Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Medizinfrau

Die Medizinfrau

Titel: Die Medizinfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Carmichael
Vom Netzwerk:
können. Warum hatte er Jeb nicht gesagt, daß Olivia ihn nichts angehe, und sie sich sehr wohl selbst verteidigen könne. Sein empörendes Verhalten zeigte aber auch, daß Gabriel Danaher tief in seinem Innersten einen Funken Ritterlichkeit besaß. Danaher wäre vermutlich der Letzte, der sich das eingestehen würde. Und diese Tatsache machte es Olivia so schwer, ihm wegen seines unmöglichen Benehmens allzu böse zu sein.
    »Was haben wir denn da?« Gabe nahm den Teller, den Olivia ihm reichte und schnupperte. »Hasengulasch?«
    »Katy hat heute nachmittag zwei Hasen heimgebracht.«
    »Mit der Steinschleuder erledigt«, erklärte Katy stolz. »Ein Stein für jeden Hasen.«
    »Gut gemacht«, lobte Slim. »Ich habe noch nie mit einer Steinschleuder geschossen. Vielleicht solltest du es mir beibringen?«
    Der Kampf zwischen Stolz und Abneigung gegen Slim spielte sich nun deutlich in Katys Gesicht ab. »Mal sehen.«
    »Schmeckt gut.« Gabe hob eine Augenbraue. »Hast du gekocht, Olivia?«
    »Ja. Warum die Frage?«
    »Sie sind eine tüchtige Köchin«, lobte Jeb. »Es ist ja nicht schlecht, eine hübsche Frau zu heiraten, aber wenn sie nicht kochen kann …« Er beendete den Satz mit einem verächtlichen Grunzen.
    »Genau meine Meinung.« Gabe lächelte unschuldig, doch Olivia ahnte eine Teufelei. »Eine Frau gehört in die Küche! Das war schon immer so. Und so wird es auch bleiben.«
    Olivia zog eine Augenbraue hoch, ein Versprechen, Rache für diese unverschämte Bemerkung zu nehmen.
    »Eine Frau gehört auch ins Bett«, stellte Slim mit einem lüsternen Feixen fest.
    »Benimm dich, Slim.« Jeb runzelte ungehalten die Stirn. »Es sitzen Kinder am Tisch.«
    »Die sind nicht mehr so klein, daß sie Männlein und Weiblein nicht auseinanderhalten können. Meine Mutter hat schon mit dreizehn geheiratet.«
    »Deine Mutter war überhaupt nie verheiratet, wenn mich nicht alles täuscht.«
    »Du hast kein Recht, sowas zu sagen.«
    »War nur so ein Gedanke.« Jeb langte nach einem Brötchen. »Die sehen gut aus. Schön goldbraun, wie ich sie mag.«
    »Ja, sehen wirklich gut aus.« Gabe nahm gleich zwei. »Es geht nichts über ein ofenfrisches Brötchen. Vor unserer Hochzeit hab’ ich zu Olivia gesagt: Ollie, Schatz, mir ist es wurscht, ob du lesen oder schreiben kannst oder nur einmal im Monat badest, Hauptsache du kannst gutes Brot backen. Das hat sie so beeindruckt, daß sie gleich Backen gelernt hat.«
    Jeb zog die Stirn in Falten. »Einmal im Monat baden ist aber oft.«
    Gabe biß in sein Brötchen und kaute begeistert. Dann versteinerte er. Sein gebräuntes Gesicht nahm die Farbe eines toten Fischbauchs an.
    Olivia sah Ellens Lächeln, und eine böse Ahnung stieg in ihr hoch.
    Gabe kaute weiter. Sein Mund verzog sich zu einem säuerlichen Lächeln. »Gut«, würgte er hervor.
    Auch Jeb biß kräftig in sein Brötchen. Seine Augen weiteten sich, die Nüstern blähten sich, der Mund verzog sich, er spuckte die Brotbrocken auf den Teller. »Pfui Teufel! Verflucht! Was soll denn das?«
    Olivia spürte, wie ihr sengende Hitze ins Gesicht stieg. Sie hatte sich genau nach dem Rezept gerichtet, und die beiden letzten Bleche hatten ganz ordentlich ausgesehen. Ellens zufriedenes Lächeln nährten ihren furchtbaren Verdacht. Das kleine Luder machte ein unschuldiges Gesicht, konnte aber ihre Genugtuung nicht völlig verbergen. Olivia biß in ihr Brötchen und hätte es beinahe wieder ausgespuckt. Es schmeckte nach Soda und knirschte wie Sand zwischen den Zähnen.
    »Schmeckt gut«, wiederholte Gabe mit einem matten Lächeln. »Meine gute Ollie.«
    »Pfui Teufel!« Jeb schleuderte das angebissene Brötchen ins Feuer. »Die Frau muß ja rasend von Ihnen beeindruckt gewesen sein, Danaher. Ich an Ihrer Stelle hätte mir eine andere gesucht! Verdammt nochmal! Die will uns vergiften!«
    Olivia wußte sich keinen Rat. Gabe bemühte sich immer noch tapfer, sein Brötchen hinunterzuschlucken. Jeb versuchte, den scheußlichen Geschmack aus dem Mund zu vertreiben, und Slim lachte so sehr, daß ihm die Tränen übers Gesicht liefen. Ellen und Katy saßen beide unschuldig auf ihren Hockern, mit dem Lächeln von Reptilien in den kleinen Gesichtern. Zufrieden wie Schlangen, die eine fette Maus verschlungen hatten.
    Olivia seufzte. Wie gut, daß sie Ärztin geworden war. Als Frau und Mutter war sie ein kompletter Versager.
     
    Ellen war zufrieden. Es kam nicht jeden Tag vor, Katy an Schlauheit zu übertrumpfen. Ihre Schwester hatte mit staunender

Weitere Kostenlose Bücher