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Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy

Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy

Titel: Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adaobi Tricia Nwaubani
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ich.
    »Hast du schon etwas Bestimmtes im Sinn?«
    Es war so lange her, dass ich mit einer Frau richtig ausgegangen war. Ich hatte keine Ahnung, wo wir hingehen sollten. Sie schlug ein Lokal vor, von dem sie sicher war, dass ich es kennen müsste.
    »Das kennst du nicht?«
    »Nein.«
    »Ich glaub’s nicht. Es gibt niemanden in Aba, der das Restaurant nicht kennt. Da gehen doch im Moment alle hin.«
    Sie beschrieb mir den Weg. Ich fuhr. Als wir hineingingen, wurde mir klar, warum Merit sich dieses Lokal ausgesucht hatte und warum es im Augenblick so angesagt war. An einem Tisch saß ein weißes Pärchen mit einem Kind, an einem anderen saßen zwei weiße Männer. Es waren freilich keine richtigen Weißen wie Engländer oder Amerikaner. Sie sahen eher aus, als wären sie aus Libyen oder Syrien oder einem dieser Länder, aber das machte nichts. Bei meinen Besuchen in anderen nigerianischen Städten hatte ich das gleiche Phänomen beobachtet. Jeder Laden, in den regelmäßig Weiße einkehrten, ganz gleich welcher Kategorie, stieg automatisch an die Spitze der Beliebtheitsskala. Das Lokal war überfüllt.
    Merit und ich fanden einen Tisch in der hintersten Ecke des Raums. Ein Kellner kam und nahm unsere Bestellungen entgegen. Ola und ich hatten die Kellner immer erst gebeten, gleich noch einmal wiederzukommen, damit wir uns in Ruhe ausrechnen konnten, welche Speisen auf der Karte für uns infrage kamen. Merit bestellte ohne zu zögern Vorspeise, Hauptspeise und Nachspeise. Ich fühlte mich wie ein richtiger Mann.
    Beim Essen lachten und redeten wir. Sie war Wirtschaftsprüferin mit einem abgeschlossenen Studium und arbeitete in der privaten Firma von einem Freund ihres Vaters. Sie war jünger als ich. Sie hatte einen älteren Bruder, eine ältere Schwester und drei jüngere Geschwister. Ihr Vater hatte eine Anwaltskanzlei, ihre Mutter arbeitete beim Staat. Ihr ältester Bruder machte gerade seinen Master of International Law , ihre große Schwester hatte ihr Studium vor zwei Jahren abgeschlossen und absolvierte im Moment eine Ausbildung an der Bible School .
    »Weißt du, du bist ganz anders als der erste Eindruck, den ich auf der Hochzeit von dir hatte«, sagte Merit.
    »Und wie war dein erster Eindruck?«
    »Hmmmmm …?«
    »Lag das an meinem Aussehen?«
    »Nein, an deinem Aussehen nicht. Ich bin nicht ganz sicher, was es war. Vielleicht die Leute, mit denen du zusammensaßt. Ich war ein bisschen verwirrt, weil du ganz anders wirktest als sie, und gleichzeitig fragte ich mich, warum du mit ihnen am Tisch saßt. Das habe ich erst verstanden, als du mir erzählst hast, dass Cash Daddy dein Onkel ist.«
    Ich rutschte auf dem Stuhl hin und her. Vielleicht sollte ich ihr wenigstens teilweise die Wahrheit sagen.
    »Aber ich arbeite auch für meinen Onkel.« Ihre Miene wurde starr.
    »Und was machst du für ihn?«
    »Ich helfe ihm bei Investitionen, … es ist eine Art Beraterjob. Ihm passte es nicht, wie einige seiner Leute mit seinen Geschäften umgingen, deswegen wollte er, dass ein Verwandter bei ihm mit einstieg.«
    »Ach so.« Sie entspannte sich. »Ich höre, er macht auch reichlich Nebengeschäfte.«
    Wieso Nebengeschäfte? Wie meine Mutter redete Merit um den heißen Brei herum. Wahrscheinlich um mir die Peinlichkeit zu ersparen, dass mein Onkel ein großer 419Boss war. Nettes Mädchen.
    »Mit ersten Eindrücken soll man immer vorsichtig sein«, sagte ich. »Wie der Kopf denkt, steht nicht im Gesicht geschrieben.«
    »Auch nicht in den Kleidern«, ergänzte sie.
    Ich lachte. Sie lachte. Mein Handy klingelte. Es war Mister Winterbottom. Rasch stand ich auf.
    »Entschuldige, diesen Anruf muss ich annehmen«, sagte ich zu Merit und entfernte mich ein Stück von unserem Tisch.
    »Es war wirklich schwer, die Leute von der Bank zu überreden«, sagte Mister Winterbottom. »Wir haben den ganzen Tag verhandelt. In die Zahlung dieser letzten 4,5 Millionen Dollar haben sie nur unter der Bedingung eingewilligt, dass die nigerianische Zentralbank den vollen Betrag vor Ende des kommenden Monats überweist.«
    Ich grinste.
    »Aber ich werde definitiv keine weiteren Gebühren zahlen«, fuhr er fort. »Die Bank hat beschlossen, dies ist das letzte Mal.«
    Mister Winterbottom brauchte die Worte seiner Bank nicht allzu ernst zu nehmen. Wenn man ihnen einen ausreichenden Grund nannte, würden sie sicher wieder etwas locker machen.
    Ich eilte zu Merit zurück. Wir redeten noch eine Weile über Schein und Sein, das Leben und die

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