Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Mehrbegabten

Die Mehrbegabten

Titel: Die Mehrbegabten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
Vom Netzwerk:
ihn.« Seine Augen öffneten sich; er schnitt eine Grimasse, und sein Gesicht verriet heftigen und tiefgreifenden Schmerz. Dann bekam er sich langsam wieder in die Gewalt; seine Qual schien nachzulassen. Aber sie verschwand nicht ganz; sein beleibter Körper blieb angespannt, während er Nick anstarrte.
    »Sie sind ein Minusmensch«, sagte Nick.
    »Sie kennen mich seit zehn Jahren«, zischte Zeta. Er zog ein rotes Taschentuch heraus und wischte sich die Stirn ab. Seine Hände zitterten. »Hören Sie, Appleton«, sagte er und zwang sich, ruhig zu sprechen. Aber das Zittern setzte sich innerlich in ihm fort, unsichtbar. Nick spürte es, wußte, daß es vorhanden war. Verborgen und begraben, aus Angst. »Mich werden sie auch erwischen. Wenn sie Cordon hinrichten, werden sie weitermachen und uns alle umbringen, bis hinab zu den kleinen Fischen, wie ich einer bin. Und wir kommen in diese Lager, diese verdammten, lausigen scheußlichen Internierungslager auf dem Mond. Wissen Sie davon? Da kommen wir hin. Wir – meine Leute. Nicht Sie.«
    »Ich weiß von den Lagern«, sagte Nick.
    »Werden Sie mich anzeigen?«
    »Nein«, sagte Nick.
    »Sie erwischen mich trotzdem«, sagte Zeta bitter. »Seit Jahren legen sie Listen an. Meilenlange Listen, selbst auf Mikrobändern. Sie haben Computer, sie haben Spione. Jeder kann ein Spion sein. Jeder, den man kennt oder mit dem man je geredet hat. Hören Sie, Appleton – Cordons Tod bedeutet, daß wir nicht nur um politische Gleichberechtigung kämpfen. Begreifen Sie das, Appleton? Sie mögen mich vielleicht nicht besonders – wir kommen weiß Gott nicht gut miteinander aus – aber wollen Sie zusehen, wie ich ermordet werde?«
    »Was kann ich tun?« fragte Nick. »Ich kann den ÖSD nicht aufhalten.«
    Zeta richtete sich auf. Sein klobiger Körper war starr von der Qual der Verzweiflung. »Sie könnten zusammen mit uns sterben«, sagte er.
    »Okay«, antwortete Nick.
    »Okay?« Zeta starrte ihn an, versuchte ihn zu begreifen. »Was meinen Sie damit?«
    »Ich werde tun, was ich kann«, sagte Nick. Er fühlte sich betäubt von dem, was er sagte. Alles war jetzt dahin: Die Chance für Bobby war endgültig vertan, und eine Rasse von Profilschneidern würde sich ewig fortsetzen.
    Ich hätte warten sollen, dachte er. Mir ist das einfach zugestoßen; ich habe nicht damit gerechnet – ich begreife es in Wirklichkeit gar nicht. Es muß daran liegen, daß Bobby gescheitert ist. Und hier stehe ich und sage so etwas zu Zeta. Es ist also geschehen.
    »Gehen wir in mein Büro und trinken wir ein Bier zusammen«, meinte Zeta heiser.
    »Sie haben Alkohol?« Er konnte es sich nicht vorstellen; die Strafe darauf war so entsetzlich hoch.
    »Wir trinken auf Eric Cordon«, erwiderte Zeta und ging voraus.
    »Ich habe noch nie Alkohol getrunken«, sagte Nick, als sie einander am Tisch gegenüber
    saßen. Er kam sich sehr sonderbar vor. »In den Zeitungen liest man die ganze Zeit, daß die Leute dadurch zu Berserkern werden, daß sie totale Persönlichkeitsveränderungen erleiden, Gehirnschäden davontragen. Tatsächlich – «
    »Geschichten zur Abschreckung«, sagte Zeta. »Allerdings ist richtig, daß man anfangs vorsichtig sein sollte. Trinken Sie ganz langsam.«
    »Wie hoch ist die Strafe für Alkoholgenuß?« erkundigte sich Nick. Er ertappte sich dabei, daß es ihm schwerfiel, Wörter zu bilden.
    »Ein Jahr. Obligatorisch, ohne die Möglichkeit der Bewährung.«

    6

    »Ist es das wert?« Das Zimmer um ihn her wirkte unwirklich; es hatte seine Stofflichkeit verloren, sein konkretes Dasein. »Und wird man nicht süchtig davon? Es heißt, wenn man einmal anfängt, kann man nie mehr – «
    »Trinken Sie einfach Ihr Bier«, sagte Zeta; er schlürfte das seine ohne erkennbare Schwierigkeiten.
    »Wissen Sie, was Kleo sagen würde, wenn sie mich jetzt hier sähe?« fragte Nick.
    »Ehefrauen sind eben so.«
    »Das glaube ich nicht. Sie ist so, aber manche sind es nicht.«
    »Nein, sie sind alle so.«
    »Warum?«
    »Weil ihr Ehemann die Quelle ihres ganzen Einkommens ist«, sagte Zeta. Er rülpste, schnitt eine Grimasse, lehnte sich im Drehsessel zurück, die Bierflasche mit einer Hand umklammernd. »Für sie – na, sie müssen das so sehen: Angenommen, Sie hätten eine Maschine, eine sehr komplizierte, empfindliche Maschine, die, wenn sie richtig betrieben wird, laufend Geld ausspuckt. Wenn nun die Maschine – «
    »Empfinden Ehefrauen ihren Männern gegenüber wirklich so?«
    »Klar.« Zeta rülpste wieder,

Weitere Kostenlose Bücher