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Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy

Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy

Titel: Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adaobi Tricia Nwaubani
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würde. Auf seiner Seite der Kommode stand neben einem halbleeren Töpfchen VaselineHaarcreme eine halbleere Flasche Old Spice Aftershave . In einer Ecke des Zimmers erspähte ich die Nähmaschinen, die ich kürzlich meiner Mutter für die Schneiderei gekauft hatte. Die großen braunen Kartons sahen zugeklebt und ungeöffnet aus. Ich machte mich von ihr los und ging hin. Mein Verdacht bestätigte sich.
    »Mama«, sagte ich klagend, »was ist mit den Nähmaschinen? Hast du sie noch gar nicht benutzt?«
    Meine Mutter senkte den Blick. Sie dachte sich die nächste Lüge aus.
    Als ich seinerzeit den Fernseher im Haus austauschte und beim nächsten Besuch den alten wieder an Ort und Stelle erblickte, hatte meine Mutter gesagt, sie werde nicht daraus schlau, wie der neue funktioniere. Als ich vorschlug, das Haus innen zu streichen und neu einzurichten, hatte sie gesagt, ihr sei es lieber, wenn es genauso blieb wie zu Lebzeiten meines Vaters, obwohl ich ihr ausdrücklich versprochen hatte, seinen Lieblingssessel nicht anzutasten. Als ich einen Generator kaufte, damit sie sich bei Stromausfall behelfen konnte, hatte sie gesagt, der mache zu viel Lärm. Es war mir unangenehm, dass sie sich zu diesen ganzen Verrenkungen zwang, nur um ihren Standpunkt klarzumachen. Jetzt sah ich zu, wie sie sich krampfhaft die nächste Ausrede ausdachte. Sie hob die Augen.
    »Kingsley, das Einzige, womit du mich glücklich machen kannst, ist, wenn du dir eine anständige Arbeit suchst. Du weißt, wie unwohl mir bei dem Gedanken ist, dass du für Boniface arbeitest.«
    »Mama, ich arbeite, und ich tue es euretwegen.«
    »Kings, wenn du mich wirklich glücklich machen willst, hörst du damit auf.«
    Sie betonte das »damit«. Meine Mutter war jemand, die für jedes anstößige Wort auf der Welt einen Euphemismus parat hatte. Ihr Vokabular enthielt wenigstens fünfzig verschiedene Hüllworte für Geschlechtsverkehr und die diversen intimen Körperteile. Für alleinstehende Mütter und Geschiedene hatte sie noch mehr. Doch wenn es um 419 ging, verließ diese Gabe sie vollkommen. Ihr fiel einfach keine Bezeichnung für das ein, womit ich ihrer Meinung nach aufhören sollte.
    Ich war versucht, das Thema zu wechseln und ihr zu erzählen, dass ihr Bruder vorhatte, der nächste Gouverneur von Abia zu werden, aber damit hätte ich nur noch mehr Öl ins Feuer gegossen. Stellvertretend für ihren verstorbenen Mann wäre meine Mutter wahrscheinlich vor Empörung explodiert. Es war besser, direkt zum Grund meines Besuchs zu kommen.
    »Mama, ich wollte dir sagen, dass ich nächste Woche verreise. Ich fliege zu einer Sitzung nach London.«
    »Fährst du zusammen mit Boniface?«
    »Ja.«
    Sie seufzte.
    »Wie lange wirst du weg sein?«
    »Ungefähr eine Woche.«
    »Und wie erreichen wir dich, wenn es etwas Dringendes gibt?«
    Ich antwortete, ich würde gelegentlich bei Tante Dimma anrufen und mich erkundigen. Auch einen Festnetzanschluss hatte meine Mutter nicht haben wollen.
    »Kings, was ihr da auch treiben mögt, bitte sei sehr vorsichtig. Sehr, sehr vorsichtig.«
    Aha! Wir machten Fortschritte. Wenn sie mich ermahnte, vorsichtig zu sein, hieß das, sie hatte sich damit abgefunden, dass ich auf der Schnellspur fuhr. Es war nur eine Frage der Zeit, bis ich sie ganz herumgekriegt hatte.
    »Natürlich, Mama«, sagte ich.
    Sie stieß den tiefsten Seufzer der Welt aus.

25

    Es war mein erster Flug überhaupt. Ich wartete, bis Cash Daddy in der ersten Klasse Platz genommen hatte, und überließ ihn der Obhut von Protocol Officer. Dann begab ich mich nach hinten, um meinen Platz zu finden.
    »Keine Sorge«, sagte Cash Daddy, als ich ging. »Warte noch ein Weilchen, dann sitzt du auch hier bei den großen Jungs und fliegst mit Stil.«
    Wenn ich die erste Klasse nicht schon gesehen hätte, hätte ich mir vielleicht nichts dabei gedacht. Doch als ich den trennenden Vorhang beiseitezog, stutzte ich. Die Leute in Economy saßen so dicht an dicht wie die Zähne in einem künstlichen Gebiss. Nach eingehender Suche fand ich meinen Platz zwischen zwei Männern und ließ mich nieder, um diese neue Erfahrung zu genießen. Einer meiner Nachbarn ruinierte mir jedoch den Genuss. Alle paar Minuten gab er lautlos eine Dunstwolke von sich, die stark genug war, um eine Bürgerrechtsdemonstration aufzulösen. Es wurde noch schlimmer, nachdem die elegante blonde Flugbegleiterin kleine Portionen Reis mit einer verdächtig aussehenden grünen Soße verteilt hatte, deren Geschmack mit

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