein zu sehen. Der Wind roch nach Schnee und fuhr ihr auf dem Weg zum Stall beißend ins Gesicht. Rauchschwaden quollen aus dem Kamin und hingen in Fetzen in den Bäumen.
    Olivia schloß rasch die Stalltür und war froh, den warmen Pferdegeruch einzuatmen. Ob Danaher wegen des Unwetters umkehren würde? Vermutlich nicht. Einer, der in diesen unwirtlichen Bergen den Winter verbrachte, ließ sich von der Kälte nicht abschrecken.
    Der große Appaloosa beäugte sie mißtrauisch, als sie sich in seinen kleinen Verschlag zwängte.
    »Keine Sorge, mein Freund. Wenn ich nochmal ein Pferd stehle, dann bestimmt nicht dich.«
    Murdoch wieherte zufrieden.
    »Nun laß mich mal dein Bein anschauen.«
    Katy war vor einer Stunde aus dem Stall gekommen und hatte gesagt, Murdochs Bein sei wieder geschwollen. Olivia tastete den Hinterlauf bis zur Fessel ab. Er schien nicht überempfindlich zu sein und war nicht heiß, die Schwellung schien eher zurückgegangen als schlimmer geworden zu sein. Aber sie mußte etwas tun, sonst würde Katy sich in den Stall setzen und bei ihrem Pferd Wache halten.
    »Ich mach dir zur Abwechslung warme Umschläge, einverstanden, Murdoch? Ich hol heißes Wasser.«
    Das Pferd prustete einen Schwall

Weitere Kostenlose Bücher