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Die Mehrbegabten

Die Mehrbegabten

Titel: Die Mehrbegabten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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durch einen Korridor, ohne einem Menschen zu begegnen. Zeta blieb stehen, schaute sich um und klopfte an eine Tür.
    Sie wurde geöffnet. Ein Mädchen stand vor ihnen, ein kleines, schwarzhaariges Mädchen, hübsch auf eine seltsame, harte Weise. Sie hatte eine Stupsnase, sinnliche Lippen, elegant geformte Backenknochen. Eine Aura weiblichen Zaubers umgab sie. Nick wurde sofort davon erfaßt. Ihr Lächeln leuchtet geradezu, dachte er; es erleuchtet ihr ganzes Gesicht und erweckt es zum Leben.
    Zeta schien nicht erbaut zu sein, sie zu sehen. »Wo ist Denny?« fragte er halblaut.
    »Kommen Sie rein.« Sie öffnete die Tür ganz. »Er ist unterwegs.«
    Zeta betrat unsicher die Wohnung und winkte Nick. Er stellte die beiden einander nicht vor, sondern ging durch das Wohnzimmer in den kleinen Schlafraum, dann zur Kochnische, wie ein sicherndes Tier. »Seid ihr auch sauber?« fragte er plötzlich.
    »Ja«, erwiderte das Mädchen und sah Nick an. »Sie habe ich noch nie gesehen.«
    »Ihr seid nicht sauber«, sagte Zeta. Er griff ins Müllschluckrohr und zog ein Päckchen heraus, das an die Innenseite des Rohrs geklebt worden war. »Ihr seid wahnsinnig!«
    »Ich wußte nichts davon«, erklärte das Mädchen mit scharfer, harter Stimme. »jedenfalls war es so eingerichtet, daß wir es mit einer Berührung durchs Rohr hinunterstoßen konnten, wenn die Polizei die Tür aufbrechen sollte, und es wäre kein Beweismaterial mehr dagewesen. «
    »Sie verstopfen das Rohr«, sagte Zeta. »Sie fangen das Ding im ersten Stock ab, bevor es die Öfen erreicht.«
    »Ich heiße Charley«, sagte das Mädchen zu Nick.
    »Ein Mädchen namens Charley?« fragte er.
    »Charlotte.« Sie hielt ihm die Hand hin; er drückte sie. »Wissen Sie, ich glaube, ich weiß, wer Sie sind. Sie sind Zetas Reifenprofilschneider.«
    »Ja«, sagte er.
    »Und Sie wollen eine echte Broschüre? Bezahlen Sie dafür oder Zeta? Denn Denny gibt nichts mehr auf Kredit; er will Geld sehen.«
    »Ich bezahle«, sagte Zeta. »Diesmal jedenfalls.«
    »So machen sie es immer«, erklärte Charley. »Die erste Broschüre ist umsonst, die nächste kostet fünf Pops, die übernächste zehn, die – «
    Die Wohnungstür öffnete sich. Alle hörten auf, sich zu bewegen, zu atmen.
    Ein hübscher junger Mann stand da, kräftig, gut gekleidet, mit wirren blonden Haaren, großen Augen, einem angestrengten Ausdruck auf dem Gesicht, der seine Züge spannte, so daß es trotz seiner Schönheit eine grausame Härte zeigte. Er betrachtete kurz Zeta, dann ein paar stumme Augenblicke lang Nick. Anschließend schloß er die Tür, verriegelte sie, ging ans Fenster, schaute hinaus, kaute an seinem Daumennagel, das Ganze mit einer Ausstrahlung, als müsse etwas Schreckliches geschehen, etwas, das alles vernichten würde… so, als werde er selbst das bewirken, dachte Nick. Er wird uns alle zusammenschlagen. Der Junge strahlte Kraft aus, aber es war eine kranke Kraft; überreif, wie seine vergrößerten dunklen Augen und das wirre Haar. Ein Dionysos aus den Gossen der Stadt, dachte Nick. Das war also der Händler. Das ist die Person, von der wir authentische Broschüren erhalten.
    »Ich habe Ihren Flitzer auf dem Dach gesehen«, sagte der Junge zu Zeta, als verkünde er die Entdeckung einer bösen Tat. »Wer ist das?« fragte er mit einer Kopfbewegung in Richtung Nick.
    »Jemand – den ich kenne – der kaufen will«, erwiderte Zeta.
    »Ach, wirklich?« Der junge Mann namens Denny ging auf Nick zu und betrachtete ihn aus der Nähe. Studierte seine Kleidung, sein Gesicht. Er fällt ein Urteil über mich, dachte Nick. So, als sei eine seltsame Art von Kampf im Gange, dessen Natur mir unklar ist.
    Schlagartig zuckten Dennys große, verquollene Augen zur Seite; er starrte auf das Sofa, auf das eingewickelte Buch, das dort lag.
    »Ich habe es aus dem Müllrohr geholt«, sagte Zeta.
    »Du kleines Miststück«, sagte Denny zu dem Mädchen. »Ich habe dir doch gesagt, du sollst diesen Ort sauberhalten. Verstehst du?« Er funkelte sie an; sie sah zu ihm auf, die Lippen halb geöffnet, ohne mit der Wimper zu zucken. Denny drehte sich schnell um, griff nach dem Band, riß das Papier herunter, betrachtete ihn. »Das hast du von Fred«, sagte er. »Was hast du dafür bezahlt? Zehn Pops? Zwölf?«
    »Zwölf«, sagte Charley. »Du leidest an Verfolgungswahn. Tu nicht so, als wäre einer von uns ein Agent. Du glaubst immer, jemand sei einer, wenn du nicht persönlich – «
    »Wie heißen Sie?« fragte Denny

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